CAB-Verantwortliche loben Menschen mit Behinderungen wie auch ihre Mitarbeiter - Gruppenleiterin bedauert: "Man kann nicht auf Abstand trösten"
Augsburg, 23.12.2020 (pca). Menschen mit Behinderungen unterliegen - ob alt oder jung, ob krank oder gesund, seit Beginn der Corona-Pandemie besonderen Auflagen. Es gibt keine Einschränkung durch den Corona-Virus, die nicht auch zu einer Sonderbestimmung für sie führte. Der erneute scharfe Lockdown verbietet ihnen wie bereits im Frühjahr, die Arbeit. Die Werk- und Förderstätten sind bis auf einzelne Notgruppen geschlossen. Auf Außenarbeitsplätzen können Beschäftigte, die nicht in Wohneinrichtungen leben, zum Teil weiterhin tätig sein. Die Kontaktbeschränkungen belasten sie, die viel stärker auf Kontakte und Begegnungen angewiesen sind, besonders stark. Dennoch verhalten sich Menschen mit Behinderungen trotz aller ungewohnten Veränderungen und Auflagen die ganze Zeit schon sehr vorbildlich.
Gudrun Finkel kann nicht anders, als die 48 Bewohnerinnen und Bewohner des Ulrichsheims zu loben. "Sie machen es toll." Ihre Kollegin Nadine Berns pflichtet ihr bei. "Sie strengen sich an, weder sich noch andere zu infizieren." Finkel leitet das gemeinschaftliche Wohnen im Ulrichsheim, Berns ist für den Außenwohnbereich mit 39 Bewohner*innen verteilt auf elf betreute Wohngruppen in der Augsburger Innenstadt zuständig. Beide Angebote gehören zur CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH - Ressort Behindertenhilfe.
Berns klopft auf den Tisch. Sie ist froh: "Bislang wurde keiner von uns infiziert. Niemand unter den Bewohner*innen, niemand in meinem Team von 16 Mitarbeiter*innen." Finkel muss für den Bereich des gemeinschaftlichen Wohnens mitteilen, dass sich jetzt erst ein Mitarbeiter aus ihrem Team mit 45 Heilerziehungspflegekräften und Erzieher*innen infiziert hat. Für beide ist es ein Erfolg, dass bislang nichts Schlimmes in ihrem Zuständigkeitsbereich geschah. Ihnen ist dabei klar, dass die Menschen mit Behinderungen maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen haben.
"Wir reden mit unseren Bewohner*innen ganz offen. Und das seit Anfang an", unterstreicht Finkel. "Sie lesen sehr viel in den Zeitungen, schauen Nachrichten im Fernsehen. Wir bieten ihnen Erläuterungen in Leichter Sprache, so dass sie alle Bestimmungen noch besser nachvollziehen können." "Mit jeder Änderung haben wir sehr viel zu tun", fügt Berns hinzu." Die Frauen und Männer in ihren Außenwohngruppen wollen genau wissen, was die erneuten Diskussionen und Bestimmungen für sie bedeuten.
Berns ist Pandemiebeauftragte für den Außenwohnbereich, Finkel für das Ulrichsheim. Die Mitarbeiter*innen müssen sich regelmäßig mit ihren Pandemiebeauftragten rückkoppeln, damit sie auf dem neuesten Stand sind und jede Maßnahme abgestimmt werden kann. Auch das bedeutet eine zusätzliche Belastung. "Wir tun alle alles, was uns alle schützt", unterstreicht Finkel. "Die Mitarbeiter*innen sind jetzt zu 120 Prozent für die Bewohner*innen da und setzen sich in bewundernswerter Weise trotz eigener Belastung ganz toll für die ihnen anvertrauten Menschen ein", meint Berns.
"Der Corona-Virus nervt", sagen Bewohner*innen. Finkel und Berns sagen: "Uns auch." Sie beide beobachten, wie sehr die Einschränkungen und die ständige Sorge und Angst vor der Infektion die Bewohner*innen psychisch belasten. Im Frühjahr durften sie keinen Besuch empfangen. Wenn heute Besuch ins Ulrichsheim kommt, dann darf das Treffen nur im Besucherraum einzeln stattfinden und nur nach Vorlage eines negativen Testergebnisses und mit einer FFP2 Maske. Die jüngeren Bewohner*innen im Außenwohnbereich können abends nicht mehr rausgehen und etwas unternehmen. Die Bewohner*innen können sich immerhin außerhalb des Wohnheims mit ihren Familien oder engsten Freunden im privaten Umfeld treffen. Hierfür gelten die allgemeinen Vorgaben der Kontaktbeschränkungen.
Eine große Anspannung ist deshalb allen anzumerken. Und dennoch kam es eigentlich nie vor, dass jemand aggressiv wurde. So manch einer hat laut geschimpft "Sch… Corona!". Anderen merkt man deutlich die gedrückte und traurige Stimmung an. "Wir Mitarbeiter*innen können das sehr gut nachvollziehen, auch dass es schmerzt, die eigenen Angehörigen nicht normal besuchen oder einladen zu können", sagt Karin Petrak, Gruppenleiterin im Ulrichsheim, Dabei sind Gefühle und Gedanken sehr schwer zu erkennen, wenn Gesichter teilweise von Masken verdeckt sind. Besonders bei jenen, die Sprachschwierigkeiten haben, leidet der Austausch untereinander. "Was macht dann das mit den Beziehungen und Bindungen, wenn wir die Gefühlswelt unseres Gegenübers nicht mehr genau einschätzen können", sorgt Petrak sich. Eine ganz besondere Schwierigkeit sei, dass "man nicht auf Abstand trösten kann".
Weihnachten unter Auflagen, aber mit einer Überraschung
Auch dieses Jahr wird das Ulrichsheim wie auch der Außenwohnbereich der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH - Ressort Behindertenhilfe Weihnachten feiern - aber etwas anders. So befinden sich Adventskränze in jeder Wohngruppe, und rechtzeitig zu Weihnachten wird ein Christbaum aufgestellt und geschmückt. Allen ist freigestellt, unter den bekannten Auflagen einen Weihnachtsgottesdienst zu besuchen. Auf jeder Wohngruppe gibt es eine liebevoll gestaltete Weihnachtsfeier mit einem leckeren Weihnachtsessen, der Weihnachtsgeschichte und einer Bescherung.
"Es wird etwas stiller sein", sagt Karin Petrak vom Ulrichsheim. Allerdings wartet auf alle Bewohner*innen eine besondere Weihnachtsüberraschung: Alle können an Heiligabend von ihren Fenstern und Balkonen eine Vorführung erleben, die die Betreuer*innen des Außenwohnbereichs für diesen besonderen Abend vorbereitet haben.
Info:
Im Bereich des gemeinschaftlichen Wohnens im Ulrichsheim leben insgesamt 48 Frauen und Männer mit Behinderungen. Davon sind 42 aufgrund ihres höheren Alters besonders gefährdet bzw. gehören zur Risikogruppe. Im Außenwohnbereich entlang der Remboldstraße leben auf zwei Häuser verteilt 39 Menschen mit Behinderungen in elf Wohngruppen mit drei bis fünf Bewohner*innen. Hiervon gehören aufgrund von Vorerkrankungen oder aufgrund erhöhten Alters 22 Klient*innen der Risikogruppe an.
Beide Einrichtungen gehören zu den Caritas-Wohnstätten der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH - Ressort Behindertenhilfe, eine 100-prozentigen Tochter des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. Weitere Infos unter: www.cab-b.de