Sie hilft dabei, Menschen mit einer psychischen Erkrankung wieder „in Kraft zu setzen“, wie es Wolfgang Mohr, Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes Günzburg, beschreibt. Jetzt feierte die Begegnungsstätte Licht-Blick mit einem Sommerfest und einem Tag der offenen Tür ihr zehnjähriges Bestehen.
Rund 20 Besucher – so werden hier die Klienten genannt – kommen derzeit regelmäßig zur Begegnungsstätte. Hier erhält ihr Tag Struktur, hier treffen sie Menschen in ähnlicher Situation wie sie selbst, sei es beim Frühstück, sei es zu gemeinsamen Unternehmungen wie Nordic Walking, Kochen oder Nähen, zur Meditation im Garten oder zum Experimentieren mit Farbe. Eine bäckt leidenschaftlich zweimal in der Woche Kuchen, ein anderer hilft im Gebrauchtbüchermarkt „geBucht“ mit, der zur Begegnungsstätte gehört. Beim Jubiläumsfest packen die Gäste mit an, verkaufen Kuchen und Getränke – mit sichtlicher Freude. „Es ist wie in einer Familie hier, mir gefällt’s“, sagt eine Klientin.
Zum Jubiläum haben die Besucher auch mit eigenen Aussagen für eine Stellwand beigetragen, in denen sie beschreiben, wie sie ihre Erkrankungen – darunter Depressionen, bipolare Störungen, emotional instabile Persönlichkeitsstörungen oder Schizophrenie – erleben. Dem gegenüber gestellt ist die medizinische Beschreibung. „Stundenlang die Wände anstarren“ hat einer unter das Stichwort Depression geschrieben. Darunter finden sich aber auch Aussagen wie: „Jetzt gerade bin ich innerlich frei und ohne Angst.“ Unter bipolare Störungen ist zu lesen: „Ich war total überdreht und konnte nicht schlafen. Habe viele Gedanken auf Zettel geschrieben und in der Wohnung aufgehängt.“ Die ersten Anzeichen einer Schizophrenie beschreibt einer so: „Ich werde zappelig und unruhig, wenn’s beginnt. Die Wahrnehmung ist getrübt, man weiß nicht, was wirklich ist und was nicht.“
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Begegnungsstätte Licht-Blick wissen mit Menschen mit solchen Erfahrungen umzugehen. „Wir arbeiten ressourcenorientiert“, sagt die Sozialpädagogin Beate Ringel-Braun, die zusammen mit Simone Hiller und Dorothea Moser – auch sie sind Sozialpädagoginnen – die Menschen in der Begegnungsstätte Licht-Blick betreut. „Wenn unsere Gäste mit ihrer Krankheit bei uns ankommen, dürfen sie hier einfach nur Mensch sein.“ Ihre Kollegin Dorothea Moser ergänzt: „ Wir konzentrieren uns nicht auf die Krankheit, sondern darauf, was es braucht für die Gesundheit.“ Der Mensch sei nie vollkommen krank, auch nicht vollkommen gesund. Sie und ihre Kolleginnen verstünden sich als „Rahmengestalterinnen“, die mit den ihnen anvertrauten Menschen einüben, wie ein Tag strukturiert werden kann; die ihnen auch vermitteln, was es heißt, mit den je eigenen Fähigkeiten gebraucht zu werden. Und die es auch ermöglichen, dass die Besucher Bindung und Nähe zu anderen Menschen erfahren. Ein Vorteil dieses Angebots sei auch, dass die Gäste sich hier nicht mit fester Stundenzahl anmelden müssen.
„Hier sind Wertschätzung und Achtsamkeit spürbar, auch viel Wohlwollen und Wärme “, würdigte Barbara Habermann, Referatsleiterin Sucht- und Psychiatrie des Caritas-Verbands, beim Jubiläumsfest das, was das Team – mitgezählt auch die vielen Ehrenamtlichen – seit nun zehn Jahren für die Begegnungsstätte Licht-Blick leistet. In einem kurzen Fachvortrag brachte Wolfgang Mohr das, was die Begegnungsstätte Licht-Blick ergänzend zur psychiatrischen Versorgung Betroffener leistet, auf den Punkt: „Man kann zu uns hingehen, man kann bei uns bleiben – ich kann hier sein, wie ich bin.“