Weil sie wissen, dass einmal suchtkrank immer suchtkrank heißt, obwohl sie trocken sind, schließen sie sich in Selbsthilfegruppen zusammen. Einer dieser Selbsthilfegruppen ist der Kreuzbund, der auch der Caritas angehört. Er besteht nunmehr seit über 100 Jahren in Deutschland. Im Bistum Augsburg feierte der „Kreuzbund – Diözesanverband Augsburg“ nun sein 30-jähriges Jubiläum. Im November 1985 hatten ihn 45 Frauen und Männer ihn in Schrobenhausen ins Leben gerufen.
„Kreuzbund“ als Name mag für Außenstehende etwas unverständlich sein, gestand der geistliche Begleiter dieser katholischen Selbsthilfebewegung und Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Wittislingen, Pfarrer Manfred Gromer, bei der Jubiläumsfeier in Leitershofen. Wer aber Betroffener sei, verstehe diesen Namen sofort. „Die Sucht ist ein Kreuz, an dem man zugrunde gehen kann. Man kann sich aber auch an einem Kreuz festhalten und sich daran wieder aufrichten.“ Im Kreuzbund begegne man sich mit Achtsamkeit. Hier halte man sich nicht mehr an Suchtmitteln fest, sondern gegenseitig.
Eigentlich könnten die „Augsburger“ schon den 105. Geburtstag feiern. 1910 wurde nämlich zum ersten Mal eine Kreuzbund-Gruppe in Augsburg schriftlich erwähnt. Viele Jahrzehnte lang stand der Kreuzbund unter dem Leitgedanken, in ihm Sühne für vergangenes Fehlverhalten zu leisten. Mit der Neugründung 1985 verfolgte man das Ziel, eine Selbsthilfegruppe zu schaffen. Heute zählt der Diözesanverband über 400 Mitglieder in 46 Gruppen, die über das ganze Bistum verteilt sind. Alkoholkranke Menschen unterstützen sich dort gegenseitig und stärken einander in ihrer Abstinenz.
Die Mitglieder nennen sich bewusst untereinander „Weggefährten“, so Torsten Neumann, der Vorsitzende des Augsburger Diözesanverbandes. „Nicht ohne Grund“, sagte er. „Wir alle wissen, woher wir kommen und wie sehr wie die Hilfe anderer brauchten und brauchen.“ Dieser Erfahrungsschatz dürfe aber nicht dazu führen, sich selber zu genügen. „Wenn wir an unsere eigene Rettung denken, wissen wir, dass wir mittun müssen, um andere zu retten. Der Kreuzbund ist für uns eine Rettungsstation. Und er kann es auch für andere Betroffene sein.“
Die Suchterfahrung macht den Kreuzbund heute zu einem unerlässlichen Partner der
Suchtfachambulanzen des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg in der Präventionsarbeit und in der ambulant medizinischen Rehabilitation. „Wir sprechen die gemeinsame Sprache, sie wissen von dem, wovon wir als Spezialisten reden“, sagte Barbara Habermann, Leiterin des Referates Sucht und Psychiatrie des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. Sie will nicht auf die Expertise des Kreuzbundes verzichten. „30 Jahre Kreuzbund, das ist eine enorme Leistung, auf die wir aufbauen können“, betonte sie. So will sie die Zusammenarbeit mit dem Kreuzbundes auch weiterhin intensiv pflegen und auch für die Arbeitsfelder ‚Kinder aus suchtbelasteten Familien‘ und „Mischkonsum‘ nutzen. „Hier müssen wir zusammen dran bleiben.“
Franz E. Kellermann, Vorsitzender des Kreuzbundes in der Erzdiözese München – Freising, und sein Stellvertreter Reinhard Prybill hatte in ihrem gemeinsamen Grußwort an die erfolgreiche Geschichte des Kreuzbundes im Bistum Augsburg erinnert. Aus einem „zarten Pflänzchen“ sei ein „stattlicher Baum“ mit über 400 Mitgliedern geworden. Diese hätten einen schwierigen Weg hinter sich. „Jeder Suchtkranke legt eine harte Schale um sich, die der Same eines neuen Lebens ohne Suchtmittel erst einmal durchbrechen muss.“
Wer das schaffe, der sei ein „Mensch erster Klasse“, betonte Klaus Noack, Vorsitzender des Kreuzbundes im Erzbistum Berlin und zitierte Friedrich von Bodelschwingh (1831 – 1910), den großen evangelischen Pfarrer und Sozialreformator. „Wenn Du einem geretteten Trinker begegnest, dann begegnest Du einem Helden, …weil er es wagt, gegen den Alkoholstrom zu schwimmen. Du sollst wissen: Er ist ein Mensch erster Klasse. “ Im Kreuzbund würden aber keine Helden mitwirken, die bedrückt durch das Leben gehen, sondern Menschen, die anderen laut und deutlich zurufen könnten, „dass es auch anders geht und wir ohne Suchtmittel ein zufriedenes und lebenswertes Leben führen können.“
Dass dazu auch Witz und Humor gehört, bewiesen Luise und Richard Grajdek. Im Sketch spielten sie eine Frau und einen Mann, die sich auf der Straße begegnen und sich über ihren Alltag unterhalten. Die Frau deutete so manches Wort und so manchen Begriff aus dem Zusammenleben der Menschen anders als der Mann. Daraus ergab sich eine Reihe von Missverständnissen. Eine humorvolle Situation reihte sich an die andere. Tosender Applaus war mehr als nur wohlverdienter Lohn.
Infos zur Geschichte des Kreuzbundes:
23. Februar 1896 Gründung des Kreuzbundes durch P. Josef Neumann in Aachen. Sein offizieller Name lautete damals „Katholischer Verein gegen den Missbrauch geistiger Getränke“. Andernorts hieß er „Verein wider die Trunksucht“
16.09.1910 Erste schriftliche Aufzeichnungen über eine Kreuzbundgruppe in Augsburg, der 24 „Männer und Jünglinge“ und 48 „Frauen und Jungfrauen“ angehörten. Daraus entstand aber keine dauerhafte Organisation mit eigener Satzung.
25.11.1985 Konstituierende Sitzung des Kreuzbundes im Bistum Augsburg in Schrobenhausen und damit Festschreibung als Selbsthilfegruppe.
Mitglieder: Über 400 Frauen und Männer engagieren sich in 46 Gruppen im Bistum Augsburg. Drei weitere Gruppen befinden sich derzeit im Aufbau.
Kontakt:
Kreuzbund Diözesanverband Augsburg e. V.
Geschäftsstelle
Doktorgäßchen
86152 Augsburg
E-Mail: info@kreuzbund-augsburg.de
www.kreuzbund-augsburg.de