Portraits
Agape-Stiftung
Der Weg zu den Armen
„Die Armen muss man nicht suchen, die werden einem vor die Türe gelegt", so wird Vinzenz von Paul zitiert. Für Pfarrer Matthias Schnegg waren es obdachlose Drogenabhängige, die ihm - und seiner Kölner Altstadtgemeinde - "vor die Tür" gelegt waren. Menschen mit diesem Lebensschicksal waren bisher nicht in seiner Lebensplanung vorgekommen. So kam der Kontakt zur Kölner Notschlafstelle Notel und später zur Krankenwohnung Notel-Kosmidion. Seit vielen Jahren teilt er dort, wenn auch nur sehr ausschnitthaft, Leben mit obdachlosen Drogenabhängigen. Jeden Monat einen Dienst in der Notschlafstelle und einen in der Krankenwohnung.
Solidarität des Menschseins ist Erfahrung von Liebe
"Manchmal begreife ich in der alltäglichen Begegnung mit den Gästen des Notels, was Liebe ist - das Menschen Verbindende. Einmal ist ein Gast in der Notschlafstelle mitten im Essen vom Stuhl gefallen. Der Rausch hatte ihm kurz die Besinnung genommen. Ich habe ihn aufgehoben und wieder auf seinen Stuhl gesetzt, vor seinen Teller, den er dann weiter leerte. Während ich auf meinen Platz am Tisch zurückging, kam mir der Gedanke, dass das Liebe ist, was uns beide in diesem Augenblick verbunden hat. Eine Liebe, die nichts vom Anderen wollte. Die Liebe als das Menschen Verbindende. Kurz darauf kam er auf mich zu und sagte: ‚Bist ein lieber Mensch’."
Dieses Leben Verbindende bleibt, auch durch die Verelendung hindurch: "Max kam während einer meiner Dienste als gerade Volljähriger in die Notschlafstelle, sagt selbstsicher: Ich habe das alles im Griff. Drei Jahre später, ich hatte gerade wieder Dienst, war er gezeichnet mit dem für Kokain typischem Ausschlag, war ausgelaugt und sagte resigniert: Ich schaffe das nicht mehr. Wenige Zeit später starb er mit 21 Jahren in der Krankenwohnung - auch da war ich gerade im Dienst gewesen. Was er bis zu seinem Tod an fremder und eigener Entwürdigung erlitten hat, erzählte später Freunde von ihm. Zum Erbarmen." Er und andere verstorbene Gäste bleiben im täglichen Totengedenken des Pfarrers.
Seelsorge ist Sorge um Leben
Manchmal wird der kath. Priester angesprochen: "Sie haben doch gewiss viele seelsorgliche Gespräche während ihrer Dienste im Notel." Dann antwortet er, dass viel Seelsorge ist, nicht so viel Gespräch über Seelsorge. Denn Seelsorge heißt, in der Sorge um die "Seele", biblisch gesprochen: um die Vitalität, um das Leben eines Menschen mitzutragen. So geschieht viel Seelsorge - im Willkommen beim Einlass, im Bereiten des Essens, im Spülen, im Waschen, im Teilen der Stunden eines Zusammenseins.
Agape-Stiftung als Antwort
Aus den persönlichen Erfahrungen des Mitlebens mit obdachlosen Drogenabhängigen hat sich Pfarrer Schnegg entschieden, sein Erbe als Stiftung für Menschen einzusetzen, die in der Gefährdung der Verelendung sind wie die Gäste des Notels. Agape, das griechische Wort für Liebe, wurde der Name der Stiftung: Es gibt etwas wie Menschseinssolidarität. Es ist die Erfahrung der Liebe, die um das Verbindende weiß; es ist die Erfahrung, die für das Verbindende keine Gegenleistung erwartet. "Auch so ist Mensch", sagt Pfarrer Schnegg, wenn er von den so unterschiedlichen Menschentypen spricht, die ihm begegnen, nicht nur im Notel. "So ist Mensch" ist die Anerkenntnis, dass wir aus gleichem Holz sind, nur teils sehr unterschiedlich geschnitzt - verbunden durch die Solidarität, Mensch zu sein.
Zweck der 03.04.2007 gegründeten Stiftung ist die Vergabe von Zuschüssen und Darlehen an Dienste und Einrichtungen, die sich der Hilfe für Gefährdete, Obdachlose und Drogenabhängige widmen (z. B. Notschlafstellen, Einrichtungen der Gefährdeten- oder Wohnungslosenhilfe). Dabei sollen insbesondere Dienste und Einrichtungen in der Stadt Köln gefördert werden.
