Günzburg,
06.12.2012 (
pca
). In der Industrie geht es zuweilen
hart zu, insbesondere wenn nur Männer zusammenarbeiten. Im Handwerk und im
Gaststättenbereich muss schnell gearbeitet werden, denn „Zeit ist ja
bekanntlich Geld“. So folgt der Erste Arbeitsmarkt strengen Regeln:
Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, höchstes Engagement. Und dennoch gibt die
Politik spätestens seit der Unterzeichnung der UN-Behindertenkonvention durch
den Deutschen Bundestag im Jahr 2009 das Ziel vor, so viele Menschen mit
geistigen Behinderungen wie möglich in den nicht einfachen ersten Arbeitsmarkt
zu integrieren. Der Bezirk Schwaben unterstützt nicht nur diese Zielvorgabe, er
fordert auch die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen dazu auf, sich
selbst für die Umsetzung
zu engagieren,
wie es die Pressereferentin des Bezirks, Birgit Böllinger, unterstreicht.
„Ob
das gut gehen kann“, hatte sich nicht nur Siegfried
Weiss
gefragt. So hatte der Geschäftsführer der Firma
Intinga
für galvanische Verzinkung im Bibertal bei Günzburg „gemischte Gefühle“, als
die
Albertus-Magnus
Werkstätten für Menschen mit
Behinderungen der Caritas ihn fragten, ob er denn einen jungen Mann aus den
Werkstätten bei sich für ein Praktikum unterbringen könnte. Er hat sich auf das
Abenteuer eingelassen und muss heute gestehen: „Ich bin wirklich positiv
überrascht.“
Weiss
macht
die gleichen Erfahrungen wie auch Cornelia Michaela
Pühringer
,
Inhaberin des
Cafés im Günzburger Kreiskrankenhaus, und Manuela Klotz, zweite Hand in der
Gärtnerei Eber. Bei
Intinga
macht Christian Lang (21)
ein Praktikum, im Café ist Heike
Steinmayer
(34) von
9 bis 13 Uhr fest angestellt. In der Gärtnerei Eber hat
Fiorello
Striano
(49) einen festen Außen-Arbeitsplatz gefunden.
Ihre „Chefs“ sagen unisono, ohne sich abgestimmt zu haben: „Sie sind nicht die
schnellsten, aber sie sind zuverlässig, korrekt, ordentlich und stets
freundlich.“
Nicht
jeder in den Werkstätten ist für den Außen-Arbeitsplatz geeignet. Das
unterstreicht Jürgen Kühnl, der Leiter der
Albertus-Magnus-Werkstätten
.
„Und bevor wir es auch mit jemanden versuchen, wird dies mit den möglichen
betreuten
MitarbeiterInnen
, den Eltern, den Betreuern
gemeinsam geprüft, „welche Fähigkeiten und welche Schwächen vorliegen und
welcher Außen-Arbeitsplatz denn am besten für ihn geeignet sein könnte“,
erläutert Christine Keis vom Sozialdienst der Werkstätten. Am Anfang stünden
nicht nur die Zweifel der möglichen Kandidaten selbst, „ob sie das können“.
Auch Eltern tragen manchmal ihre Zweifel vor.
Wenn
man dann einen Praktikumsplatz zum Einstieg in ein mögliches Arbeitsleben
gefunden hat, lassen der Sozialdienst und die Gruppenleiter der Werkstätten die
neuen „Arbeitgeber“ nicht mit dem Betreuten allein. Die
Mitarbeiter der
WfbM
gehen mit in den Betrieb und helfen dabei, die Arbeitsabläufe zu erklären. Auch
in allen weiteren Wochen schauen Keis oder ein Gruppenleiter mindestens einmal
in der Woche nach, wie es im Betrieb läuft. Der Betreute bleibt auch bei einem
festen Arbeitsplatz ohnehin unter der sozialrechtlichen und pädagogischen Obhut
der Werkstätten.
