Domkapitular Josef Leenders, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese MünsterLisa Uekötter
Damit widerspricht er dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Der Ärztevertreter hatte die Anfang des Jahres in Kraft getretene Krankenhausreform kritisiert und dafür plädiert, aus seiner Sicht nicht notwendige Krankenhausstrukturen durch kostengünstigere ambulante Versorgung zu ersetzen. Die Krankenhausreform löse kein Problem der Klinikstrukturen, sondern sorge vielmehr dafür, „dass einige für die Patientenversorgung unnötige Krankenhäuser weiter durchgeschleppt würden“, so Gassen.
Spuren des demographischen Wandels sind schon im Gesundheitssystem angekommen. Niedergelassene Ärzte würden schwerer Nachfolger für ihre Praxen finden, weiß Leenders. Die Folge: Wege zu den Fachärzten werden länger. „Deswegen entscheiden sich Menschen in Not dafür, direkt das Krankenhaus anzusteuern“, sagt Leenders: „Anstatt erst den Umweg zum Notfallarzt und anschließend noch mal eine Stunde zur Notfallapotheke zu fahren“. Einige Patienten seien auch nicht mehr in der Lage, einen längeren Weg auf sich zu nehmen oder auf den nächsten freien Termin zu warten. Derzeit sind an 60 katholischen Krankenhaus-Standorten in der Diözese Münster rund 25.000 Beschäftigte für die Gesundheit der Patienten im Einsatz.
Auslöser für die Diskussion ist die Studie des IGES Instituts im Auftrag des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung. Danach soll es im Jahr rund 3,5 Millionen vermeidbare Behandlungsfälle in der Notaufnahme geben. Also solche Patienten, denen eben so gut von einem niedergelassenen Arzt geholfen werden könnte. Die Kosten für die genannten Behandlungen beliefen sich auf fünf Milliarden Euro.
Diese Summe wäre nach Meinung der KBV vermeidbar, wenn die Krankenhäuser die Patienten direkt an die niedergelassenen Haus- und Fachärzte verweisen würden. Josef Leenders appelliert dagegen, die Patientensicht nicht außer Acht zu lassen. Menschen in gesundheitlichen Notsituationen seien auf ihre Krankenhäuser in unmittelbarer Nähe angewiesen. Er sieht in den Aussagen von Gassen eher wirtschaftliche Interessen der niedergelassenen Ärzte, die um ihre Patienten bangen.