Eine möglichst vollständige Integration von Kindern mit Behinderung in die Gesellschaft - das ist Herausforderung und Ziel der Caritasarbeit in Tadschikistan.Foto: Bente Stachowske / Caritas international
Manche Kinder mit Behinderung in Tadschikistan leben geradezu außerhalb der Gesellschaft, versteckt von ihren überforderten Eltern verlassen viele von ihnen niemals ihr Zimmer, geschweige denn das Haus."Viele Menschen verharren hier in Denkmustern aus Zeiten der Sowjetunion, wo die Menschen in nützlich und nicht nützlich eingeteilt wurde. Nützlich im Sinne von voll arbeitsfähig", erzählt Manizha Djumaeva, die in einem von der Caritas geförderten inklusiven Kindergarten arbeitet.
Und Ofiat Solieva, Mutter eines behinderten Sohnes sagt: "Als ich gemerkt habe, dass mein Sohn eine Behinderung hat, habe ich 10 Jahre lang geweint und das Haus nur selten verlassen". Ihr Mann ist da schon lange nicht mehr nach Hause gekommen, womit ein weiteres gesellschaftliches Problem in Tadschikistan offensichtlich wird: Viele Männer verlassen das Land, um in Russland Geld zu verdienen. Erfahren sie, dass ihre Frauen ein Kind mit Behinderung zur Welt gebracht haben, verlassen sie nicht nur das Land, sondern auch ihre Familie. Denn ein Kind mit Behinderung gilt meistens als Schande für die Familie, oftmals auch als eine Strafe Gottes. " Viele Mütter nehmen diese sogenannte Schande hin, akzeptieren sozusagen ihre Strafe. Unsere Mitarbeiter sind oftmals die ersten, die ihnen sagen, dass sie nicht die einzigen Eltern eines Kindes mit Behinderung sind. Und dass es Programme gibt, in denen sie und ihr Kind Unterstützung erfahren können", erzählt Parvina Tadjibaeva, die das Büro von Caritas international in Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, leitet.
Umfangreiches Hilfsprogramm
Die Caritas und ihre Partnerorganisationen vor Ort haben ein umfängliches Hilfsprogramm auf die Beine gestellt. In Früherkennungseinrichtungen werden Kleinkinder auf mögliche Entwicklungsverzögerungen oder andere Auffälligkeiten untersucht - um ihnen die bestmögliche Förderung anbieten zu können. Inklusive Kindergärten und Schulen integrieren die Kinder in die Gesellschaft und ermöglichen eine berufliche Zukunft. In Eltern-Gruppen tauschen sich zudem die Mütter der Kinder miteinander aus - so merken sie, dass sie nicht alleine sind und lernen zudem vieles über die verschiedenen Formen der Behinderung. Auch spezielle Berufsausbildungen nach der Schulzeit werden durch die Caritas ermöglicht. Das Ziel der Arbeit der Caritas in Tadschikistan ist dabei immer das gleiche: Die Kinder mit Behinderung bestmöglich in die tadschikische Gesellschaft zu integrieren - mit Aufklärung, Rehabilitation und Inklusion.
Das Ziel der Caritas: ein nachhaltiger Beitrag zur Inklusion
Einen nachhaltigen Beitrag zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen zu leisten – das hat sich die Caritas zum Ziel gesetzt. Neben den Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung, fördert die Caritas daher auch die Weiterbildung von Fachpersonal. Um dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken, werden qualifizierte Personen auch in den Nachbarländern geschult und weiterentwickelt. Und auch an den Universitäten wird der Ansatz der "Community Based Rehabilitation" gelehrt – ein wichtiger Schritt, dass die Arbeit der Caritas eine erfolgreiche Blaupause für die zukünftige Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung wird.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt.
Zur Situation
Die Folgend des Bürgerkrieges von 1992 bis 1997, bei dem mehr als 50.000 Menschen starben und über Hundertausende flohen, sind bis heute spürbar. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Das staatliche Sozialsystem ist nur rudimentär ausgebildet und bietet selbst den Ärmsten kaum Unterstützung. Das Gesundheitssystem ist sehr schwach. Grund sind Personalmangel, Missmanagement, fehlende Qualifikation und technische Ausstattung. Viele Einrichtungen sind verfallen und besonders im ländlichen Raum fehlt es an einer medizinischen Grundversorgung. Insbesondere für Menschen mit Behinderung gibt es keine flächendeckende Versorgung. Auch leiden sie an Stigmatisierung und sind zumeist sozial isoliert. Die Betreuung wird den Angehörigen überlassen, die damit finanziell und fachlich überfordert sind.