„Ihnen fehlt das Urvertrauen in sich und ihre Umwelt, und sie erfahren nicht, dass das, was sie tun, um andere auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen, wirksam ist.“ „Das ist nicht gut“, betonte Prof. Dr. Christina Jasmund von der Universität in Düsseldorf. Sie sprach beim Diözesan-Fachtag des Augsburger Diözesan-Caritasverbandes für ErzieherInnen.
Auch Dr. Werner Gatzweiler, Caritaswissenschaftler aus Ditzingen, wies auf die zentrale Bedeutung der Fürsorge und eine sichere Beziehungserfahrung für Kinder hin. „Mangelnde Fürsorge hinterlässt einen bleibenden biologischen Fingerabdruck“, sagte er. Menschen mit diesen Erfahrungen von frühester Kindheit an, würden stressanfälliger bleiben und könnten nicht so gut Vertrauen zu anderen fassen. Der Hirnforscher Joachim Bauer habe nachgewiesen, dass menschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung und Zuneigung nicht nur bei Säuglingen, sondern im ganzen Leben „Kern aller Motivation“ sei, so Dr. Gatzweiler.
Prof. Jasmund, übrigens Professorin des Jahres 2014, erinnerte an den berühmten Marshmallow-Test. Kinder wurde ein Marshmallow mit der Auflage gegeben, wenn sie ihn nicht anrührten, bis die Erzieherin wiederkomme, sie dann einen weiteren bekämen. Langzeitstudien über viele Jahre hinweg hätten dann gezeigt, wer sich schon damals als Kind gut selbst regulieren und warten konnte, „der hatte es später im Leben gut“. Umso wichtiger sei es deshalb, den Kindern Zeit zu geben, damit sie lernen können, mit der Zeit selbstverantwortlich umzugehen. „Kinder brauchen ihre individuelle Reifungs- und Erlebniszeit“.
Im freien Spielen, beim Basteln, bei Projekten oder bei „Ämterdiensten“ wie Abräumen z. B. erlernen Kinder ein Zeitgefühl und gleichzeitig machen sie die Erfahrung, dass es auf sie ankommt. Das habe keineswegs nur pädagogische Bedeutung, so die Professorin aus Düsseldorf. „Die frühe Kindheit ist ein ideales Zeitfenster für die Vernetzung der Neuronen und Myelisierung, d.h. der Überlagerung mit einer stärkenden Schutzschicht, der synaptischen Verbindungen im Gehirn.“ Prof. Jasmund empfahl deshalb den Erzieherinnen aus den katholischen Kindertageseinrichtungen, den Kindern so viele Impulse wie möglich zu geben, damit diese sie aufsaugen und sich dadurch weiterentwickeln können.“
Da jedes Kind individuell unterschiedlich sei, dürfe man aber nicht den Fehler begehen, dem Kind die nötige Zeit zu rauben. Prof. Jasmund appellierte deshalb: „Werden Sie nicht die Zeitfresser, sondern zu den Zeitanwälten der Kinder.“