Dr. Angelika Sischka-Stiftung
Schon lange hatte Angelika Sischka den Wunsch, ihren Ruhestand zu nutzen und mit einer Hilfsorganisation ins Ausland zu gehen. Im August 2012 war es dann soweit: Angelika Sischka brach zu einem Freiwilligen-Jahr im Auftrag der Jesuitenmission nach Oran in Nordargentinien auf. Diese Aufbruchsituation und Zäsur in ihrem Leben hatte sie bewogen "ihr Haus zu bestellen" und eine Stiftung zu gründen.
Ausgebombt und obdachlos
Durch die Vorinformationen über den Einsatzort in Argentinien, wo Menschen in zum Teil desolatesten Verhältnissen und Hütten leben müssen, sind Erinnerungen und Erzählungen ihre Eltern wach geworden. Sie hatten durch den II. Weltkrieg ihre Lebenspartner verloren, wurden zu Kriegsende in Berlin ausgebombt, und standen ohne Dach über dem Kopf beide vor dem Nichts.
In einer Holzbaracke untergekommen, bekamen sie alles Lebensnotwendige von Menschen, die sie aus ihren noch unversehrten Wohnungen mit Möbeln und Hausrat unterstützten. Es waren diese Erzählungen ihrer Eltern, die es ihr bis heute als schrecklich erscheinen lassen, allein, völlig mittellos und obdachlos zu sein. Die Stiftung ist aus diesem Grund dem Andenken der Eltern gewidmet, die sie gefördert und ihr viel Liebe gegeben haben.
Menschen, die sich selbst nicht mehr helfen können unterstützen
Angelika Sischka ist davon überzeugt, dass es in einem reichen Land wie dem unseren heute besonders schwer ist, unbeachtet ganz am Rande der Gesellschaft zu stehen. Trotz vieler sozialer Sicherungssysteme gibt es Menschen, die allein und alt, obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht sind. Gerade Menschen, die sich selbst nicht mehr helfen können, sollen von der Dr. Angelika Sischka-Stiftung für Obdachlose unterstützt werden.
Seit ihrer Rückkehr aus Argentinien 2013 ist Dr. Angelika Sischka Stiftungsrätin bei Lebenswerk Zukunft. Mit Ihrer Stimme bringt Sie die Wünsche und Vorstellungen der Stifterinnen und Stifter der Treuhandstiftungen auf dem Fundament von Lebenswerk Zukunft ein.
Elke+Wolfgang-Jung-Stiftung – Hilfe für eine gute Zukunft
Sie haben zusammen im vergangenen Jahr Ihre Treuhand-Stiftung unter dem Dach der Caritas-Stiftung Deutschland geschaffen. Was hat Sie dazu bewogen?
Wolfgang Jung: Meine Frau und ich kommen beide aus einem christlichen Elternhaus, meine Frau ist evangelisch und ich bin katholisch. Und so war es für uns immer auch selbstverständlich, dass wir die Spendenbitten von Caritas und Diakonie unterstützt haben. Auch für regionale Initiativen haben wir gerne gespendet. Mit den Jahren wuchs aber in uns beiden immer mehr der Wunsch, diese Unterstützung aktiver und langfristig ausgelegt zu gestalten. Mit dem Ende unserer Berufstätigkeit hatten wir mehr Zeit, uns intensiv darum zu kümmern.
Elke Jung: Wir haben im Leben viel Gutes erfahren. Wir sind beide behütet aufgewachsen und auch unsere beruflichen Wege waren sehr erfolgreich. Es ist uns deshalb ein großes Anliegen, davon etwas zurück zu geben. Deshalb möchten wir Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen bei einem guten Start ins Leben unterstützen. Mit unserer Stiftung setzen wir genau hier einen Schwerpunkt.
Weshalb haben Sie sich für Caritas entschieden?
Wolfgang Jung: Wir haben uns die Entscheidung wohl überlegt und hatten mehrere Gespräche. Dabei wurde für uns erlebbar, dass sich gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas mit Fachlichkeit und Engagement für eine solidarische Welt einsetzen - also Nächstenliebe und Barmherzigkeit leben.
Elke Jung: Es hat mich gefreut zu erfahren, dass Caritas und Diakonie auch gemeinsam in Projekten zusammenarbeiten. Alle unsere Fragen zu den Hilfen der Caritas wurden in großer Offenheit beantwortet. Wir hatten schließlich beide das Gefühl, dass unsere Stiftung am besten über die weltweite Vernetzung der Caritas nachhaltig helfen kann und unser Anliegen hier in guten Händen ist.
