Migrationsberatung der Caritas trotzt vielsprachig am Telefon den besonderen Schwierigkeiten - Flüchtlinge mit Traumata in besonders schwieriger Lage
Augsburg, 06.05.2020 (pca). Die ersten Opfer einer Krise sind immer die Schwächsten. Die, die keine Zeit oder Chancen hatten, sich für diese Krise zu wappnen. Diese Erfahrung machen derzeit auch die Beraterinnen der Flüchtlings- , Asyl- und Migrationsberatung der Caritas im Bistum Augsburg. Suchten Flüchtlinge das Beratungsbüro in ihrer Unterkunft einfach auf, so treffen sie dort niemanden an. Sie müssen anrufen oder eine E-Mail schreiben. Ohne deutsche Sprachkenntnisse ist das nicht einfach. Anerkannte Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund, die sich mit den behördlichen Anforderungen wegen bestehende Sprachschwierigkeiten schwer tun, können ihre Papiere nicht mehr in die Beratungsstunde zur Abstimmung mitbringen. Online-Downloads der Behörden sind ihnen vielfach verwehrt, besitzen viele unter ihnen doch keinen Zugang ins Internet, erst recht nicht einen Drucker. Psychisch erkrankten Flüchtlinge und Asylbewerbern sind Therapien verwehrt. Eine besonders schlimme Situation für diese Menschen, die mit schweren Traumata nach Deutschland kamen.
Die Beraterinnen und Berater geben ihr Bestes. "Ein ‚Geht nicht‘, gibt es bei uns nicht", sagt Lili Martel. Sie arbeitet im Bereich der Migrationsberatung. Da geht es um Frauen und Männer aus verschiedenen Ländern, die anerkannt sind und zum Teil schon länger in Deutschland leben. Dazu gehören auch Aussiedler, die aufgrund ihrer deutschen Wurzeln automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, aber Deutsch doch nicht als Muttersprache beherrschen. Martel, ihre Kollegin Emanuela Pera wie auch alle anderen Kolleginnen und Kollegen beraten in Russisch, Italienisch, Rumänisch, Französisch, Englisch und auch Arabisch. Sprachlich ist das Referat der Caritas breit aufgestellt.
Die Klientinnen und Klienten haben alle gemeinsam, dass ihre soziale Lage problematisch ist. Martel berichtet über einen nicht-deutschen EU-Bürger, der im Augsburger Landkreis wegen der Corona-Krise in Kurzarbeit geschickt wurde. "Damit erhält er so wenig, dass er ergänzende Leistungen benötigt", so Martel. "Er kann die Miete nicht bezahlen, Kredite, die er wegen einer dringenden Anschaffung aufnehmen musste, nicht bedienen. Da kommt einiges zusammen." Sie und ihre Kollegin Pera loben dabei das Job-Center, an das die Anträge zur Auszahlung der Ergänzungsleistungen gestellt werden. "Es geht jetzt sehr schnell im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Pandemie."
Viele dieser Menschen leben ohnehin ständig an einer finanziellen Belastungsgrenze, sagt Pera. "Jetzt geraten viele in Panik." Sie beobachtet auch, dass sich jetzt viele Frauen und Männer bei der Caritas-Beratung melden, "die wir zuvor noch nie gesehen haben". "Da wird es auch für uns am Telefon schwierig. Sie sind dann zumeist sehr aufgewühlt. Man merkt ihnen ihre Verzweiflung an. Die ersten zehn Minuten unseres Gespräches dienen allein dazu, diese Menschen zunächst einmal wieder etwas zu beruhigen."
Ist das erreicht, braucht es zuweilen sehr lange, bis geklärt ist, wo man im Internet welches Dokument findet und herunterladen kann. "Manche haben auch keinen Zugang, andere wiederum keinen Drucker", erzählt Martel. Da hat sie dies übernommen und die Papiere für sie ausgedruckt. Dann schickte sie sie per Post zu den Klienten nach Hause.
In den Unterkünften für Flüchtlings- und Asylbewerber mussten die Beratungsbüros geschlossen werden. Matthias Kempter ist normalerweise dort in der Asylunterkünften in Königsbrunn, Schwabmünchen und Bobingen zu festen Terminen anzutreffen. "Die Menschen kommen dann spontan zu mir, wenn sie ein Problem haben", erzählt er. "Jetzt aber können Sie mich nur am Telefon erreichen." Das gehe auch, "aber es dauert alles viel länger auch wegen der Sprachschwierigkeiten".
Der E-Mail-Kontakt gestaltet sich nicht so einfach. Verständnisschwierigkeiten führten anfänglich zu falschen Schreibweisen. E-Mails kamen so nie an. Da hatte das Team der Flüchtlingsberatung der Caritas eine besondere Idee. Sie ließen ihre E-Mail-Adressen in QR-Codes, in zweidimensionale aus Punkten zu einem Quadrat zusammengesetzte elektronisch lesbare Codes, umwandeln. Seitdem funktioniert es besser.
Ein Problem bleibt aber bestehen. Wenn Kempter wie seine Kolleginnen und Kollegen in den Unterkünften in den Beratungsbüros waren und im Haus umher gingen, sahen sie die Bewohnerinnen und Bewohner und wurden auch so aufmerksam darauf, wer welche Probleme haben könnte. "Nun aber, weiß ich nicht, wer runter fällt, wo sich Probleme unnötiger Weise auftürmen, wenn ich diesen Menschen nicht sehe."