Der Grund: in den Monaten mit hohen Zuweisungszahlen konnten vielfach nur die dringendsten Angelegenheiten der Asylsuchenden bearbeitet werden. "Doch viele menschliche Probleme und Fragen blieben auf der Strecke", sagt Sarah Dillmann, Sozialarbeiterin im Beratungsteam Unterallgäu.
Ralf Eger, der Flüchtlingsbeauftragte der Diözese Augsburg, besuchte die Dienststelle der Caritas. Er wollte wissen, wie die Fachleute die aktuelle Entwicklung beurteilen. Dillmann und ihre Kolleginnen wie auch ihr Kollege sind zuständig für fünf Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis Unterallgäu und drei in der Stadt Memmingen. Hinzu kommen 80 bis 90 dezentrale Unterkünfte allein im Landkreis Unterallgäu.
Das Problem fehlender Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs besteht für jene, die in Dörfern unterkamen, nach wie vor. Bridget Juma: "Das ist nicht unproblematisch insbesondere für hochschwangere Frauen. Auch müssen die Flüchtlinge und Asylbewerber Termine im Landratsamt einhalten können." Insbesondere bei Schwangeren hat sich inzwischen ein weiteres Problem in Memmingen eingestellt. Die Frauenärzte haben einen Aufnahmestopp für sich erklärt, nicht weil sie gegen schwangere Flüchtlingsfrauen sind, sondern weil sie ansonsten ihrem medizinischen Auftrag wegen Überlastung nicht mehr gewissenhaft nachkommen könnten. "So ist es immer schwieriger, einen Termin zu vermitteln", berichtet Alexandra Rauh.
Problematisch ist die begrenzte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr in den ländlichen Regionen vor allem für die Personen, welche einen positiven Bescheid im Asylverfahren erhalten haben und an dem vorgeschriebenen Integrationskurs teilnehmen müssen. "Das geht oft nur, weil Ehrenamtliche sich bereit erklären, sie nach Mindelheim zu fahren", berichtet Stephan Haggenmiller. Die Klage der Betroffenen über ihre Abgeschiedenheit, "überall woanders sei es besser", verstehe er deshalb.
Die menschlichen Probleme, Traumatisierungen, psychische Belastungen, aber auch Vormundschaftsfragen bis hin zu Ehescheidungswünschen, treten nun häufiger zutage. Partnerschaften und Familienbindungen können sich im neuen Lebensumfeld in Deutschland verändern; Eheprobleme werden angeschnitten und besprochen, berichtet Elena Klamert. "Wie beraten wir in Trennungsfragen? Die regulären Eheberatungsstellen verweisen oftmals auf die Sprachbarriere", erläutert Stephan Haggenmiller. "Auch spielen die kulturellen Hintergründe und ein starkes Zugehörigkeitsgefühlt im Familienverbund eine Rolle."
Die Asylsozialberatung möchte sich auf das konzentrieren, für was sie zuständig ist: Asylsozialberatung. Doch wird die Beratungsstelle beispielsweise für die Organisation von Übersetzern angefragt. Häufig ist dies für wichtige Termine im Landratsamt der Fall, da hier von Seiten der Behörden bisher keine Strukturen zur Überwindung der Sprachbarriere vorhanden sind. "Das ist aber nicht unsere Aufgabe, wir sind doch kein Übersetzungsbüro", betont Juma. Dolmetscher kosten auch Geld, "bezahlen will sie aber niemand." Gott sei Dank gebe es auch Ehrenamtliche, insbesondere Muttersprachler oder ehemalige Klienten, die sich bereit erklären zu übersetzen. "Das ist aber keine tragfähige Lösung auf Dauer." Nicht immer gelinge es nicht, einen Dolmetscher zu finden. "Und dann scheitern die Termine im Landratsamt", so die Asylsozialberaterin.
Als Flüchtlingsbeauftragter der Diözese und als Ständiger Diakon der katholischen Kirche interessiert Eger die Frage, ob es eine Tendenz besteht, wonach Christen in den Unterkünften unterdrückt würden. Die beruhigende Antwort des Teams lautete: "Nein. Das können wir nicht bestätigen." Wenn Konflikte in den Unterkünften entstehen, dann würden sie sich an Fragen des Zusammenlebens entzünden. "Es geht eigentlich selten um wirklich religiöse Fragen, sondern um die des menschlichen Zusammenlebens."