Caritas lädt zu Fachtag ein und will "Zuversicht" vermitteln - Interview mit Fachgebietsleitung
Die Hospizvereine, die im Bistum Augsburg zur Caritas gehören, befinden sich im Umbruch. Und das mitten in einer Krisenzeit. "Wir sind umringt von Krisen, wie schon Prof. Dr. Reimer Gronemeyer bei der Augsburger Hospizfachtagung 2023 feststellte", so Susanna Tot (mit kurzen O ausgesprochen), Leitung des Fachgebietes Hospiz und Palliative Care des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. Aus gutem Grund also lädt sie nun Haupt- und Ehrenamtliche der rund 20 ambulanten Hospizdienste, die sich der Caritas angeschlossen haben, am Samstag, 4. Mai 20024, zu einem Fachtag unter dem Leitwort "Zuversicht" nach Augsburg ein. Von insgesamt rund 80 hauptamtlichen und über 1.300 ehrenamtlichen Mitarbeitenden haben über 130 die Einladung zu diesem Fachtag angenommen.
Frau Tot. Sie haben ein programmatisches Wort für die diesjährige Hospizfachtagung gewählt - im Gegensatz zu bislang eher fachlich geprägten Themen in den vergangenen Jahren. Warum?
S. Tot: Wir sind umringt von Krisen. Das galt schon 2023, es gilt auch heute. Aber auch die Hospizvereine erfahren einen grundlegenden Wandel. Die Aufbaugeneration, die sich jedes Fachwissen im Hospizbereich erarbeitet und die Vereine und Dienste aufgebaut haben, gehen mehr und mehr in Rente. Und gleichzeitig tun wir uns schwer, neue Mitarbeitende als Hauptamtliche und als Ehrenamtliche für die Vorstände der Vereine zu finden.
Auch die Struktur der Ehrenamtlichen ändert sich. Hospizdienst war und ist auch heute noch ein Dienst von vorwiegend Frauen im Ruhestandsalter, die sich langfristig binden. Gleichzeitig kommen nun jüngere Frauen und auch Männer in die Vereine, übernehmen Dienste, haben aber zum Teil einen anderen Zugang und können nicht mehr so umfänglich eingesetzt werden, weil sie ja gleichzeitig ihrem Beruf nachgehen müssen und Familien haben. Da ist die Zuversicht, die Krisen und Schwierigkeiten nicht schönredet, aber dennoch guten Mutes in die Zukunft geht, genau das richtige Thema.
Welche Herausforderungen sehen Sie?
S. Tot: Die ambulante Hospizarbeit hat sich in der Praxis schon allein dadurch geändert, weil sie sich etabliert hat. In den Anfängen waren die Hospizdienste sehr oft die einzigen Fachleute für Fragen einer palliativen Begleitung und Pflege und bauten zugleich immer schon auf dem ehrenamtlichen Engagement auf. Das Fachwissen hatte sich in Pflegeheimen, aber auch bei Ärzten noch nicht so stark etabliert. Heute stehen sie in einem Spannungsfeld zwischen Professionalisierung und der Bewahrung ihres besonderen Charakters einer bürgerschaftlichen Bewegung. Dies erfordert in einem breiten Feld sehr viel Fachwissen, das das palliative - pflegerische Wissen, die hospizliche Haltung und die Führung und Koordination Ehrenamtlicher umfasst, sich aber gleichzeitig nur im Miteinander mit der Pflege und der ärztlichen Begleitung entfalten kann. Hinzu kommen fachliche, rechtliche Neuerungen, aber auch neue Herausforderungen schon allein dadurch, weil wir immer mehr Menschen ohne religiösen Hintergrund begleiten. Ein weiterer Aspekt ist, dass der Hospizdienst heute um vieles bekannter ist. D.h. sie werden - Gott sei Dank - häufiger angefragt. Das wiederum stellt die Hospizdienste vor die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Ehrenamtliche für eine Mitarbeit gewonnen werden.
Sie beschreiben einen grundlegenden Wandel. Werden die Hospizdienste ihn meistern?
S. Tot: Da bin ich zuversichtlich. Der Hospizdienst wandelt sich. Er wird anders. Aber er wird auch nicht schlechter. Er ist aus bürgerschaftlichem Engagement entstanden, als es noch keine "Spezialisierte Ambulante Palliativ-Versorgung" (SAPV) und es noch kein Palliative Care mit entsprechend implementierten Konzepten in Pflegeheimen gab. Nun haben z.B. die Hauptamtlichen im Schwerpunkt die Aufgabe der Koordination, Netzwerke zu bauen und aufrechtzuerhalten und vor allem die hospizliche Haltung bei ihren Ehrenamtlichen und in der Gesellschaft zu vermitteln und zu etablieren - das Aushalten und Dasein als Kernaufgabe der Hospizbegleitung. Insofern wird der Dienst anders. Aber er wird nicht schlechter, denn es besteht nach wie sehr sehr viel palliatives Fachwissen - und so wird es auch bleiben.
Das Interview führte Bernhard Gattner, Caritasverband für die Diözese Augsburg e. V.