Dagegen etwas zu unternehmen und gemeinsam mit Betroffenen nach Lösungen zu suchen war der Anspruch eines Projektes von Ole Landsberg. Im Rahmen seines Studiums der Integrativen Heilpädagogik verbrachte er sein siebtes Semester in der Tagesstätte des Gemeindepsychiatrischen Zentrums und beschäftigte sich mit dem Thema Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen - "Wi(e)der Vorurteile."
Unwissen und negative Berichterstattungen der Medien seien Hauptursachen, die zur Bildung von Vorurteilen und schließlich zu Stigmatisierungen beitrügen, berichtet Ole Landsberg bei der Vorstellung seines Projektes im Hörsaal der Evangelischen Hochschule Darmstadt.
Stigmatisierung bedeute, dass Menschen eine abwertende Einstellung gegenüber Betroffenen entwickeln und im konkreten Fall alle psychisch kranken Menschen mit einem negativen Merkmal versehen und ablehnen. Dies führe zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung und Diskriminierung, so Ole Landsberg. In Gesprächskreisen in der Tagesstätte am Wilhelminenplatz hätten sowohl Mitarbeitende als auch Besucherinnen und Besucher der Tagesstätte sehr offen mit ihm gesprochen und von Erlebnissen berichtet, die bestätigten, dass große Vorurteile gegenüber psychisch kranken Menschen bestehen. In ihrer Anwesenheit werde abfällig über sie gesprochen. Viele würden sie als weniger kompetent, irgendwie anders behandeln als andere. Betroffene erlebten dies in der Familie, bei Freunden und auf der Arbeit. Oftmals wendeten sich die sozialen Kontakte von ihnen ab, weil sie nicht wüssten, wie sie mit der Erkrankung umgehen sollten.
Auch die Studierenden im Hörsaal hatten bisher kaum Berührungen mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Dementsprechend groß war ihr Interesse an der Besucherin der Tagesstätte, die Ole Landsberg zur Hochschule begleitet hatte. Die mittlerweile 35-jährige Frau berichtete über ihre Erkrankung Paranoide Schizophrenie, die mit 19 Jahren bei ihr zum ersten Mal diagnostiziert wurde. Nach vielen schlechten Erfahrungen mit Mobbingerlebnissen, dem Abwenden der eigenen Familie und dem Erleben vieler Vorurteile besucht Sie mittlerweile die Tagesstätte, in der Sie Kontakt zu anderen Betroffenen hat und ihr Möglichkeiten geboten werden, sich zu beschäftigen. Die sozialpsychiatrische Versorgung durch die Tagesstätte und dem Betreuten Wohnen tut ihr sehr gut. Auch sie bestätigte, dass sie während ihrer Krankheit auf viele Vorurteile gestoßen sei. Insbesondere die falsche Annahme, dass Schizophrenie mit Gewalttätigkeit einhergehe, habe sie sehr belastet. Denn ihr Leben sei von großen Angstzuständen und nicht von Gewalt bestimmt.
Ole Landsberg und seine Projektteilnehmer wünschen sich dass sich die Einstellung und Akzeptanz gegenüber Menschen mit Depression, Schizophrenie oder einer anderen psychischen Erkrankung endlich entscheidend verbessert.
"Projekte wie dieses bewirken eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Aufklärungsarbeit und Kampagnen sollten dieses Thema weiter in den Fokus nehmen", so Caritasmitarbeiterin Gisela Adam, die Ole Landsberg beim Praktikum in der Tagesstätte beratend zur Seite gestanden hatte. Kurz vor der Rente hat die Caritasmitarbeiterin das Gefühl, dass sich hier noch viel ändern müsse. Dabei könne eine psychische Erkrankung jeden und jede treffen, "daher sollten wir uns alle für Inklusion einsetzten."