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Ein Recht auf Schuldnerberatung für alle fordern die Wohlfahrtsverbände bei der bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung. Rainer Bartonitschek vom Diözesan-Caritasverband Paderborn kritisiert, dass, obwohl die Folgen von Ver- und Überschuldung bekannt seien, nicht jeder Ratsuchende eine kostenlose Beratung in Anspruch nehmen könne. (Foto: cpd / Jonas) |
Der Diözesan-Caritasverband Paderborn regt an, über alternative Wege bei der Refinanzierung von Schuldnerberatung nachzudenken. „Gläubiger profitieren erheblich von der Beratungsarbeit der Schuldnerberatungsstellen, tragen aber bisher nicht zu deren Finanzierung bei“, erklärt Rainer Bartonitschek vom Diözesan-Caritasverband. Wenn der Gesetzgeber zum Beispiel im gesetzlichen Pfändungsverfahren (ZPO) zuließe, einen Teil des pfändbaren Betrages als Beratungspauschale den Schuldnerberatungsstellen zur fallbezogenen Schuldenregulierung zur Verfügung zu stellen, wäre das ein erster richtiger Ansatz. Im Jahr 2012 sind allein in Nordrhein-Westfalen bei den Gerichten insgesamt 1.745 517 Mahnverfahren und 791.055 Vollstreckungssachen bearbeitet worden.
Doch selbst eine derartige Regelung würde nur begrenzt helfen, weil sie nur ein einzelner Baustein für eine langfristig abgesicherte Finanzierung von Schuldnerberatung für alle Betroffenen wäre. Ein gesicherter Beratungsdienst sei aber angesichts des Ausmaßes privater Verschuldung quer durch die Gesellschaft notwendiger denn je: Denn nicht alle überschuldeten Personen können sich hierzulande kostenlos durch eine Schuldnerberatungsstelle beraten lassen. Darauf weist vom 10. bis 14. Juni die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatung hin. Seit Jahren kämpfen die Wohlfahrtsverbände gegen diesen Missstand. Selbst das Bundessozialgericht wurde 2010 angerufen.
Die diesjährigen Aktionen stehen unter dem Motto „Recht auf Schuldnerberatung für alle!“ und sind mit der Forderung der Verbände verbunden, eine gesetzlich festgeschriebene Hilfe für alle Personen sicherzustellen, die sich in einer schuldenbedingten Notlage befinden oder denen diese droht. „Hierfür müssen ausreichende Beratungskapazitäten vorgehalten und refinanziert werden, und zwar in erster Linie durch eine ausreichende öffentliche Finanzierung“, betont Rainer Bartonitschek. Ansonsten sei nicht auszuschließen, dass Schuldnerberatung zu einem gewinnbringenden Feld für gewerbliche Schuldenregulierer wird, die mit der Not Geschäfte machen.
In Nordrhein-Westfalen gebe es zwar einen Mix aus Finanzierungen der Kommunalverwaltung, des Landes Nordrhein-Westfalen sowie aus dem Sparkassenfonds, jedoch seien in erheblichem Umfang Eigen- und Kirchensteuermittel erforderlich, um das Beratungsangebot aufrechterhalten zu können. Bartonitschek: „Die Verbände sind hierzu aber nur sehr begrenzt in der Lage.“ Immer häufiger grenzten die öffentlichen Kostenträger den Kreis der Beratungsberechtigten ein. Die Caritas hält es für sehr bedenklich, wenn nur noch Menschen beraten werden dürfen, die im Hartz IV-Bezug stehen und unterstützt daher die Forderungen der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsverbände (AG SGB).
Obwohl die Folgen von Ver- und Überschuldung bekannt sind, könne nicht jeder Ratsuchende eine kostenlose Beratung in Anspruch nehmen. Sowohl bei den Kostenträgern als auch bei den Politikern sei heute aber unstrittig, dass Schuldnerberatung eine effektive Hilfe leistet, um arbeitslosen Menschen wieder den Weg zurück in die Arbeit zu erleichtern bzw. verschuldete Arbeitnehmer zu motivieren, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. „Wenn Menschen keine Chance zur Entschuldung sehen, verlieren sie jede Motivation“, betont Rainer Bartonitschek. Die hohe Beratungskompetenz und das Verhandlungsgeschick der örtlichen Berater(innen) könne hier viel zur Motivation und zum Arbeitsplatzerhalt beitragen. „Eine rechtzeitige Schuldnerberatung, die nicht erst dann aktiv wird, wenn das Kind ganz in den Brunnen gefallen ist, wirkt im richtigen Moment und nicht erst dann, wenn nur noch die Scherben zusammen zu fegen sind.“
Weitere Infos:
Ansprechpartner beim Diözesan-Caritasverband: Rainer Bartonitschek, Tel. 05251 209-204
Schuldnerberatungsstellen der Caritas im Erzbistum Paderborn: http://www.caritas-paderborn.de/adressen/1138
Infos zur Aktionswoche: www.aktionswoche-schuldnerberatung.de