Diese Frauen und Männer sitzen und diskutieren stunden- und tagelang über Texte aus der Alltags- und Schriftsprache, aus der Wissenschaft und aus den staatlichen und kommunalen Behörden. "Diese Arbeit ist weit mehr als nur Interesse, Begeisterung und Engagement. Sie verdient eine berufliche Anerkennung." Diesem Ziel ist man nun in Deutschland einen großen Schritt näher gekommen.
Die CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH - Ressort Behindertenhilfe in Augsburg wird in den kommenden vier Jahren das Berufsbild "Fachkraft für Leichte Sprache" entwickeln, entfalten, die Ausbildungsinhalte in Zusammenarbeit mit einem unabhängigen staatlich anerkannten Bildungsträger erarbeiten und als erste die entsprechende Ausbildung in Augsburg durchführen. "Es freut uns und wir wissen um unsere Verantwortung, dass wir die Idee zu dieser Fachkraftausbildung des Netzwerkes Leichte Sprache e.V. hier hin Augsburg als Pilotprojekt für ganz Deutschland umsetzen können", sagt Christine Borucker, Leiterin des Fachzentrums für Leichte Sprache der CAB in Augsburg.
Das Projekt wird vier Jahre laufen. Offizieller Beginn ist am 1. Januar 2018. Insgesamt werden elf Personen darin beschäftigt sein - eine Leitungskraft und zehn ProjektmitarbeiterInnen. Zwei davon sind Menschen mit Lernschwierigkeiten. Da Bundesmittel für das Projekt zur Verfügung gestellt werden, wird es nicht nur ein Büro in Augsburg, sondern auch eines in Berlin geben. Die CAB hat dabei die Rolle des Trägers und damit der Leitung. Das Netzwerk Leichte Sprache e.V., auf das die Idee zu dieser Ausbildung zurückgeht, ist für die bundesweite Vernetzung verantwortlich. 12 Personen mit Lernschwierigkeiten werden an der ersten Ausbildung zur Fachkraft für Leichte Sprache teilnehmen und danach als erste in Deutschland diesen Ausbildungsabschluss in den Händen halten.
Die UN-Behindertenrechtskonvention, die auch für die Bundesrepublik Deutschland gilt, fordert die Inklusion der Menschen mit Behinderung ein. Die Leichte Sprache ist dafür ein wesentliches Mittel. Internetseiten werden deshalb mehr und mehr auch in Leichte Sprache übersetzt. So hat der Bund ein eigenes Interesse an diesem Projekt. 2,6 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Sommer für dieses Projekt aus gutem Grund bewilligt. Die Mittel stammen aus dem "Ausgleichsfonds für überregionale Vorhaben zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben". Die Gesamtkosten des Projektes, so der heutige Plan, hat die CAB auf 2,8 Millionen Euro veranschlagt.
Das Projekt, eine eigenständige Ausbildung für Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt fest zu installieren, weckt großes Interesse. Das zeigt sich schon heute an der noch nicht vollständigen Liste der Beiratsmitglieder, die das Projekt begleiten werden. Der Deutsche Caritasverband hat sich bereits angemeldet. Die Leibniz Universität Hannover ist darunter zu finden wie auch die Agentur für Arbeit und das Bundesinstitut für Berufsbildung. Gewerkschaften sind angefragt.
In den ersten 18 bis 24 Monaten wird gemeinsam mit Betroffenen im inklusiven Sinn das gesamte Ausbildungsprogramm entwickelt. Inhalte werden definiert werden, die dann einheitlich geprüft werden können. Noch steht der unabhängige staatlich anerkannte Bildungsträger nicht fest. "Wir führen noch Gespräche", sagt Denise Wiedemann, die für die CAB an diesem Projekt beteiligt ist. Fakt aber ist, dieser wird die Ausbildungsinhalte Politik, Soziologie, Recht, Kommunikations- und Beratungstechniken und Computerkenntnisse vermitteln. Die CAB wird mit seinem Fachzentrum für Leichte Sprache als zweiter Bildungsträger die diese Sprachform betreffenden Lerninhalte vermitteln. 12 Monate soll die Ausbildung schließlich dauern. Diese wird nach den Vorarbeiten des Projektes im dritten Jahr der Laufzeit des Projektes erfolgen. Im vierten Jahr erfolgt dann mit allen Partnern die Auswertung und Validierung der Ergebnisse. "Unser Ziel ist es ja, dass die Ausbildung dann von allen Seiten anerkannt und in ganz Deutschland durchgeführt werden kann", betont Borucker.
Hat das Projekt Erfolg, dann werden sich für diese Fachkräfte für Leichte Sprache interessante und abwechslungsreiche Arbeitsfelder eröffnen. Vielleicht wird es danach in Behörden, Ämtern, Ministerien, Behindertenbeiräten, Wohlfahrtsverbänden und deren Einrichtungen, auch in Büros für Leichte Sprache gang und gebe sein, dass sie Fachkräfte für Leichte Sprache in einem sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnis wie im ersten Arbeitsmarkt üblich zu ihren Mitarbeitern zählen werden.