Nachdem Agnethler die Ergebnisse der Analyse den Gemeinderäten bei einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung vorgestellt hatte, sagte Bürgermeister Andreas Scharf: „Diese Analyse bietet uns für die nächsten Jahre ganz wichtige Hilfestellungen für unsere Zukunftsentscheidungen.“ Und für das dreijährige Inklusions- und Sozialraumprojekt „Wir – DAHEIM in Graben!“ stelle die Analyse einen sehr wichtigen und überzeugenden Wegweiser dar. Die umfassende Analyse konnten Diözesan-Caritasdirektor Pfarrer Dr. Andreas Magg und der Wissenschaftler Manfred Agnethler am Dienstag dem Bürgermeister überreichen.
25.000 Euro kostet die Sozialraumanalyse, die der Caritasverband für die Diözese Augsburg mit finanzieller Unterstützung der Aktion Mensch in Auftrag gegeben hatte. Sie ist ein großer Baustein am Anfang des Projektes „Wir – DAHEIM in Graben“ unter der Federführung der Caritas, das im diesem Frühjahr gestartet worde war. Was der Geograph Agnethler in seinem eineinhalbstündigen Vortrag vorstellte, ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich die Investition gelohnt hat. Dabei stellte er nur einen Teil der Ergebnisse vor.
Die Datengrundlage besteht nicht nur aus den 519 von 1.730 Fragebögen, die beantwortet wurden. Auch Einwohnermeldedaten wurden soweit möglich mit eingearbeitet. „Unsere Daten sind also verlässlich“, unterstrich Agnethler. Er und sein Team untergliederten den Ortsteil Graben in vier in etwa ähnlich große aber von der Bevölkerungszahl unterschiedliche Sozialräume und diese jeweils in insgesamt acht kleingliedrigere „räumliche Nachbarschaften“ und den Ortsteil Lagerlechfeld-Nord in drei Sozialräume und in fünf „räumliche Nachbarschaften“ Die Ergebnisse der Rückmeldebögen – wobei eine Frage von insgesamt 24 Fragen des versandten Fragebogens schon allein 100 Seiten in der Detailauswertung erforderte – wurden dann über diese Untergliederungen gelegt.
Was dabei herauskam, ist in der Tat spannend – sowohl für Vera Lachenmaier vom Büro Inklusives Graben wie auch für die Gemeindepolitiker. So betrachtete Agnethler zunächst die allgemeine Bevölkerungsentwicklung. Demnach hatte Graben am 1. Dezember 2012 eine Gesamtbevölkerung von 3.655 Einwohnern mit 664 Personen älter als 65 Jahren. Bis 2021 wird der Anteil der Menschen mit 65 Jahren und älter um 37 Prozent zunehmen, während die 18- bis 65-jährigen um 2,7 Prozent mehr werden und die unter 18-jährigen um elf Prozent abnehmen werden. Die Zahl der Hochbetagten ab 75 Jahren werden von derzeit 174 Personen auf etwa 300 anwachsen.
Die sozialräumliche und nachbarschaftliche Untergliederung zeigt dann auf, wo in Graben die Bevölkerung sich wie entwickeln wird, wo mehr alte Menschen sein werden als in den anderen und wo pflegebedürftige Menschen leben. Detailliert konnte Agnethler ebenfalls aufzeigen, wo in der Gemeinde barrierefreie Zugänge bestehen und wo nicht. „Das sind wichtige Daten für das Projekt wie auch die Gemeinde“, unterstrich Agnethler. „Jetzt wissen Sie, wo Probleme bestehen oder entstehen können“
Die Sozialraumanalyse fragte auch nach, wo jemand in der Nachbarschaft bereits helfe oder wer sich vorstellen könne zu helfen. Diese Ergebnisse wurden über die Daten der Hilfebedarfe gelegt. So kann man erkennen, in welcher Nachbarschaft ausreichendes Hilfepotential prinzipiell vorhanden ist und wo nicht. Doch die Analyse bot noch mehr. Betrachtet man die Lebensstiltypologie in den Sozialräumen, findet man sehr schnell heraus, wer wie lebt, ein hohes oder niedriges Monatseinkommen hat oder sich sozial in irgendeiner Art und Weise engagiert, wer konservativ, aufstiegsorientiert oder liberal ist .
Letzter Punkt verdient besonderes Interesse. „Denn ein Konservativer muss und will anders angesprochen werden als ein Liberaler“, erläutert Peter Hell vom Diözesan-Caritasverband. Dies sei von zentraler Bedeutung, wenn man Ehrenamtliche gewinnen will.