Gemeinsam in der Caritas – Freiwillig und beruflich engagiert
Im Interview erläutert sie, was der Deutsche Caritasverband von der Engagementstrategie des Bundes erwartet und warum die Caritas dazu eine eigene Studie vorgelegt hat.
Eva Maria Welskop-Deffaa. Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes
Welche Zielrichtung hat die Caritas-Studie zur "Co-Produktion"?
Die Professionalisierung der sozialen Arbeit und die Stärkung des Ehrenamts sind für die Zukunft unserer Dienste gleichermaßen wichtig - das war unsere Ausgangsthese. Die Studie über das "Zusammenwirken von freiwillig Engagierten und hauptberuflich Tätigen in der freien Wohlfahrtspflege" hat hier genauer hin- geschaut. Sie hat die Gelingensfaktoren der Zusammenarbeit herausgearbeitet: Um die kollegiale "Co-Produktion" von Haupt- und Ehrenamt abzusichern, müssen institutionelle und politische Voraussetzungen gewährleistet sein.
Welches sind die wesentlichen Erkenntnisse aus der Studie?
In ihrer Zusammenarbeit erfahren freiwillig und beruflich Engagierte die Kraft des "DasMachenWirGemeinsam". Die Erfahrung von Gemeinschaft macht weniger anfällig für die Versuchung, sich durch Ohnmachtsgefühle lähmen zu lassen. Sie stärkt die persönliche Resilienz in Krisenzeiten und festigt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Freiwillig Engagierte begegnen Menschen außerhalb der eigenen Komfortzone; sie erfahren, wo der Sozialstaat greift und wo er kneift, und sie schenken mit ihrer Zeit und Erfahrung den Einrichtungen und Diensten, in denen sie sich engagieren, eine unschätzbare zusätzliche Energie.
Studie CoProduktion von freiwillig Engagierten und beruflich Tätigen in der freien WohlfahrtspflegeDCV / Simon Gümpel
Kann man beschreiben, wie beruflich und freiwillig Engagierte sich ergänzen?
Freiwillig Engagierte bringen Unabhängigkeit, frische Ideen und eine starke affektive Empathie für ihre Aufgabe mit. Die besonderen Stärken der beruflich Mitarbeitenden sind Fachwissen und "kognitive Empathie" - die Fähigkeit, kritisch zu fragen, ob gut gemeint auch automatisch gut gemacht ist. Deutlich bestätigt die Studie, dass wir mit der Tandem-Verbindung nachhaltig wirksam sein können: Durch das Zusammenwirken von Haupt- und Ehrenamt entsteht ein Mehrwert, der persönlich, verbandlich und gesellschaftlich von Bedeutung ist.
Welche Folgerungen ergeben sich daraus?
Wir müssen uns in unseren Einrichtungen und Diensten verlässlich darum kümmern, die Möglichkeiten der Engagierten und die Bedarfe hilfesuchender Menschen zeitlich zu synchronisieren. Wir sind als Orte ehrenamtlichen Engagements attraktiv, wenn sich die Freiwilligen darauf verlassen können, dass wir ihr Ehrenamt nicht als Lebensaufgabe sehen, sondern von Anfang an mitdenken, dass und wie eine gute Übergabe gelingt.
Welche Rahmenbedingungen braucht es?
Im Zeitbudget der hauptamtlich Tätigen müssen regelhaft Ressourcen für die Gestaltung des Zusammenwirkens von freiwillig und beruflich Engagierten vorgesehen werden. Das Führen von gemischten Teams, in denen Haupt- und Ehrenamtliche zusammenarbeiten, braucht Kompetenzen und zeitliche Ressourcen.
… und das heißt für die Engagementstrategie?
Ich hoffe, dass die Engagementstrategie des Bundes die besondere Bedeutung des sozialen Engagements sieht und hilft, finanzielle Rahmenbedingungen quer durch alle Ressorts dafür abzusichern. Die Wohlfahrtsverbände als Möglichkeitsorte gelingenden Miteinanders von freiwilligem und beruflichem Engagement verdienen ein eigenes Kapitel.