Will man dorthin zurück, wo man nicht weiß, ob es jemand weiter erzählt, dass man wieder zurück ist und eventuell die Schächer des Todes, die immer noch frei herumlaufen, wieder kommen, um ihr Werk zu vollenden?
In einem solchen Fall hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entschieden, dass ein
Flüchtling aus Pakistan wieder in sein Heimatland zurück muss. Thomas Fichtl, Migrationsberater des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V., tut sich schwer damit. „Die Ablehnung des Asylantrages ist für mich in diesem Fall menschlich gesehen kaum nachzuvollziehen.“ Und er fügt hinzu: „Die Beurteilung des Asylantrages scheint mir etwas zu wenig den konkreten Fall ernst zu nehmen.“ Fichtl arbeitet für die Migrationsberatungsstelle der Caritas in Marktoberdorf, die auch für Pfronten zuständig ist.
In der Tat stimmt die Geschichte des pakistanischen Flüchtlings nachdenklich. Vor zwei Jahren hat er vor seinem Haus im Swat Distrikt in der nordpakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa eine Bombe entdeckt. Dies meldete er dem Militär, aus Sorge um seine Familienangehörigen und seine Nachbarn. Das Militär entschärfte die Bombe. Die Taliban, eine islamistische Miliz, die ihr Unwesen nicht nur in Afghanistan, sondern auch im benachbarten Pakistan treiben und die Bombe gelegt hatten, beobachteten alles. In der Nacht kamen sie dann zu ihm. Drei Mal schossen sie ihm in die Füße und stachen ihm mich mehrfach in den Bauch.
Es handelt sich dabei nicht um ein Märchen. Nach dem Attentat auf ihn, retteten ihn einheimische Ärzte. Er hatte überlebt. Für ihn war nun klar, wenn er überleben will, muss er weg und er flüchtete schließlich. Deutschland war für ihn das erste Land, aus dem er auf seiner Flucht nicht weiter geschickt wurde. So blieb er. Es zeigte sich auch, dass es höchste Zeit für eine gute medizinische Versorgung geworden war. Seine Wunden am Bauch waren entzündet. Sechs Monate dauerte schließlich seine Behandlung. Man korrigierte die ersten Operationen. Es folgte eine Reha, Krankengymnastik und eine Therapie. Er ist körperlich wieder hergestellt. Genau das droht ihm jetzt zum Verhängnis zu werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat seinen Asylantrag abgelehnt und ihn aufgefordert, Deutschland zu verlassen, um wieder zurück nach Pakistan zu gehen.
Wer den Flüchtling kennenlernt, tritt einem ruhigen und sehr höflichen Mann gegenüber. Er ist von schmaler Statur und ist nicht besonders groß. In seinem Ton liegt keine Aggressivität. Er wirbt nur um Verständnis für seine Situation. Man tut sich schwer bei der Vorstellung, wie er sich zuhause in seiner Heimat behaupten können soll. Seine Familienangehörigen zuhause sind umgezogen. Sie taten es heimlich. Damit sie dort nicht entdeckt werden, meidet er jeden telefonischen Kontakt mit ihnen, denn er befürchtet: „Irgendwann sagt dann doch einer etwas“. „Und dann sind auch sie verraten.“ Dem Militär zuhause traut er nicht mehr. „Tagsüber tragen sie die Uniform, nachts tragen sie normale Kleidung und erschießen Menschen und sagen, es seien die Taliban gewesen.“ Er hat alles erlebt. Seine Narben sind der Beleg dafür. „Warum hört man mir nicht zu, warum glaubt man mir nicht, wenn ich erkläre, wie es bei mir zuhause aussieht?“, klagt er.
Gegen den ablehnenden Bescheid vom BAMF hat der Pakistani Klage eingereicht. Auch Fichtl, der Asylsozialberater der Caritas, hofft, dass das Gericht seine besondere Situation berücksichtigt. Der Pakistani fügt dazu noch an: „Für die Taliban ist es nicht schwierig, mich in Pakistan ausfindig zu machen. Was nützt mir eine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit oder dass ich jung und männlich bin, wenn ich in Pakistan befürchten muss, dass mich dort die Taliban ausfindig machen können?“