Wolfgang Jung: Wenn man einen solchen Schritt geht, will man sicher sein, dass sowohl die Stiftungsverwaltung aber vor allem die Hilfen für Menschen in Not vor Ort professionell umgesetzt werden. Wir haben auch über das Thema Verwaltungskosten gesprochen. Seit vielen Jahren ist der Verwaltungskostenanteil bei Caritas international deutlich unter 10 %. Und ohne eine effiziente Verwaltung ist eine langfristige Hilfe nicht möglich. Als ehemaliger Bankvorstand ist mir dies besonders wichtig. Schließlich ist die Stiftung auf die Ewigkeit ausgelegt und bildet zudem auch unser Vermächtnis.
Was wünschen Sie sich für Ihre Stiftung?
Elke Jung: Wir möchten gerade Kindern und Jugendlichen Chancen eröffnen, damit diese Wege finden, ihre Zukunft besser zu gestalten. Jedes Kind, jeder Jugendliche mit einer guten Ausbildung kann zudem eine wichtige Stütze für seine Familie und die Gesellschaft werden. Wenn wir es schaffen, mit unserer Stiftung innerhalb der Caritas dazu einen Beitrag zu leisten, macht mich das glücklich.
Wolfgang Jung: Die Arbeit unserer Stiftung ist umso wirksamer, je größer ihr Kapitalstock ist. Deshalb ist für uns der weitere gezielte Ausbau mit eigenen Mitteln wichtig. Natürlich werden wir Geburtstage, Jubiläen und Familienfeste nutzen und um Zustiftungen bitten. Und wir haben bereits jetzt im Rahmen unseres Testaments die Stiftung bedacht. Mit unseren guten Erfahrungen möchten wir gerne auch weitere Menschen ermutigen, diesen Schritt zu gehen. Deshalb setzen wir uns - quasi als Botschafter ein, um direkt für die vielfältigen Möglichkeiten der Caritas zu werben.
Die Elke+Wolfgang-Jung-Stiftung ist eine Treuhandstiftung der Caritas-Stiftung Deutschland.
MUTMACH-Stiftung Münster-Kinderhaus
Von der Motivation, eine Stiftung zu gründen
Ursula Tölle lebt seit ihrer Jugend in Münster und beschreibt sich selbst als Bildungsidealistin. Aus dem Glück, gutsituiert aufzuwachsen, entstand ihr Wunsch, ihre Möglichkeiten mit anderen zu teilen. So gründete sie die MUTMACH-Stiftung. „Ich will mit der Stiftung dazu anregen, quer zu denken, Neues auszuprobieren - Mut zu machen.” Geprägt durch das Leben im münsterschen Stadtteil und der katholischen Kirchengemeinde in Kinderhaus, hat sie gemeinsam mit anderen mehrere Projekte initiiert, die die Spirale von Armut und Bildung zu durchbrechen versuchen.
Die Professorin der Sozialen Arbeit hat sich in ihrem Leben immer ehrenamtlich engagiert. So lag die Entscheidung nah, auch darüber hinaus Gutes zu tun. "Ich wollte schon jetzt klären, was mit meinem Erbe geschieht". Aus diesem Grund legte die Stifterin testamentarisch fest, den größten Teil ihres Nachlasses der Caritas GemeinschaftsStiftung zu vermachen.
Gute Gründe für die Stiftung der Caritas
In ihrem caritativen Engagement übernahm Ursula Tölle Verantwortung. Von der Jugendarbeit bis zur Leitung der Gemeindecaritas. "Ich schätze die Diversität in Kinderhaus", sagt sie und ergänzt: "In diesem Stadtteil ist gemeindliche Caritas von großer Bedeutung". Caritas ist Nächstenliebe, die sich im Zusammenhalt vor Ort zeigt.
Ein weiteres gutes Argument für ihre Entscheidung als Stifterin war für Ursula Tölle, dass ein Grundkapital von 25.000 Euro ausreicht, um eine Stiftung unter dem Dach der Caritas GemeinschaftsStiftung zu gründen. „Ich bin ermutigt worden, klein zu starten." Die Stifterin betont außerdem, an einem Fonds bei der GemeinschaftsStiftung "ist bestechend gut, dass die administrative Arbeit übernommen wird.”
