Menschen aus Syrien, Russland, Kasachstan, EU-Staaten wie Rumänen, Spanien, Italien, Litauen, Lettland und aus Afghanistan suchen die beiden Beraterinnen auf, weil sie Rat suchen, um in Deutschland zurechtkommen zu können. Vereinzelt erscheinen auch Afrikaner in der Beratungsstelle und russisch-sprachige Klienten aus Moldawien mit rumänischer Staatsbürgerschaft, wie auch Kiguren und Ukrainer.
400 Personen kamen in 2016 zu ihnen. Die Klientinnen und Klienten der Beratungsstelle leben in Kempten und im nördlichen Landkreis Kempten-Oberallgäu. Sie haben alle drei Dinge gemeinsam: Sie sind Menschen mit Migrationshintergrund, haben das Aufenthaltsrecht und sind 23 Jahre alt oder älter. „Diese drei Merkmale kennzeichnen unsere Zielgruppe als Migrationsberatungsstelle“, erklärt Kathrin Henningsen. Für Asylbewerber und Flüchtlinge, die noch keinen Aufenthaltsrechtstitel haben, ist die Asyl- und Flüchtlingsberatung zuständig, für die jüngeren die Jugendmigrationsberatungsstelle.
Die Themen ihrer Beratung gehen weit über die Vermittlung von Sprachkursen hinaus. „Alles wird angefragt, was auch wir wissen müssen, um bei uns im Alltag bestehen zu können“, erläutert Valentina Kloos. Wie kann man ein Bankkonto eröffnen, was muss man beim Jobcenter tun, um Arbeit zu finden oder um einen Antrag auf die Grundsicherung zu stellen, weil man noch keinen Arbeitsplatz hat. „Manchmal zeigen wir auch, wie man Jobangebote bei der Agentur für Arbeit finden kann“, so Kloos. EU-Bürger bräuchten Hilfen, um verstehen zu können, was eine „Identifikationsnummer“ ist und was sie im deutschen Sozialsystem bedeutet. Wie sehen die Schritte aus, die man gehen muss, um die eigene Berufsausbildung in Deutschland prüfen und anerkennen zu lassen. Und dann die auch vielen Deutschen nicht unbekannte Suche nach einer bezahlbaren Wohnung.
Auch wenn sie es prinzipiell ablehnen, Klienten zu Behörden oder Eltern zu Kindertageseinrichtungen für die Anmeldung der Kinder zu begleiten, „tun wir es doch manchmal“, räumt Henningsen ein. „Es ist ja nicht immer so einfach, gleich zu verstehen, wie bei uns eine Anmeldung funktioniert.“
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die maßgebliche Behörde für die Migrationsberatungsstellen in Deutschland, schreibt Kloos und Henningsen wie allen anderen Beraterinnen und Beratern noch eine weitere wichtige Aufgabe zu. Integration setze nicht nur die Lernbereitschaft des Menschen aus einem anderen Land und einer anderen Kultur voraus, sondern auch die Fähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden Verständnis dafür zu entwickeln, dass es für die Menschen mit Migrationshintergrund keineswegs einfach ist, alles auch inhaltlich zu verstehen, was die Behörden von ihnen fordern. „Da ist auf der einen Seite das große Vertrauen, dass alles schon richtig sei, was man ihnen im Einwohnermeldeamt, der Ausländerbehörde oder im Finanzamt sagt“, sagt Henningsen. „Und dann unterschreiben sie, weil sie gar nicht verstanden haben, dass das Gesagte auf ihre individuelle Situation gar nicht zutrifft.“ Wie sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden aber wissen, dass es nicht zutrifft, wenn man ihnen nicht sagt, dass es so ist“, ergänzt Kloos. „Die Erwartung ist hier oft zu hoch.“ Kloos und Henningsen versuchen, im Gespräch mit Behördenvertretern interkulturelles Verständnis zu fördern. „Manchmal muss man halt etwas, was für uns klar erscheint, anders erklären und dafür auch die Hintergründe aufzeigen.“
Für sie als Frauen ist es auch immer wieder eine spannende Aufgabe, Paaren aus dem arabischen, afrikanischen und auch aus dem osteuropäischen Raum das über die letzten Jahrzehnte gewachsene heutige Rollenverständnis von Mann und Frau in Deutschland verständlich zu machen. Ihre Erfahrung: Die Frauen fühlen sich bestätigt, die Männer in ihrem Selbstverständnis herausgefordert.
Auch wenn Henningsen und Kloos in vielen Fragen beraten, eines werden sie nicht tun: „Wir bieten keine speziellen Beratungen an, wir sind keine Schuldnerberater, keine Suchtberater und haben keine Kompetenz für die Begleitung von psychisch erkrankten Menschen.“ Aber sie kennen die entsprechenden Beratungsstellen und vermitteln bei Bedarf auch Termine. Und wenn auch die Caritas als „Nothelfer“ gesehen wird, „wir sind keine Baugenossenschaft und besitzen keine Wohnungen“. Auch in dieser Frage müssen die beiden Mitarbeiterinnen der Caritas, die sich zusammen eine Vollzeitstelle teilen, auf die verschiedenen Stellen hinweisen. „Wir sind Vermittler von Verständnis und Hilfen. Manchmal werden wir dadurch zu Nothelfern, unser Ziel ist und bleibt aber die Selbständigkeit unserer Klienten, damit sie sich bestmöglich integrieren können.“
Pressemitteilung
87439 Kempten
„Wir sind Vermittler von Verständnis und Hilfen“
Erschienen am:
24.04.2017
Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Augsburg e.V.
Auf dem Kreuz 41
86152 Augsburg
Auf dem Kreuz 41
86152 Augsburg
Beschreibung