„Weitergesagt wurde es jetzt dem Bundestagsmitglied Stephan Stracke, stellvertretender Vorsitzender, sowie gesundheits- und familienpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, aus dem Wahlkreis Kaufbeuren. Er ließ sich im Grabener Rathaus ausführlich dieses Projekt von den Verantwortlichen erklären und kam zum Schluss: „Ihr seid top! Dieses Projekt zeichnet Euch aus!“
„Wir – DAHEIM in Graben“ ist ein Beispiel dafür, so Diözesan-Caritasdirektor Dr. Andreas Magg, wie man in einer Gemeinde, insbesondere einer ländlichen Gemeinde, mit dem demografischen Wandel umgehen kann. „Demografischer Wandel hat nicht nur etwas mit dem Älter werden zu tun“, hob Magg hervor. Es verändere sich die komplette Gesellschaft, die Jugend wachse virtuell auf, Vereine mit langer Tradition lösen sich auf, Familienbilder ändern sich. Wie damit umgehen?
Grabens Bürgermeister Andreas Scharf berichtet von einem Fehlschluss, der schließlich zur Initialzündung für dieses Projekt werden sollte: Die Gemeinde wollte ein „Betreutes Wohnen“ einrichten, musste aber feststellen, dass nur zwei Bürger ein echtes Interesse an diesem Angebot gehabt hätten. „Was brauchen die Bürgerinnen und Bürger wirklich in unserer Gemeinde?“, war die Frage. Und es weitete sich der Blick dahin gehend, dass nicht nur älteren Menschen, sondern jedem, ganz gleich welchen Alters und in welcher Lebenssituation, eine Option gegeben werden soll, „daheim“ zu leben – und das möglichst lange und zufrieden. Caritas-Referatsleiter Peter Hell: „Dort wo der Mensch sich bewegt, wo er ist, hat er das selbstverständliche Recht, mit dabei zu sein.“ Teilhabe sei der Schlüssel zur Inklusion.
Das Projekt war ins Rollen geraten. Der Diözesan-Caritasverband fand Mitstreiter: die Gemeinde Graben, den Landkreis Augsburg und den Lech-Wertach-e.V.. Auch die Finanzierung der Gesamtkosten von 350 000 Euro in den drei Jahren des Projektzeitraums konnte auf mehrere Säulen gestellt werden. Seit April 2013 führen Vera Lachenmaier (Caritas) und Karina Pade (Gemeinde Graben) in einem eigens geschaffenen, im Rathaus Graben angesiedelten Büro „Inklusives Graben“ Bürger und bereits im Ort tätige Einrichtungen, Vereine und soziale Dienstleister zusammen.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von den Lehrstühlen für Humangeographie und Geo-Informatik sowie der Soziologie der Universität Augsburg. Die Studenten hatten eine große Bürgerbefragung unternommen – von 1800 Haushalten in Graben (bei knapp 4000 Einwohnern) kamen 500 Fragebögen zurück. Bürgermeister Scharf räumte ein: „Uns Politikern wurde klar, was unseren Leuten in der Gemeinde wirklich wichtig ist – das waren nicht unbedingt die Dinge, die uns Politiker wichtig erschienen.“ Es formte sich eine Zukunftswerkstatt, es bildete sich eine Themengruppe, die Bürger stellten eine Info-Broschüre über all das zusammen, was es in ihrem Ort schon gibt, bis hin zu Geschäften, die frei Haus liefern oder zu Friseuren, die ins Haus kommen – was nicht mehr so mobilen Menschen entgegenkommen könnte.
Eine der größten Früchte des Projekts dürfte der „Helferpool“ sein, der derzeit auf 41 ehrenamtliche Helfer für die kleinen Dinge des Alltags zurückgreifen kann: Da gibt es Freiwillige, die im Sinne der Nachbarschaftshilfe für einen Mitbürger einen Fahrkartenschalter fehlerfrei bedienen können. „Leihgroßeltern“ passen mal auf die Kinder auf; einmal die Woche bringt ein Fahrer jemanden zum Supermarkt in die Nachbargemeinde; Tierfreunde versorgen kurzfristig mal die Katze, wenn ihre Besitzerin für ein paar Tage ins Krankenhaus muss; Zeitschenker backen Plätzchen.
In einem weiteren Schritt will das Projekt schauen, wie sich diese ehrenamtlichen Dienste mit professionellen Leistungen vernetzen lassen. Kurz und gut – Peter Hell sagte klar: „Wir müssen künftig mehr von den Menschen her denken, weniger von den Systemen.“ Der Politiker Stephan Stracke war ganz angetan von diesem Projekt. Er hörte aufmerksam zu, stellte Fragen, kam mit den Beteiligten ins Gespräch und versicherte, dass er dafür auch in der Politik werben werde.
Das Thema Inklusion – demographischer Wandel, vor allem im ländlichen Raum, wird auch bei der Caritas-Kampagne 2015 im Fokus sein. Sie steht unter dem Motto „Stadt, Land, Zukunft“.