Anlass war, dass die katholische Kirche nach den Missbrauchsvorwürfen die Prävention in allen kirchlichen Bereichen stärken will. Das heißt: Alle Einrichtungen der katholischen Kirche in der Diözese Augsburg sind dazu verpflichtet, zur Prävention sexualisierter Gewalt ein Institutionelles Schutzkonzept (ISK) zu entwickeln "Wir sind nun stärker in die Pflicht genommen", sagte Caritasdirektor Dr. Andreas Magg. Damit wolle die Kirche zeigen, dass sie dem hohen moralischen Anspruch, der an sie gestellt werde, auch gerecht werde. "Vor allem dort, wo Menschen uns anvertraut werden."
Bei dieser Auftaktveranstaltung stellte Francesca Carapezza von der Projektstelle Sexualisierte Gewalt, die der Diözesancaritasverband vor einigen Monaten geschaffen hatte, vor, welche Schritte dazu in den Einrichtungen gegangen werden können. Voraussetzung sei zunächst, "eine Kultur des Hinschauens" zu pflegen, sensibel darauf zu achten, "wo der Kern der Seele" der anvertrauten Menschen verletzt werden könnte. Sexualisierte Gewalt beginne schon dort, wo eine sexistische Sprache verwendet oder entsprechende Witze gemacht werden, und wo die Privat- oder Intimsphäre eines Anvertrauten verletzt werden, etwa durch mehr Berührungen als notwendig. Oft entwickle sich ein Mangel an Sensibilität durch Überforderung. "Grenzverletzungen dürfen nicht bagatellisiert werden", so Francesca Carapezza. Vor allem dort, wo es um massive Grenzverletzungen gehe, gehöre es zur Strategie der Täter, systematisch nach verschwiegenen und wehrlosen Opfern zu suchen und sie zur Geheimhaltung zu verpflichten. Solche Täter seien nicht selten "über die Maßen engagiert und hilfsbereit". Die Betroffenen selbst seien oft nicht in der Lage, sich mitzuteilen, wegen einer Behinderung, aus Scham und auch aus Angst vor negativen Folgen, weil sie ja auf die Pflege angewiesen seien. Die Mitarbeiter einer Einrichtung sollten deshalb für mögliche Signale der Betreuten, etwa eine plötzliche Verhaltensänderung, sensibilisiert werden.
Francesca Carapezza stellte die wichtigsten Bausteine eines Schutzkonzeptes zur Prävention sexualisierter Gewalt in einer Einrichtung vor: eine Risikoanalyse zu Beginn, für die ein Arbeitskreis gebildet werden sollte. "Hier geht es um das Erkennen von Schwachstellen", erläutert Carapezza. Zu weiteren Bausteinen gehöre ein verbindlicher Verhaltenskodex für die Mitarbeiter, in dem etwa festgeschrieben sind die Gestaltung von Nähe und Distanz, das Achten auf Sprache und Wortwahl oder die Zurückhaltung bei Körperkontakten, auch in Trost- und Pflegesituationen. Eingerichtet werden sollte ein Beschwerdemanagement. "Beschwerden sollten ernst genommen werden." Damit eng zusammen hänge auch die Fehlerkultur in einer Einrichtung. Besteht die Bereitschaft, sich auch mit Fehlern auseinanderzusetzen? Auch solle es möglich sein, dass Anvertraute "widerstandsfähig" werden, ihre eigenen Bedürfnisse auch äußern.
Über wesentliche rechtliche Aspekte zur sexualisierten Gewalt, und worauf bei Personal-Einstellungen zu achten ist, informierte Tatjana Sorge, Juristin beim Diözesancaritasverband.
Konkret wurden die Verantwortlichen der Einrichtungen und Dienste dazu aufgefordert, in nächster Zeit eine Präventionsfachkraft in ihrem Haus zu benennen, die die Einführung dieses Schutzkonzeptes moderiert. Der Caritasverband bietet weiterführende Kurse und Materialien an.