Udo Büchner-Kühn (65) geht in Rente - Benedikt Tichelmann (33) übernimmt
Augsburg, 20.08.2020 (pca). Udo Büchner-Kühn (65), der seit 2000 bei der Caritas in der Suchtfachambulanz der Caritas in Augsburg als Berater mitarbeitet und seit 2008 dort die Beratungsstelle für Glücksspielsuchtberatung aufgebaut hat, geht in den Ruhestand. Seinen Aufgabenbereich übernimmt nun Benedikt Tichelmann (33). Er arbeitet schon seit drei Jahren bei der Caritas für das Projekt Mindzone zur Aufklärung von Partydrogenkonsumenten und seit August 2019 in der Suchtfachambulanz für die Beratung in Bereichen Alkohol-, Medien- und Glücksspielsucht. "Ich freue mich auf den neuen Aufgabenbereich", sagt Tichelmann.
Dass Büchner-Kühn Sozialpädagoge und Berater - auch im Bereich der Glücksspielsuchtberatung werden würde - war ursprünglich nicht sein Ziel. Im Dezember 1954 in Wangen im Allgäu geboren wuchs er der Mutter wegen in der DDR auf. Nach dem Abitur 1973 in Leipzig meisterte er die Aufnahmeprüfung der Leipziger Schauspielerschule. "Im Gegensatz zum später berühmten Manfred Krug, dem dies nicht gelungen war", erinnert er sich mit einem Schuss Selbstironie. Doch aus seiner Karriere wurde nichts. Er wollte die DDR verlassen und stellte einen Ausreiseantrag. Mit seinem Antrag hatte der das Vertrauen der DDR-Obrigkeit verloren. 1977 half er DDR-Flüchtlingen bei der Flucht. Sie scheiterten allerdings. Da er ihnen sein Fernglas gegeben hatte, wurde er für neun Monate wegen Beihilfe zur Republikflucht im Lager Schkeuditz bei Leipzig eingesperrt. Nach der Haft hielt er seinen Ausreiseantrag aufrecht. Am 10. Oktober 1979 saß er endlich im Zug in die Freiheit.
In München studierte er nach einem kurzen Umweg über die Theaterwissenschaften Sozialpädagogik. 1985 begann er mit dem Diplom in der Tasche bei der Diakonie in der Ehe- und Lebensberatung. Im Jahr 2000 begann er mit nur wenigen Stunden bei der damaligen Psychosozialen Beratungsstelle, der Vorläuferin der Suchtfachambulanz der Caritas, um seine "Selbstständigkeit als Supervisor" abzusichern. Er blieb, übernahm zwischenzeitlich die Leitung und dann 2008 entgegen seiner ursprünglichen Erklärung die neu geschaffene Glücksspielsuchtberatung der Caritas in Augsburg.
Dies wurde sein Thema, obwohl er ursprünglich diesen Bereich gar nicht übernehmen wollte. Nachdem allerdings die personelle Besetzung nicht wünschenswert verlief, " mache ich es halt", so Büchner-Kühn damals. "Aus dieser Zwangsehe wurde dann eine meiner größten beruflichen Leidenschaften.", sagt er heute dazu. .. Mehr und mehr stieg er in die Welt der Glücksspieler ein und fand schnell einen guten Draht zu den Menschen. "Deren Psychodynamik faszinierte mich als Berater." Büchner-Kühn brachte sich auf bayerischer Ebene in die Gremienarbeit ein und wirkte in Fachkreisen über den Caritasverband hinaus mit. Seine enge Kooperation mit dem Ordnungsamt der Stadt Augsburg machte die Schwabenmetropole im Hinblick auf das Glücksspiel zum bayernweiten Vorbild. Augsburg wurde die erste Stadt, die von drei Uhr morgens bis neun Uhr vormittags das Glücksspiel verbot. "Das machte mir Spaß, wenn man etwas vorwärts bewegen konnte. Man darf nicht aufgeben, auch wenn die andere Seite, die Glücksspielindustrie schneller, mächtiger und einflussreicher ist." Am Anfang beriet und begleitete er 20 bis 30 Klienten im Jahr, zum Schluss waren es mehr als 150, davon nach wie vor mehrheitlich Männer.
Benedikt Tichelmann geht es ähnlich wie Büchner-Kühn, als dieser die Stelle aufzubauen begann. "In die Glücksspielsuchtberatung kommen wieder andere Menschen als die wegen einer Alkoholsucht zur Suchtfachambulanz kommen", sagt er. Sie verfolge die Idee, in ihrem Tun, das sie oftmals nicht als Sucht begreifen, Erfolg haben zu können´, indem sie meinen, mit ihrem vermeintlichen "Können und Scharfsinn" den Zufall des Glücksspiels schlagen zu können. So seien die Süchtigen vor allem in der Phase, in der ihre Geldquelle noch nicht abgedreht ist, recht risikofreudig. Solange nämlich das Geld für sie kein Thema sei, meinten sie, sie seien nicht süchtig. Doch dann, wenn das Geld ausbleibt, würden sie von ihrer Sucht nach dem verlorenen Geld erfasst, das sie nun durch ihr Spielen zurückzugewinnen zu können glauben. "Doch das gelingt nie", so Tichelmann. Die Risikofreudigkeit ende nicht selten in Depression und Selbstmordgefahr. Gott sei Dank bringen sich viele Angehörige ein und bringen den Suchtabhängigen dazu, sich endlich Hilfe zu holen. Derzeit sind es sechs Beratungen am Tag, 25 in der Woche und jede Woche sind etwa fünf neue Klientinnen oder Klienten darunter. In allen Fällen wird deutlich, dass das Wissen vom Fußball z.B. bei entsprechenden Wetten und all ihre Intelligenz am Ende nichts mehr nützen: "Ihre Sucht bedeutet nämlich den totalen Kontrollverlust." In der Beratung geht es Tichelmann wie auch seinem Vorgänger Udo Büchner-Kühn darum, die Klienten dabei zu unterstützen, wieder die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen.