Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Frühförderzentrums fand im Landauer Caritas-Förderzentrum St. Laurentius und Paulus am 12. November ein Fachtag mit rund 120 Teilnehmern statt. Die Einrichtung fördert und behandelt Kinder und Jugendliche, bei denen Entwicklungsauffälligkeiten festgestellt oder vermutet werden. Ein interdisziplinäres Team gibt fachlich fundierte Einschätzungen zum Entwicklungsstand des Kindes, behandelt erkennbare Störungen, begleitet und berät die Eltern, die sich mit einer Überweisung des Haus- oder Kinderarztes an das Frühförderzentrum wenden können.
„Wir haben früh erkannt“, betonte Caritasdirektor Vinzenz du Bellier in seinem Grußwort, „wie wichtig die Arbeit des Frühförderzentrums ist. Wir werden intensiv die Vernetzung ins Gemeinwesen vorantreiben und die ambulanten Hilfen ausweiten.“ Inklusion könne man nicht verordnen, sie „muss in den Köpfen der Menschen ankommen“. Dazu brauche es einen Wandel in der Gesellschaft, an dem das Frühförderzentrum großen Anteil habe.
Der Leiter des Frühförderzentrums und Kinderarzt Dr. Karl-Heinz Spörkmann stellte die Einrichtung per Power-Point-Präsentation vor und ließ die Gäste einen „Blick hinter die Kulissen werfen“. Vielfältig seien die Fragen und Herausforderungen, mit denen die Fachkräfte dort täglich konfrontiert werden, betonte Spörkmann. So müsse beispielsweise entschieden werden, ob ein bestimmtes Kind Hilfe braucht, und falls ja, welche. Um entwicklungsauffällige Kinder angemessen zu fördern, werden Befunde, Rahmenbedingungen und Förderungen sowohl mit den Fachleuten als auch im Elterngespräch erläutert und besprochen und gemeinsam ein Behandlungsplan festgelegt. Aufgaben also, die sehr zeitintensiv sind und bei denen ein Höchstmaß an Sorgfalt an den Tag gelegt werden muss. Auch in punkto Inklusion und Integration in Schulen oder Kitas unterstützen die Fachleute des Frühförderzentrums die Eltern der betroffenen Kinder. Zurzeit arbeiten 39 Fachkräfte im Frühförderzentrum. Betreut werden derzeit insgesamt 1570 Kinder, die aus einem Umkreis von rund 45 Kilometern stammen.
Große Bandbreite beim Thema Autismus
Eindrucksvoll referierte der Chefarzt des Kinderneurologischen Zentrums Bonn, Dr. Helmut Hollmann, über Autismus bei Kindern und ging dabei auf einige seiner jungen Patienten ein. Die Diagnose Autismus beinhalte eine „große Bandbreite“, so Dr. Hollmann, der betonte: „Wir sollten nüchtern und sachlich den Blick auf diese Entwicklungsbesonderheiten richten, die ich hier ausdrücklich nicht als Störungen bezeichne.“ Hollmann zitierte die Worte eines seiner Patienten, eines elfjährigen Jungen mit Asperger-Syndrom, der ihm erzählt habe: „Im Kopf eines Asperger-Menschen gehen so viele Gedanken herum. Dann rede ich ohne Unterlass und nerve die anderen. Es ist wie ein Regal voller Bücher, die man gut sortiert hat. Dann fallen alle um und man muss wieder von vorne anfangen mit dem Aufräumen.“
Interviewrunde, von links:
Bernhard Scholten, Claus Eisenstein, Moderator Dietmar Gehring, Johannes Lunkwitz,
Martina Pister
und Evelin Edinger.
Moderiert von Dietmar Gehring stand eine „Kundenbefragung“ im Mittelpunkt des Vormittags, eine Interviewrunde mit Kooperationspartnern des Frühförderzentrums aus der Region, darunter die Kinderärztin Martina Pister aus Offenbach; der Leiter des Jugendamts Landau Claus Eisenstein; der Leiter der ökumenischen Kindertagesstätte im Lazarettgarten in Landau Johannes Lunkwitz; Evelin Edinger, Mutter eines fünfjährigen Sohns mit Down-Syndrom sowie Bernhard Scholten, Abteilungsleiter Soziales und Demografie im rheinland-pfälzischen Sozialministerium.
Vernetzung und Dialog sind wichtige Voraussetzungen
Lunkwitz bezeichnete es als „großen Vorteil, dass eine Mitarbeiterin des Frühförderzentrums zu uns in die Kita kommt, weil wir dann Hand in Hand arbeiten“. Die Zusammenarbeit schärfe den professionellen Blick auf die Diagnostik, die das Frühförderzentrum biete, „und wir haben einen sachlich-fachlichen Austausch auf Arbeits- und auf Leitungsebne“, so Lunkwitz weiter. Somit zögen alle Beteiligten, also Eltern, Kinder, Erzieher und Fachkräfte des Frühförderzentrums gemeinsam an einem Strang.
Einig waren sich die Kooperationspartner darin, dass seitens Politikern und Eltern sehr große Erwartungen an die Fachkräfte gestellt werden und es sehr viel Zeit und Geduld für Unterstützungsarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen braucht. „Wir sollten uns mit Kinderärzten und -kliniken noch mehr vernetzen, wir müssen das Angebot der Früherkennung noch mehr in die Familien tragen“, beantwortete Jugendamtsleiter Eisenstein die Frage nach dem Verbesserungsbedarf. „Ich glaube, dass die Fachkräfte im Frühförderzentrum sehr gut Wissen generieren können, und ich wünsche mir, dass dieses Wissen in die Sozialplanung einfließt“, so Eisenstein weiter. Um gut aufgestellt zu sein, so Bernhard Scholten, halte er es für wichtig, über die finanzielle Vernetzung von Leistungen hinaus den Blick auf die Strukturen zu lenken.
In Vorträgen und breit gefächerten Workshops gewannen die Fachtag-Teilnehmer praxisnahe Einblicke in die Arbeit der Einrichtung und nutzten rege die Gelegenheit zum fachlichen Austausch. Workshops rund um aktuelle Themen wie etwa „Auffällig unauffällig“ über soziale Unsicherheit, Ängstlichkeit und Rückzug bei Kindern, oder auch „Die haben doch sowieso alle ADS!“ über das multimodale Behandlungskonzept im Frühförderzentrum bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung stießen auf großes Interesse. Als Fazit des Fachtags wurde deutlich, wie wichtig die intensive Zusammenarbeit und der Dialog aller Beteiligten sind.
Kontakt:
Caritas-Förderzentrum St. La
Frühförderzentrum
Queichheimer Ha
76829 Landau
Telefon: 06341 / 599-124
www.foerderzentrum-laurentius-paulus.de