Bundesfreiwilligendienst bringt Rückenwind
Motaz Salha strahlt. Der 36 Jährige Syrer ist Optimist, das spürt man sofort. Würde man ihm auf der Straße begegnen, könnte man sich nicht vorstellen, dass er aus seinem Heimatland vor dem Krieg geflohen ist und seine Familie zurück lassen musste.
Wir treffen Motaz Salha in der Weddinger Residenzstraße bei IN VIA, katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit für das Erzbistum Berlin. Traditionell sind die Themen von IN VIA Bildungsangebote, die junge Menschen vor allem in den Beruf führen sollen - dabei beschränkt sich die Arbeit anders als der Name sagt aber nicht auf das weibliche Geschlecht.
Zusammen mit sechs anderen jungen geflüchteten Menschen ist Motaz heute hier. Genau wie tausende andere junge Menschen in Deutschland absolvieren die sechs derzeit einen Bundesfreiwilligendienst. Zwei von ihnen helfen in katholischen Kitas, Motaz unterstützt das Team des Caritas-Migrationszentrums in Marzahn. Das Programm "Bundesfreiwilligendienst mit Fluchtbezug" läuft bundesweit. Im Erzbistum Berlin wird es bisher noch aus dem Flüchtlingsfond des Bistums finanziert, die Laufzeit ist jedoch unklar. Dabei melden sich viele interessierte junge Geflüchtete bei IN VIA, genauer gesagt bei Sozialarbeiterin Anne Hilbert. Sie wollen nicht nur berufliche Orientierung bekommen und einen sozialen Beitrag leisten, sondern auch ihr Deutsch verbessern und Anschluss finden.
Die Gruppe, die wir heute treffen, tauscht sich regelmäßig mit Anne Hilbert aus. Sie sprechen viel über bürokratische Hürden, denn das Ankommen in Deutschland ist bekanntlich kein leichtes Unterfangen. Anne Hilbert erklärt, nach welchen Strukturen das Land Deutschland und die Stadt Berlin funktionieren und gibt Bewerbungstipps für die Jobsuche. "Pädagogische Begleitung" heißt es im Fachjargon.
"Berlin ist besonders", sagt Motaz und lächelt. Er fühle sich sehr wohl in der Stadt. Bei der Wohnungssuche haben ihn zwei befreundete Journalisten unterstützt und so konnte er in eine Zweizimmerwohnung in Mitte ziehen. Jeden Tag außer freitags fährt Motaz nach Marzahn, wo er seinen Bundesfreiwilligendienst im Caritas-Migrationszentrum absolviert. "Vor allem an den Tagen mit offener Sprechstunde ist großer Andrang auf den Fluren", erzählt er. Deswegen nehme er die Klienten hier bereits in Empfang. Seine Aufgabe ist es, vom Deutschen ins Syrische zu übersetzen und umgekehrt, um die Beratung für alle zu erleichtern. Mit der Caritas startet für viele Zuwanderer ihr Integrationsprozess. Motaz ist dadurch nicht nur im direkten Austausch mit anderen Neuankömmlingen, sondern bekommt auch Einblicke, wie die Berliner Behörden so "ticken".
Zusätzlich zu seinem Einsatz für die Caritas gibt der 36-jährige immer samstags Englisch-Nachhilfe für Syrer, um sein Einkommen aufzubessern. Zuletzt war Motaz Englischlehrer an einer Universität im Nordirak, er ist studierter Literaturwissenschaftler. So kommt es auch, dass er sich momentan nichts sehnlicher als eine Übersetzung seiner Qualifikationspapiere und Zeugnisse wünscht - oft ist das im Zusammenspiel mit den deutschen Behörden alles andere als einfach. Doch Aufgeben kommt für Motaz nicht in Frage, er ist hoch motiviert und strebt an, in der Stadt auf Master zu studieren. Sein Bundesfreiwilligendienst gibt ihm Schub nach vorne, es ist eine konkrete praktische Erfahrung in der Berliner Arbeitswelt, die bald in seinem Lebenslauf stehen wird. Man spürt, Motaz Salha wird seinen weiteren Weg machen.
Weitere Informationen zum Bundesfreiwilligendienst mit Fluchtbezug (BFDmF) bei IN VIA