„Unsere Klienten sagen auch nie, sie würden jetzt zur Caritas oder zur Suchtfachambulanz gehen“, erzählt Marta Budna-Lamla, Suchttherapeutin am Zentrum für Seelische Gesundheit der Caritas in Schwabmünchen. Am liebsten kommen sie unbemerkt, ohne Nachfragen auf der Straße – „ganz einfach zum alten Schwesternheim, dem Plattenbau aus den 1970er Jahren hinter dem Krankenhaus.“
Ursula Köhler-Baiter, Leiterin des Zentrums, wie auch Budna-Lamla haben Verständnis für die Betroffenen. „Wir wissen, dass der Druck, der auf ihren Schultern liegt, sehr groß ist“, so Köhler-Baiter. „Und der Weg zu uns dadurch für manchen auch schwer ist.“ Entweder habe der Arbeitgeber die Person dazu verpflichtet und ihr gedroht, wenn sie nicht dieser Weisung nachkomme, sie ihren Arbeitsplatz verliert. Oder das Gericht machte dem Betreffenden die Auflage nach einer Alkoholfahrt. Oder der Partner zwingt die Entscheidung herbei. Oder es ist Selbsterkenntnis, die zur Beratung führt. Die Entgiftung in der Klinik, nötig, aber auch nicht einfach, oder deutliche Worte des Hausarztes über die schlechten Leberwert können der Grund für die Erkenntnis sein, „dass ich etwas dringend verändern muss“.
Umso wichtiger ist es in Köhler-Baiters Augen, „dass man die Suchtfachambulanz über den Parkplatz des Krankenhauses gut erreichen kann, sich in gewisser Hinsicht auch unerkannt ohne Beobachtung durch Dritte zu ihr gehen kann.“ „Wir liegen zwar etwas versteckt, aber für die Betroffenen ist das eher von Vorteil.“
Das Team der Suchtfachambulanz im Zentrum für Seelische Gesundheit aus fünf SozialpädagogInnen, davon zwei Suchttherapeuten, und zwei Psychologinnen berieten und begleiteten im vergangenen Jahr 328 Klientinnen und Klienten. Die Klientinnen und Klienten sind durchschnittlich 35 Jahre und älter. Auffällig ist allerdings, dass die Zahl der über 60-jährigen zunimmt.
Wegen der guten personellen Besetzung könne man einen Termin für eine Erstberatung innerhalb von einer Woche nach dem ersten Anruf garantieren. Dabei werde geklärt, wie es weitergehen kann, was am besten ist. Eine ambulante Therapie, eine Motivationsgruppe, Eine Motivationsgruppe, eine ambulante Therapie in der Suchtfachambulanz vor Ort oder zuerst eine Vermittlung in die stationäre Therapie, der sich dann eine ambulante Reha-Nachsorge anschließen kann.
Grundsatz für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas in Schwabmünchen ist: „Es muss sich niemand schämen, wenn er zu uns kommt. Schämen sollte man sich nur, wenn man nichts zu verändern versucht, wenn man abhängig ist.“ Auch ein vielleicht höheres Alter sollte niemanden davon abhalten, noch eine Therapie zu machen. Budna-Lamla erzählt von einer über 70-jährigen Dame, die ihre ambulante Therapie im Zentrum erfolgreich beendet hat und nun ihr Leben ganz neu gestalten kann.
Viele Abhängige meinen, man könne ruhig etwas warten mit einer Therapie, denn irgendwie habe man sich ja im Griff. „Da macht man sich aber etwas vor“, sagt Köhler-Baiter. „Denn die Belastung ist ja da. Man spürt sie körperlich und sie drückt auf die Seele.“ Budna-Lamla weiß aus den vielen Beratungen, dass die Menschen, die unter einer Sucht leiden, eigentlich schon beim ersten Gespräch eine Entlastung spüren. „Sie erfahren Anteilnahme und hören keine Vorwürfe. Es geht um Problemlösung, nicht um Schuldzuweisung.“
Wie wichtig dieser Ansatz ist, zeigt sich besonders in der Angehörigengruppe für Partner, Geschwister oder nahe Berufskollegen. Viele von diesen „Mit-Betroffenen“, wie sie Budna-Lamla nennt, überfordern sich regelrecht mit ihrer „gut gemeinten Unterstützung.“ Dabei würden sie, so die Suchttherapeutin, nur dazu beitragen, dass die Betroffenen ihre Sucht besser aufrechterhalten können. „Sie grenzen sich nicht ab. Das ist der Fehler.“
Konsequent arbeitet deshalb das Team der Suchtfachambulanz im Zentrum für Seelische Gesundheit daran, die Sucht – egal welcher Art – genau zu analysieren, darüber nachzudenken, was sie bewirkt, was sie mit dem eigenen Körper tut und was man dafür tun kann, diese Abhängigkeit in neue Lebenswege umzuwandeln. „Dadurch verändern sich die Betroffenen sehr positiv. Sie stabilisieren sich dadurch auch sehr schnell. Darauf können Betroffene sehr gut aufbauen“, erzählt Budna-Lamla aus ihren Beratungserfahrungen.