Kapital sinnvoll und nachhaltig einsetzen
Ein Projekt, das die MUTMACH-Stiftung fördert, heißt „Coole Brillen". Für Kinder und
Jugendliche aus sozialschwachen Familien in den Jahrgängen 1 bis 6 werden Zuschüsse
für neue Brillen bereitgestellt. An der Idee und der konzeptionellen Umsetzung war die Stifterin maßgeblich beteiligt: "Aus einer Notlage ein Konzept zur Bewältigung zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen, freut mich".
Ein weiteres Projekt ist in Planung. In der Corona-Krise ist es für Grundschulen eine besondere Herausforderung, benachteiligte Kinder im Lernen gut zu begleiten. „Wir würden hier gerne ein unkompliziertes, unbürokratisches Angebot machen”, sagt die Stifterin. Grundschulen in Kinderhaus sollen sich in den Pfarrbüros der Kirchengemeinden melden können und einen Zuschuss für Lernprojekte erhalten. Finanziert durch die MUTMACH-Stiftung.
Gutes tun mit der Pater-Rupert-Mayer-Stiftung
Emanzipiert und warmherzig - Eine Stifterin im Geiste Pater Rupert Mayers
"Zeitlebens war Lydia Raschbichler eine gesellige Frau mit wachem Verstand und großem Herzen!", so erinnert sich ihr Freundeskreis an die alte Dame. Als sie im vergangenen Jahr im Alter von über 90 Jahren starb, trauerten viele in ihrem Heimatort Bad Aibling. Sie war Gründungsmitglied des dortigen Nachbarschaftsringes, besuchte regelmäßig ihren Seniorenstammtisch im Café Moosmühle in einem Nachbarort und lud gerne Freunde und Bekannte in ihr schönes historisches Elternhaus in die Schmiedgasse zu Kaffee und Kuchen ein. Die Straße ist nach ihrem Vater Martin Raschbichler, ehemals Hofschmied in Schloss Maxlrain, benannt.
Lydia Raschbichler wuchs behütet als jüngstes von drei Kindern auf, bis die Nazi-Diktatur und der Krieg lange Schatten warfen. Voll Sorge wartete die ganze Familie auf die Rückkehr von Lydias Bruder, der nach seiner Heimkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft Pfarrer wurde. Während ihre ältere Schwester als Haushälterin für den Bruder sorgte, ging Lydia eigene Wege: Damals keineswegs selbstverständlich für eine junge Frau, erlernte sie auf der Riemerschmid-Wirtschaftsschule einen Beruf und zog in ihre Wahlheimat München. Zunächst war sie bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank tätig und unterrichtete ihre dortigen Kolleg/innen in Kurzschrift und Maschinenschreiben. Damals waren am Schalter nur männliche Bankangestellte erlaubt. Wegen Benachteiligungen von Frauen an ihrer Arbeitsstelle wechselte Lydia Raschbichler zur Landeshauptstadt München und wurde Sitzungsstenografin im Range eines "Amtmannes" - eine gendergerechte Berufsbezeichnung gab es damals ebenfalls noch nicht. Gerne erinnern sich Lydias Freundinnen an Anekdoten über verschiedene Münchner Oberbürgermeister, deren Reden Lydia schnell und souverän zu Papier brachte.
Nach ihrer Pensionierung und dem Tod ihres Vaters zog Lydia zurück in ihr Elternhaus nach Bad Aibling. Sie pflegte ihre Schwester liebevoll bis zu deren Tod. Beide waren tief gläubig, unverheiratet und kinderlos. Lydia unterstützte zahlreiche wohltätige Organisationen und beschäftigte sich leidenschaftlich mit der Aufarbeitung des Dritten Reiches. Den Seligen Pater Rupert Mayer verehrte sie als Widerstandskämpfer und Fürsprecher. Allmählich entstand in ihr der Wunsch, dass nach ihrem Tod ein Stiftungsfonds unter dem Dach der Pater-Rupert-Mayer-Stiftung gegründet werden sollte. Der Fonds soll Caritas-Projekte für Arme, Obdachlose und Menschen mit Behinderung unterstützten.
Lydia Raschbichler fand Erfüllung darin, mit ihrem Erbe Gutes zu tun. Ihre Freundin und Pflegerin Sabine ermöglichte ihr, fast bis zum Tod in ihrem Elternhaus zu leben, und erinnert sich an Lydias letzte Stunden: "Wir haben gemeinsam zur Mutter Gottes und zum Seligen Pater Rupert Mayer gebetet. Lydia ist nach einem langen erfüllten Leben friedlich eingeschlafen."
Kontakt
Pater-Rupert-Mayer-Stiftung
Hirtenstraße 4, 80335 München, info@pater-rupert-mayer-stiftung.de