Leitung des Caritas-Referates Kindertageseinrichtungen Mechtild Teuber geht nach 43 Jahren in den Ruhestand
Augsburg, 07.04.2020 (pca). Selten verlief ein Abschied nach über 40 Jahren Mitarbeit so still, mit so wenigen Worten, nur persönlich und das zumeist nur per Mail. Solch einen Abschied hätte sich Mechtild Teuber nicht träumen lassen. Eigentlich hatte sie auch ein Abschiedsfest geplant. Doch das Corona-Virus hat ihr einen Strich durch ihren Planungen gezogen. Seit 1977 arbeitete sie im Referat für Kindertageseinrichtungen des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg als Fachberaterin mit. Seit zehn Jahren hatte sie dessen Leitung inne. Pointiert in der Ansprache, klar und eindeutig, wenn ein Problem sie beschäftigt, aber verbindlich und in der Diskussion so einfühlsam, dass die Person bzw. der Personenkreis gegenüber im Gespräch sich mit ihr auf den Weg macht, gemeinsam, wenn auch von unterschiedlichen Standpunkten aus, das Problem zu lösen. So hat sich Teuber Wertschätzung und Anerkennung nicht nur bei den von ihr betreuten Kindertageseinrichtungen erworben, sondern auch bei den Trägern und Erzieherinnen der nunmehr insgesamt 430 Kindertageseinrichtungen im ganzen Bistum und darüber hinaus von der Landes- bis zur Bundesebene. Die Leitung des Referates hat nun Teubers langjährige Mitarbeiterin und Kollegin Alexandra Schliessleder übernommen.
Als Teuber am vergangenen Dienstag das letzte Mal als Mitarbeiterin das Caritas-Haus in Augsburg verließ, merkte man ihr an, dass ihr der Abschied nicht leicht fiel. Es ging ihr nicht nur darum, dass es keine Abschiedsfeier gab. "Ich gestehe ja, dass mir der Abschied so schwer fällt, ich so schwer gehen kann. Und das jetzt auch noch in dieser Krise." Für sie fühlt sich ihr jetziger Schritt in den wahrlich wohl verdienten Ruhestand wie Flucht an. Doch das unterstellt ihr niemand bei der Caritas und auch niemand unter den vielen Erzieherinnen im Bistum. Kistenweise gingen Geschenke bei ihr ein. Fotos mit Sonnenaufgängen und Gutscheinen für den Eintritt in Ausstellungen. Gefilzte Glückspilze waren auch darunter. Als sie dies erzählt, merkt man Teuber an, wie sehr sich darüber freut.
Dabei hatte sie, als sie 1977 beim Caritasverband in Augsburg als Erzieherin und Sozialpädagogin anfing, nur vor, erste Berufserfahrungen zu sammeln und dann - so der Plan damals - nach drei Jahren nach einer neuen Herausforderung zu suchen. "Doch es hat mir hier unheimlich viel Spaß gemacht, die Arbeit war immer interessant", sagt sie. "Und das Spannende war, dass wir im Team Fachberatung ständig durch die Herausforderungen im Erziehungsalltag in den Kindertageseinrichtungen Entwicklungen nachspüren konnten, die wir dann gemeinsam aufgriffen und weiterentwickelt haben." Es war genau diese damit verbundene Chance, Veränderungsprozesse nicht nur einzuleiten, sondern auch dauerhaft zu begleiten, die Teuber nie daran denken ließ, dass es in einer anderen Aufgabe bei einem anderen Arbeitgeber besser und interessanter sein könnte.
Sie blickt auf Angebote der heutigen Kindertageseinrichtungen zurück, "über die man früher erst gar nicht reden durfte". "Krippe" - d.h. das Angebot, Kinder unter drei Jahren in die Kindertageseinrichtung aufzunehmen - war bis weit in die 1990er Jahre und darüber hinaus ein verpöntes Wort. Sie erinnert sich auch an die Jahre in den 1980er Jahren zurück, als Pfarrgemeinden neue "Kindergärten" bauten (sie hießen damals so) und die Frage diskutiert wurde, ob man denn eine Küche und einen Raum mit einplanen müsse, um ein Mittagessen anbieten zu können. "Das wurde damals von nicht wenigen abgelehnt." Auch die Diskussionen um Ganztagesplätze sind Teuber noch lebhaft in Erinnerung. "Dieses Angebot ist heutzutage aber unerlässlich, um Familien zu unterstützen."
Auch inklusive Kindertageseinrichtungen konnte sie mit auf den Weg bringen. "Wenn wir nicht bei den Kindern in den Kindertageseinrichtungen den Gedanken der Inklusion lebendig und erfahrbar werden lassen, dass also Kinder mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich miteinander umgehen lernen, dann werden wir unserem christlichen und gesellschaftlichen Auftrag zur Inklusion nicht gerecht", begründet sie ihren Einsatz für dieses Thema über viele Jahre hinweg.