Geschäftsführer
Weiss
hat in seiner Firma Christian Lang von Anfang
an zwei Paten schichtübergreifend zur Seite gestellt, die ihm die
Arbeitsabläufe und Handgriffe in der galvanischen Verzinkung erklärten. Zwei
deshalb, weil die Firma
Intinga
rund um die Uhr
arbeitet, Lang hingegen nur von 7 bis 15.30 Uhr.
Weiss
ist heute noch verwundert über seine Mitarbeiter, wie herzlich sie den jungen
Mann aus den Werkstätten aufgenommen haben. „Ich habe noch nie ein blödes Wort
gegenüber Christian gehört“, sagt er.
Die
Chefin des Cafés im Krankenhaus
Pühringer
ist von
Heike
Steinmayers
Freundlichkeit und Ordentlichkeit
begeistert. „Es gehört für mich mit zum Allerwichtigsten, dass man im Team
freundlich miteinander umgeht“, sagt sie. Und jeder müsse bei ihr alles machen,
sei es Putzen, Einsortieren der Ware, Vorbereiten der Speisen oder die
Bedienung selbst. „Nur die Kasse macht sie nicht.“ Heike
Steinmayer
tut sich schwer mit Zahlen. „Auch wenn es sehr hektisch zugeht, ziehe ich sie
zurück“, erzählt
Pühringer
. Dass eine Chefin auf eine
schwächere Mitarbeiterin derart Rücksicht nimmt, begeistert Kühnl. „Das ist ein
hohes Gut.“
Lob
für seine Kolleginnen und Kollegen wie auch seine Chefin der Gärtnere Eber
spricht
Striano
Fiarello
aus. „Ich fühl mich hier pudelwohl“, sagt er und spricht Heike
Steinmayer
und Christian Lang aus dem Herzen, die ebenso
begeistert sind von ihrem Arbeitsumfeld. Wer hat auch so einen Mitarbeiter wie
Striano
. „Was die Chefin sagt, das mache ich“, strahlt er
über das ganze Gesicht und zupft vergilbte Blätter bei mehreren tausend noch
jungen Primeln heraus. „Er ist sehr zuverlässig und sehr ordentlich“, lobt
hingegen Manuela Klotz, die zweite Hand der Chefin,
Striano
,
den alle nur
Fio
rufen. „Und wenn er etwas nicht weiß
oder ihm unklar ist, dann fragt er nach“, sagt sie. So haben beide Seiten
voneinander gewonnen, einen zuverlässigen, stets freundlichen Mitarbeiter, und
er einen Arbeitsplatz, der ihn glücklich macht.
Info und Kontakt:
Gibt
ein Unternehmer einem Menschen mit (geistiger) Behinderung bei sich im Betrieb die
Chance auf einer festen Arbeitsstelle mitzuarbeiten, so bleiben dennoch die
Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (
WfbM
) der
nominelle Arbeitgeber mit allen Verpflichtungen. Der Mensch mit Behinderung
gehört also weiterhin zu den Werkstätten und wird von dort auch betreut. Auch
kann er an allen Begleitprogrammen der
WfbM
teillnehmen
. Allerdings stellen die
WfbM
dem Arbeitgeber, für den die betreute Person arbeitet einen miteinander
abgestimmten Lohn für die Arbeitsleistung in Rechnung. Die gesetzlichen
Vorgaben gewährleisten, dass die
WfbM
keinen
zusätzlichen Gewinn aus der Arbeit des Betreuten auf einem ersten Arbeitsplatz
erzielen können.
Albertus-Magnus
Werkstätten Günzburg (AWG)
Träger: CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH
Einrichtungsleiter: Jürgen Kühnl
Auweg
37
89312 Günzburg
Fon 08221.20781 - 0
Fax 08221.20781 - 33
E-Mail
awg@cab-b.de
Internet
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Oder:
Bezirk Schwaben
Sozialverwaltung
Antje
Skolut
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E-Mail:
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