Für die in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen e.V. (LAG-FW) zusammengeschlossenen Verbände und Träger ist es vorrangig, die soziale Infrastruktur zu erhalten und auszubauen. Die Konsolidierung der bremischen Haushalte begleitet und belastet die Arbeit ihrer Einrichtungen und Dienste seit mehr als 20 Jahren.
"Die Entgelte für soziale Dienstleistungen sind real gesunken, während die Kosten erheblich gestiegen sind", stellt LAG-FW-Vorstandssprecher Arnold Knigge fest. Der verschärfte Konsolidierungsdruck führe dazu, dass einzelne Einrichtungen und Dienste nur mit erheblichen Qualitätseinbußen und mit deutlich reduziertem Angebot betrieben werden könnten. Knigge: "Diese Konsequenz lehnen wir als LAG-FW ab." Die LAG-Mitglieder haben klare und eindeutige Erwartungen an die Politik in den kommenden Jahren in den wesentlichen Bereichen, in denen ihre Organisationen und Einrichtungen aktiv sind.
2100 neue KiTa-Plätze bis 2019
Zu den drängenden aktuellen Problemen, die sowohl den Trägern als auch den Eltern erhebliche Sorgen bereiten, gehört der Ausbau der Kindertagesbetreuung, besonders in Gebieten mit benachteiligten Bevölkerungsschichten. Es könnten - dem Bedarf entsprechend - sehr wohl neue KiTas gebaut werden, berichtet Arnold Knigge. Das sei aber nur zu realisieren, wenn den Trägern der KiTas mehr Eigenverantwortung bei der Schaffung neuer Plätze und bei der Ausgestaltung des Betreuungsangebotes eingeräumt würden. Das bisherige zentralistische Vorgehen der Verwaltung sei nicht nur viel zu aufwändig und somit zu teuer, es führe auch immer wieder zu schmerzlichen Lücken bei den Angeboten, beklagt die LAG-FW. Notwendig seien mehr Flexibilität und Dezentralität, um mehr bedarfsgerechte Angebote mit höherer Qualität zu schaffen - besonders in der Grundversorgung sozial benachteiligter Stadtteile.
Knigge: "Es müssen neue Wege beschritten werden, um das bestehende System zukunftsfähig zu machen - zum Beispiel nach dem Hamburger Modell. Die LAG-FW erwartet, dass die Politik nach der Wahl einen fachlichen Dialog aller Beteiligten 'auf Augenhöhe' eröffnet, der in einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens über neue Wege der Planung und Steuerung von Kindergartenplätzen mündet." Die LAG-FW will hierüber in naher Zukunft Rahmenvereinbarungen mit dem Land Bremen in einer Landesvertragskommission abzuschließen.
"Politik gegen Armut darf keine Symbolpolitik sein"
Bremen weist im neuesten Armuts- und Reichtumsbericht mit 23,1 % die höchste Armutsgefährdungsquote in Deutschland auf. Alleinerziehende mit Kindern sind demnach besonders gefährdet. "Wenn man frühzeitig etwas gegen Armut tun will, müssen Maßnahmen zur frühkindlichen Bildung, zur Sprachförderung und zum ganztägigen Lernen im Vordergrund stehen - besonders in sozial belasteten Stadtteilen", fordert Manfred Meyer, Landespfarrer der Diakonie Bremen. Denn Bildungspolitik sei die beste Sozialpolitik. Daneben seien größere Anstrengungen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum notwendig.
Vom Land Bremen und den Jobcentern erwarte die LAG-FW, dass Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose auf einem sozialen Arbeitsmarkt stärker gefördert werden. Dadurch lasse sich beispielsweise die nachbarschaftliche Infrastruktur verbessern. Bestehende Arbeitsgelegenheiten in Stadtteilcafés, der Nachbarschaftshilfe, bei handwerklich tätigen Initiativen oder in sozialen Kaufhäusern seien abzusichern. Pastor Meyer: "Politik gegen Armut darf keine Symbolpolitik sein. Soziale Bündnisse müssen auch handeln und konkrete Ergebnisse vorweisen - über die jetzige Legislaturperiode hinaus."
Neues Rahmenkonzept für die offene Kinder- und Jugendarbeit.
