Graben, 26.10.2013 (
pca
).
„Darauf wäre ich nie gekommen“, gesteht Vera Lachenmaier unumwunden ein. Eine
ältere Dame hatte sie angerufen und sie gefragt, ob sie denn an eine
„Änderungsschneiderei“ gedacht habe. Lachenmaier ist dankbar für den Anruf. Sie
sammelt nämlich gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der
Lechfeldgemeinde
Graben Ideen und Anregungen dafür, welche Hilfen gewünscht und geleistet werden
sollen, damit die Gemeinde ein attraktiver Wohnort für alle Einwohner ohne
Ausnahme ist und bleiben kann – unabhängig davon ob alt oder jung, fit oder
hilfebedürftig, gesund oder behindert.
Dieser Kreis von Bürgerinnen und Bürger, die
sich die Aufgabe gestellt, alle diese Ideen und Anregungen zu sammeln, ist die
Themenwerkstatt. Sie ist hervorgegangen aus dem in Graben groß angelegten dreijährigen
Sozialraum- und Inklusionsprojekt „Wir – DAHEIM in Graben!“, das die Gemeinde
gemeinsam mit der Caritas im Frühjahr 2013 gestartet hat. Die Themenwerkstatt
traf sich inzwischen
bereits zweimal. Beim
ersten Treffen kamen elf Frauen und Männer. Jetzt beim zweiten Mal waren schon
21 dabei. Geleitet wird der Kreis von Lachenmaier, die vor Ort für das Projekt
verantwortlich ist.
Allen Teilnehmern ist bewusst: Irgendwo kann
jeder in Graben auf jeweils andere Weise vielleicht die Hilfe oder
Unterstützung bekommen, die man braucht. Gemeindebriefe verbreiten
Informationen, Info-Flyer und Aushänge weisen auf unterschiedliche Angebote
hin. Und jeder weiß immer etwas, aber eben nur etwas. „Und wenn man dann einmal
schnell nachschauen will, findet man die Information nicht mehr“, sagt ein
Teilnehmer. Damit brachte er einen wichtigen Aspekt der Themenwerkstatt auf einen
Punkt. „Wir müssen nichts neu erfinden“, sagte Lachenmaier schon beim ersten
Treffen. „Wir wollen aber die Informationen, Adressen und Ansprechpartner
bündeln und sie auch gebündelt herausgeben.“ Und das könne niemand besser als
die Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichen Lebenshintergründen am besten
selbst. „Viele haben viele Blickwinkel, so dass wir mit breitest möglichem
Blickwinkel das zusammenstellen können, was eben viele benötigen und eben nicht
nur immer eine bestimmte Zielgruppe“, erläutert Lachenmaier.
Für das zweite Treffen hatten die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Themenwerkstatt schon viele Adressen und
Infos gesammelt. Apotheken mit Lieferservice, Fachärzte, Behörden, Beratungsstellen,
Buspläne
, Einkaufsmöglichkeiten finden sich bereits
in den gesammelten Daten. Auch wer einen Fahrservice anbietet, die
Kontaktadresse des
Gräbinger
Helferpools wurden
bereits eingetragen genauso wie die Adressen der Krankenhilfe und des Hausnotrufes.
Lachenmaier will aber nichts dem Zufall
überlassen. Sie verteilt an die Gesprächsrunden je 26 leere Blätter. Nur die
aufeinanderfolgenden Buchstaben des Alphabets sind als Anregung eingetragen.
„Was fällt uns noch alles ein?“, regt Lachenmaier an. Es geht ihr zunächst nicht
um feststehende Adressen, sondern darum „was noch wichtig ist.“
Aus der großen Runde heraus taucht auf einmal
die Idee auf, doch Kochkurse für Männer anzubieten, insbesondere für ältere.
„Wenn sie noch nie gekocht haben, können die es auch nicht, wenn sie auf einmal
alleinstehend sind“, wirft eine Frau mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht in
die Runde.
Wer hier mitmacht, tut es ehrenamtlich. „Es
sind neue Leute dabei. Das ist schön und freut mich.“ Das beobachtete Erwin
Merz, der Kirchenpfleger der katholischen Gemeinde St. Martin in Lagerlechfeld,
das zu Graben gehört. Seiner Erfahrung nach treffe man ansonsten sehr häufig
immer wieder die Selben an, wenn es darum geht, etwas auf die Beine zu stellen.
Dass andere „neue“ Leute mitmachen, führt er auf das Projekt zurück, und
darauf, dass mit Lachenmaier jemand hauptamtlich als Kümmerer angestellt ist,
der sich kümmert, anstößt, Kontakte knüpft und die Ehrenamtlichen entlastet.
So kommen zwei wesentliche Voraussetzungen
für den Erfolg zusammen. Die eine ist professionelle Begleitung vor Ort durch
die Fachfrau Lachenmaier, die Freude daran hat, mit den Bürgerinnen und Bürgern
in Graben zusammenzukommen. Die andere Voraussetzung ist das
Eigeninteresse
der Menschen in Graben.
„Ich möchte hier alt werden“, sagt zum Beispiel der 69-jährige Erhard
Klottwig
, „und hier bleiben können, wenn ich einmal nicht
mehr gut auf den Beinen unterwegs sein kann“. Das Projekt nehme dieses „ganz
normale menschliche Bedürfnis eben ernst.“ Ihm stimmen Gerda und Dieter
Schwedler (51 bzw. 53) aus ganzem Herzen zu. „Wir machen mit, weil es uns
angeht, wir alle alt werden, jeder von uns völlig unerwartet wegen einer
Erkrankung oder Behinderung auf Hilfe angewiesen sein könnte und dennoch sich hier
vor Ort in Graben selbst versorgen können will.“
Die Themenwerkstatt trifft sich wieder am
Dienstag, 5. November 2013, um 18.30 Uhr im Kulturzentrum Graben.