Die Gemeinde Little Wlebo Extension war bis Ende 2017 ein Flüchtlingscamp. Inzwischen wurde es von der Regierung offiziell zur Gemeinde erklärt. Wer hier oder in einem der drei anderen dauerhaften Flüchtlingscamps im Land lebt, kam vor Jahren aus dem Nachbarland Elfenbeinküste - auf der Flucht vor politischen Unruhen, vor allem infolge der Präsidentschaftswahl 2010. Auch die Wahlen 2020 waren von Unruhen überschattet. Die verbliebenen ivorischen Geflüchteten trauen sich bis heute nicht zurück in die Heimat.
Die lokale Caritas in der Region in Liberia kümmert sich um die Bewohner und Bewohnerinnen der Camps, nachdem internationale Hilfsorganisationen die Region verlassen haben.
Für eine friedliche ivorische Flüchtlingsgemeinde: Diese Personen nehmen an Treffen teil, auf denen ein Austausch zwischen Flüchtlingen sowie die Bewohner/innen der Nachbargemeinden stattfindet.Foto: Patrick Kuebart / Caritas international
Reis, Sardinen, Schulmaterialien
Die Unterstützung des Partners von Caritas international ist so vielfältig wie die Probleme, mit denen die ivorischen Flüchtlingsfamilien konfrontiert sind. Kinder werden von der lokalen Caritas Development Cape Palmas (CDCP) mit Schuluniformen und Schulmaterialien ausgestattet. So können sie in der Schule lernen. Dabei legt die Caritas Wert darauf, ivorische Flüchtlingskinder und liberianische Kinder gleichermaßen zu fördern. Denn Integration fängt in der Schule an.
Um eine Basisernährung der Flüchtlinge zu gewährleisten, werden vorübergehend Reis, Speiseöl, Salz und Sardinen an besonders bedürftige Haushalte verteilt. Auch dringend benötigte Materialien wie Kleidung, Decken und Schuhe werden bei Bedarf verteilt. Für ältere und kranke Menschen sind in besonders schweren Fällen medizinische Hilfen vorgesehen. 60 Männer und Frauen, die als alleinige Haushaltsvorstände eine besondere Verantwortung tragen, nehmen an Trainings für Einkommen schaffende Maßnahmen teil. Auch bilden sie Spar- und Kreditgruppen, um sich künftig aus eigener Kraft eine Einkommensalternative erarbeiten zu können.
Ivorische und liberianische Kinder gehen hier gemeinsam zur Schule und werden von der Caritas gleichermaßen unterstützt. Denn die Integration fängt in der Schule an. Foto: Patrick Kuebart / Caritas international
Langfristig Vertrauen schaffen und das friedliche Zusammenleben fördern: Diese Ziele sind den Mitarbeitenden der Caritas besonders wichtig. Dafür werden von der Caritas in Liberia Mediationsteams ausgebildet. Sie organisieren für die Flüchtlinge und die umliegenden liberianischen Nachbargemeinden Workshops zur friedlichen Bearbeitung von Konflikten. Gewaltlose Konfliktlösung ist hier das Stichwort. Denn Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, doch er lässt sich aktiv gestalten.
Little Wlebo wird zur Gemeinde erklärt
Im Camp Little Wlebo lebten ursprünglich etwa 12.000 Personen. Bis zu den jüngsten Wahlen in der Elfenbeinküste waren es noch etwa 600 Personen in 211 Haushalten. Die Unruhen während der Wahlen im Oktober 2020 haben jedoch zu einem erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen auf über 1.800 Menschen geführt. Im Camp wird es also wieder eng, der Bedarf an Hilfe steigt.
Die zuständige Flüchtlingsbehörde hat in Absprache mit dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen das Little Wlebo Camp kurzerhand zu einer Gemeinde erklärt, die Camp-Schule wurde zu einer öffentlichen liberianischen Grundschule. Nun besuchen auch liberianische Kinder aus der Nachbarschaft die Schule.
Die Umbenennung des Camps in eine Gemeinde änderte jedoch nichts an dem Mangel an Lebensgrundlagen für die Bewohner*innen. Die Gemeinde liegt in einer unfruchtbaren Sumpfregion, die nicht für Landwirtschaft geeignet ist. Die nächste größere Gemeinde an der Küste ist eineinhalb Fußstunden entfernt. Und bis nach Harper, dem einzigem größeren Ort mit einem nennenswerten Markt, sind es 35 Kilometer.
Gesundheitschecks werden dank der Caritas auch für ivorische Geflüchtete angeboten. Vor allem Kleinkinder und Mütter können so wichtige Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen.Foto: Patrick Kuebart / Caritas international
Solidarische Nachbarschaft
Seit 2017 erhalten die Bewohner*innen in Little Wlebo keine externe Unterstützung mehr - zuvor hatte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und das Welternährungsprogramm Nahrungsmittel verteilt, Feuerholz geliefert und Schulspeisungen finanziert.
Unter der lokalen Bevölkerung herrscht eine große Hilfsbereitschaft, wie der örtliche Caritas-Direktor Mike Jurry berichtet: "Die Bewohner der Grenzstädte zeigen große Solidarität und teilen das wenige, was sie haben." Und das, obwohl die Aufnahme der Flüchtlinge für Liberia, das selbst 14 Jahre Bürgerkrieg durchlitten hat, eine große Belastung darstellte.
Die humanitäre Lage in Liberia
Die Bevölkerung in Liberia leidet noch immer stark unter den Auswirkungen des Bürgerkrieges (1989 bis 2003), die das Land auch Jahre danach vor erhebliche wirtschaftliche, politische und soziale Herausforderungen stellen.
Über Zweidrittel der Bevölkerung leben unterhalb der nationalen liberianischen Armutsgrenze. Ein Viertel der Bevölkerung gilt nach wie vor als "von Konflikt betroffen": Die langfristigen Auswirkungen der Kriegsjahre in Liberia und Sierra Leone sind bis heute erheblich.
Der Ausbruch der Ebola-Epidemie im März 2014 hat diese Situation noch verschärft: Das Gesundheitswesen weist erhebliche Mängel auf und das Vertrauen gegenüber Ärzten und Pflegepersonal hat gelitten. Die Landwirtschaft erlitt große Einbußen. Der Handel ist zurückgegangen, Nahrungskrisen haben zugenommen. Ein weiteres Indiz für die Armut im Land: Der Anteil von Kindern und Jugendlichen in Schulen und Ausbildung ist deutlich gesunken.
Auch mit Wetterextremen haben das Land und die Menschen, die weithin von der Landwirtschaft leben, zu kämpfen: Der Klimawandel wirkt sich in Westafrika lokal durch erhöhte Niederschlagsmengen und häufigere Regenfälle auch außerhalb der Regenzeit aus. So kommt es immer wieder und verstärkt zu anhaltenden, teilweise sintflutartigen Niederschlägen und Überschwemmungen.