In der offenen Kinder- und Jugendarbeit hat es seit Jahren keine Anpassung der Fördermittel an die Kostensteigerungen bei Betriebs- und Personalkosten mehr gegeben, beklagen die Wohlfahrtsverbände. Dies habe u.a. zu einer ständigen Reduzierung der Angebote geführt. Neben der wichtigen Jugendverbandsarbeit gehe es darum, die Entwicklung junger Menschen in offenen Einrichtungen zu fördern.
Für die LAG-FW erwartet Arnold Knigge die Umsetzung des neuen Rahmenkonzeptes zur Weiterentwicklung der Bremer Kinder- und Jugendförderung, das den gesellschaftlichen und veränderten Anforderungen von Jugendlichen an die Jugendarbeit entspreche und die notwendigen Fördermittel bereitstelle. Nach wie vor fehlten dafür jedoch Stadtteilkonzepte, die auf die konkrete Situation der Jugendlichen vor Ort eingehen, ein Mangel, der zügig behoben werden müsse. "In manchen Stadtteilen", sagt Knigge, "machen zum Beispiel Sportvereine eine sehr gute Jugendarbeit. Das sollte einbezogen werden. Stadtzentrale Angebote bleiben allerdings ebenso unverzichtbar und sind künftig zusätzlich finanziell und organisatorisch außerhalb der Stadtteilbudgets darzustellen."
Pflege - ein großes Zukunftsthema
In der Pflege und bei den Angeboten für ältere Menschen spielen sowohl der Fachkräftemangel als auch die tarifliche Situation der Pflegekräfte eine große Rolle. Die LAG-FW betrachtet die Pflege als eines der großen Zukunftsthemen, denn der Anteil Älterer in der Gesellschaft wächst. Es gibt immer mehr hochbetagte und demenziell erkrankte Menschen. Sie benötigen für ein selbstbestimmtes Leben entsprechend mehr Dienste und Leistungen zur Versorgung und Pflege. "Es ist wichtig, dass ältere Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können. Ein zentraler Bestandteil dafür sind die Dienstleistungszentren (DLZ) der Wohlfahrtsverbände. Sie bieten in den Stadtteilen umfassende Informations- und Beratungsdienste an, organisieren Netzwerke im Quartier und leisten Hilfestellung über Nachbarschaftshelferinnen", erklärt LAG-FW-Vorstandsmitglied Pastor Meyer.
Die Wohlfahrtsverbände treten daher dafür ein, die DLZs zusammen mit anderen Angeboten der Altenhilfe zu wohnortnahen Quartierszentren weiter zu entwickeln und zu verknüpfen. Das setze aber verlässliche und ausreichende Finanzierungsstrukturen voraus, die den Anforderungen gerecht würden, betont Meyer. Zum anderen müssten die heutigen Senioren-Begegnungsstätten zu professionellen Fach- und Servicezentren im vorpflegerischen Feld erweitert werden. Dafür sei jedoch die bestehende personelle und finanzielle Ausstattung völlig unzureichend. Sie müsse unbedingt verbessert werden.
Um dem bestehenden Fachkräftemangel in der ambulanten und der stationären Altenpflege entgegenzuwirken, muss dieser Bereich laut LAG-FW für Arbeitnehmer deutlich attraktiver werden. Deshalb setzen sich die Dienstleistungsanbieter der Freien Wohlfahrtspflege für einen einheitlichen Tarifvertrag in der Pflege ein. LAG-Vorstandssprecher Arnold Knigge erwartet den Abschluss für das Land Bremen spätestens Anfang nächsten Jahres und von den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern, dass sie das mittragen. Nur ein Bündel von Maßnahmen könne sicherstellen, dass in Zukunft ausreichend Fachkräfte in der Pflege zur Verfügung stünden. Dazu gehöre auch eine weitere Aufstockung der Haushaltsmittel des Landes, um mehr Ausbildung fördern zu können, der Ausbau der beruflichen Qualifizierung von Arbeitslosen in den Berufen der Altenpflege, die Anrechnung bzw. Anerkennung im Ausland erworbener Ausbildungen auf die Pflegefachausbildung sowie der Abbau überbordender bürokratischer Hürden.
Der LAG-FW gehören als Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Land Bremen die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz, das Diakonische Werk, die Jüdische Gemeinde, der Paritätische sowie die Bremerhavener Volkshilfe an.
Kontakt (V.i.S.d.P.):
Sylvia Gerking (LAG-FW Geschäftsleitung)
Bahnhofstr.32
28195 Bremen
Telefon: 0421-14 62 94 41
Email: s.gerking@sozialag.de