Caritas-Jubiläum Anlass für Aktion der Kindertageseinrichtung St. Georg
Stätzling/Friedberg/Augsburg, 21.06.2021 (pca). Endlich durfte die kleine Andrea (4 Jahre) wieder in ihren Kindergarten. Sie war lebendig wie schon vor der Pandemie, den einzelnen Schließungsphasen des Kindergartens und vor den Sonderbelastungen mit all den Hygienevorschriften. Doch da passierte etwas, das Marisa Abbrancati, der Leiterin der katholischen Kindertageseinrichtung St. Georg in Stätzling bei Friedberg, schlagartig deutlich machte, wie stark sich die Dauerbelastung bei den Kindern niederschlägt. Auf der Schulter des vierjährigen Mädchens, die eigentlich anders heißt, setzte sich eine Fliege. Da sprang Andrea plötzlich auf und schrie wie wild. Das sei kein Einzelfall, so Abbrancati. Das könne sie bei vielen der 100 Kinder beobachten, die die Kindertageseinrichtung in Stätzling besuchen. "Alle Kinder reagieren sehr schnell und sehr leicht emotional. Nach 16 Monaten Pandemie-Belastungen ist das kein Wunder. Das verschwindet nicht so schnell. Das bleibt uns erhalten."
Abbrancati ist es wichtig, den Gefühlen der Kinder in der Einrichtung deshalb einen besonderen Raum geben. Als der Caritasverband für die Diözese Augsburg vor Monaten Kindertageseinrichtungen einlud, sein 100-jähriges Jubiläum unter seinem Motto "Mensch sein für Menschen" mitzufeiern, dachte sie spontan an eine Kunstaktion. "Kreativität spielt bei uns schon immer eine große Rolle", sagt sie. So hat sie alle 100 Familien und deren Kindergartenkinder eingeladen, zuhause mit ihren Kindern unter dem Leitgedanken "100 Gefühle, 100 Gesichter, 100 Gedanken" ihre in der Pandemie durchlebten Gefühle kreativ darzustellen - mit Farbe, mit Papier, Ton oder anderen Bastelstoffen. Alle Kunstwerke wurden nun im Garten der Kindertageseinrichtung ausgestellt und alle wurden auch zum Verkauf angeboten. Alle Eltern waren zu dieser Vernissage eingeladen.
Eine Vielzahl von kleinen Kunstwerken entstanden. Freude, Wut, Aggression, Hoffnung, Mut, Freundschaft, Träume und Liebe fanden einen bunten vielfältigen Ausdruck in Malereien, Papierschnitzelarbeiten, kreativen Glasbastelarbeiten, bunten Tonhäuschen und auch selbst gebastelten Traumfängern. Farbe wurde auf eine Leinwand mit kräftigem Schwung gespritzt oder geschmiert, um aufgestaute Wut abzubauen, Papier wurde in Schnipsel zerrissen, damit die Aggression einen kreativen Weg fand, nicht kaputt zu machen, sondern Neues zu gestalten. Auch an "Hoffnungsgläser" wurde gedacht.
Ein Kunstwerk stach heraus. "Ich war gerade um neun Uhr gekommen, und dieses eine Kunstwerk war schon verkauft", berichtet Abbrancati. Das Kunstwerk besteht aus zwei gut einen Meter hohen Leinwänden. Je eines zeigt eine Hälfte eines Herzens. Zwei Buben, deren Vater im Januar dieses Jahres nach langer schwerer Krankheit verstarb, hatten unzählige Schmetterlinge aus Papier mit akribischer Genauigkeit nebeneinander geklebt. Nur am linken oberen Rand erlauben sich die "Schmetterlinge" wegzufliegen. Besucher*innen, die von der Geschichte erfuhren, zeigten sich zutiefst beeindruckt von dem Kunstwerk, weil die Form des Herzens zeigte, wie sehr die Buben ihren Papa gerne hatten, weil die Wahl der Schmetterlinge ahnen ließ, wie die beiden Buben hoffen, dass ihre Zuneigung, ihre Liebe und Erinnerung an ihren Papa nicht an einen Ort gebunden ist.
Abbrancati freute sich über die Vernissage. "Kreativität von Kindern kann nicht falsch sein", sagt sie. Deshalb zeigte sie sich am Ende der Ausstellung in der Kindertageseinrichtung richtig froh, dass so viele Kinder mit ihren Familien ihren Gefühlen in ihren Kunstwerken freien Lauf gelassen hatten und den Erzieherinnen einen Einblick in ihre Gefühlswelt schenkten.