"Wenn die Gesellschaft sich ändert, die Wünsche der Eltern deshalb andere werden, ist es nicht unsere Aufgabe, der Gesellschaft vorzuschreiben, wohin sie gehen soll. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, durch unsere Fachberatung dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder und deren Eltern bzw. Familien entsprechend ihrer natürlichen Entwicklungsstadien bestmöglich begleitet werden. Es geht nicht um uns. Es geht immer um die Fürsorge für die Familie und ein gutes Aufwachsen der Kinder."
Die Haltung der Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen ist in Teubers Augen nicht nur eine Frage der Vorbildfunktion. "Wenn ich eine Haltung fördern will, muss ich auch dafür etwas tun, dass andere lernen können, worauf es wichtig ist zu achten." So hat sie viele Jahre auch das Fortbildungsprogramm der Fortbildungsabteilung des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg für alle katholischen Kindertageseinrichtungen mit geprägt. Es genoss hohe Beachtung auch unter kommunalen und freien Trägern von Kindertageseinrichtungen. Alle zwei Jahre veranstaltete das Referat einen zentralen Kongress in Augsburg, zu dem alle Erzieherinnen aus allen 430 Kindertageseinrichtungen eingeladen waren. Da ging es um den Umgang mit Zeit, was Glück denn wirklich bedeutet, um gesellschaftliche Entwicklungen, denen sich die Erzieherinnen in katholischen Kindertageseinrichtungen aus Sicht des christlichen Glaubens stellen müssen.
Glaube müsse für die Kinder kindgerecht erfahrbar sein, so ihre Überzeugung. Als sie der frühere Stadtpfarrer von St. Ulrich und Afra Franz Wolf vor zehn Jahren ansprach und sie einlud, eine Kinderwallfahrt im Rahmen der Ulrichswoche zu organisieren, war sie sofort mit Feuer und Flamme dabei. Gemeinsam mit dem Referat Kindergartenpastoral des Seelsorgeamtes der Diözese Augsburg gestaltete sie seitdem diese Wortgottesfeier, für die sich jedes Jahr immer mehr katholische Kindertageseinrichtungen angemeldet haben. Anfängliche Skepsis auch unter Geistlichen wich sehr schnell einer Begeisterung. Bischöfe und Weihbischöfe, Domkapitulare und Pfarrer kamen sehr gerne und spendeten den Kindern den Einzelsegen. Die Kinderwallfahrt ist deshalb nunmehr ein fester Bestandteil der jährlichen Ulrichswoche, die die Gläubigen zur Wallfahrt an das Grab des Augsburger Bistumspatrons, des Heiligen Ulrich, einlädt. In 2019 hatte der nunmehr ernannte Bischof von Augsburg und Administrator der Diözese, Dr. Bertram Meier, der Wortgottesfeier für die Kinder vorgestanden.
Je länger sie dabei war, wurde es ihr immer wichtiger, sich nicht nur im Augsburger Caritasverband mit ihren Erfahrungen einzubringen, sondern in den entsprechenden bayerischen und bundesdeutschen Gremien mitzuwirken. So war sie im Vorstand des Verbandes katholischer Tageseinrichtungen für Kinder auf bayerischer Ebene und Delegierte auf Bundesebene. "Diesen Austausch werde ich vermissen", bedauert Teuber. Gänzlich vermissen muss sie ihn aber nicht. Sie ist weiterhin auf Bundesebene im Rahmen der Kommission "Multiprofessionelle Teams" aktiv.
Drei Jahre wollte sie bleiben. 43 sind es geworden. Sie war dadurch ein Urgestein der Caritas in Augsburg geworden und damit eine gute und verlässliche Quelle für die Geschichte des Augsburger Diözesan-Caritasverbandes. In ihrer Arbeit ist es jedenfalls nicht einfacher geworden. Nur das Ziel blieb gleich. "1977 stellten die Eltern der Kinder keine anderen Anforderungen, als dass ihr Kind gut aufgehoben ist und ‚spielen sollte‘. Heute prasseln ständig Anforderungen der Gesellschaft, Wünsche der Eltern nicht nur, was die Gestaltung des Alltags in den Kindertageeinrichtungen betrifft, sondern auch im Hinblick auf die Bildungsinhalte auf die Einrichtungen ein", sagt Teuber. "Doch die Kinder haben sich nicht geändert: Sie wollen spielen, sie brauchen stabile Beziehungen, sie wollen wertgeschätzt werden, sie wollen Freunde finden und miteinander treffen." So blickt Teuber mit Dankbarkeit auch für die Unterstützung und das Vertrauen in ihre Arbeit zurück.