Seit über 100 Jahren ist der Sozialdienst katholischer Frauen e. V. (SkF) für Frauen und Familien in schwierigen Lebenssituationen da. Häufig geht es dabei um häusliche Gewalt in unterschiedlichsten Arten. Bereits zum 16. Mal will der SkF in Hildesheim deshalb heute am Internationalen Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen auf Gewalt und ihre Opfer aufmerksam machen - mit 1000 Brötchentüten, die in sämtlichen Hildesheimer Bäckereien über die Theke gehen. Darauf gedruckt sind Kontaktdaten für Hilfesuchende.
"Psychische Gewalt ist heutzutage immer noch am schwersten nachzuweisen und zur Anzeige zu bringen", sagt Daniela Trilling, Geschäftsführerin und Diplom-Sozialarbeiterin vom SkF in Hildesheim. Der Grund: Körperliche und sexualisierte Gewalt hinterlassen im Gegensatz dazu vor allem sichtbare Spuren und seien deshalb von Ärzt:innen leichter zu bescheinigen.
Jede vierte Frau in Deutschland erlebt Gewalt
Generell wird laut einer Dunkelfeldstudie in Niedersachsen von Mitte November 2022 nur jeder 215. Fall von häuslicher Gewalt angezeigt. Und das, obwohl laut ebendieser Studie 5,7% der 40.000 Befragten im Jahr 2020 Gewalt in der Partner:innenschaft erlebt haben. In absoluten Zahlen ist demnach jeder 17. Mensch in Niedersachsen von häuslicher Gewalt betroffen, die Mehrheit weiterhin Frauen.
Laut SkF hat jede vierte Frau in Deutschland in ihrem Leben bereits Gewalt erfahren oder wird Opfer von Gewalt werden - oft durch den Partner oder die Partnerin. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) kündigte deshalb jüngst an, gemeinsam mit der neuen Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) eine Bundesratsinitiative in Gang zu setzen, um die Strafzumessung nach Paragraf 46 im Strafgesetzbuch zu verschärfen: Die Tötung von Frauen, sogenannte Femizide, etwa weil diese ihren Partner verlassen wollen, solle künftig als Mord und nicht mehr als Totschlag gewertet werden.
Brötchentütenaktion im Landkreis Hildesheim
Die Wahrscheinlichkeit, Opfer von (häuslicher) Gewalt zu werden, ist laut der Dunkelfeldstudie größer je höher der Bildungsabschluss der Betroffenen ist. Aber auch die Hürde, diese zur Anzeige zu bringen steigt nach den Erfahrungen des SkF mit dem gesellschaftlichen und finanziellen Status der betroffenen Frauen. "Für eine Sozialempfängerin beispielsweise ist die Chance auf einen vermeintlichen sozialen Abstieg, der mit einer Anzeige einher gehen könnte, geringer als für eine Anwältin”, erklärt Hildesheims SkF-Chefin Trilling. Deshalb setzt der SkF auch auf indirekte Hilfe, hängt Kontaktdaten für Hilfesuchende auf Toiletten aus oder hat vor 16 Jahren die Brötchentütenaktion "Gewalt gegen Frauen kommt nicht in die Tüte!” in Hildesheim ins Leben gerufen.
Der SkF gehört zu den Fachverbänden der Caritas. Gewalt ist mit christlichen Werten unvereinbar und hat keinen Platz in der Caritas.
Wer Hilfe benötigt, kann sich an folgende Stellen wenden:
Bundesweites Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" 8000116016
Frauenhaus Hildesheim 05121/15544
Weißer Ring Hildesheim 0511/799997
SkF Hildesheim 05121/408821, 05121/408823, 05121/9189410