Und in dem modifizierten Tablet in der Halterung findet sich auch die Lösung zum Rätsel um die Computerstimme.
Denn in der Stift Tilbeck GmbH, einer Einrichtung der Alten- und Behindertenhilfe im Westmünsterland, setzt man schon seit einiger Zeit auf Unterstützte Kommunikation. "Mit unterschiedlichen technischen Hilfsmitteln können wir Menschen mit Behinderungen die Kommunikation mit ihrer Umwelt möglich machen", erklärt Marcus Hopp, der für das Projekt "Technische Assistenz " in Stift Tilbeck zuständig ist. "Manche Bewohner können sich mit Hilfsmitteln das erste Mal seit Jahren konkret sprachlich verständlich machen.
"Die Lebensqualität der Bewohner steigt und unsere Mitarbeitenden verstehen sie schneller", bringt es Cornelia Döhling, die in Tilbeck für die Unterstützte Kommunikation zuständig ist, auf eine einfache Formel. Schon kurz nach der Einführung bemerkten die Fachkräfte, dass sich frühere Konflikte deutlich entschärften oder sogar gar nicht mehr auftraten. "Die Bewohner äußerten ihre Wünsche und Bedürfnisse gezielter, sodass es zu weniger Frustrationen kommt", erklärt Döhling.
Doch was verbirgt sich überhaupt hinter dem Stichwort "Unterstützte Kommunikation"? Diese beginnt nicht erst bei Stefans modifiziertem Tablet, sondern oft schon mit einfachen Mitteln. Schon ein kleiner Korb mit Spielzeug-Lebensmitteln kann eine Hilfe sein, wenn es um den regelmäßigen Einkauf geht. "Die Bewohner können so beispielsweise auf die gewünschten Artikel zeigen und damit ihre Wünsche deutlich machen", erklärt Cornelia Döhling.
Gemeinsam mit anderen Trägern der Behindertenhilfe im Münsterland hat man sich außerdem auf ein einheitliches Farbschema geeinigt, das unter anderem bei der Strukturierung der Woche helfen kann. "Der Montag hat die Farbe Gelb, der Samstag ist weiß So bekommt die Woche auch für Menschen die nicht lesen können eine Struktur", erklärt Cornelia Döhling.
Dieses Schema wird auch in sprechende Bilderrahmen integriert, die viele Bewohner ihr Eigen nennen und die die Form eines Wochenkalenders annehmen können. Wenn man dort auf einen Wochentag drückt, kommen aus dem Speicher des Rahmens einige Basisinformationen: Name des Wochentages, Arbeit oder die Nachmittagsgestaltung. "Das sind immer ganz individuelle Informationen, die für den Bewohner von Bedeutung sind", erklärt Döhling.
Der Weg zu diesen Informationen ist nicht immer leicht. "Im Grunde muss das Umfeld eine gänzlich neue Sprache lernen", sagt Ruth Meyerink, Geschäftsführerin des Stiftes. Man müsse sich viel Zeit nehmen und sich auf ein deutlich langsameres Gesprächstempo einlassen. Angehörige und Mitarbeiter, die sich ja bereits eine Kommunikation mit dem Bewohner erarbeitet haben, müssten sich umstellen
Damit dies gut gelingt, werden die Mitarbeiter fortlaufend geschult und in allen Lebensbereichen sind mittlerweile Mentoren tätig. Den einen Trick, wie man diese neuen Kommunikationsmuster einübt, gibt es nicht. "Jeder Mensch entwickelt seine eigene Art der Kommunikation. Egal, ob er eine Behinderung hat oder nicht", meint Cornelia Döhling. Dementsprechend individuell erfolgt die Erarbeitung mit den Bewohnern. "Manche Geräte lassen sich über die Augen steuern. Da kann es dauern, bis gemeinsam Ergebnisse erzielt werden", berichtet Marcus Hopp.
Doch dass diese Arbeit am Ende immer lohnt, davon sind alle in Stift Tilbeck überzeugt. Erst kürzlich erhielt eine Bewohnerin im Rentenalter ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Tablet. Recht schnell zeigten sich Erfolge: "Sie konnte es sinnvoll in ihre bisherige Kommunikation integrieren", freut sich Cornelia Döhling. Oder wie es Ruth Meyerink ausdrückt: "Man ist nie zu alt etwas Neues zu erlernen"
Neben den Basisschulungen bietet Stift Tilbeck immer wieder Fortbildungen zu speziellen Fragestellungen der Unterstützten Kommunikation an. Die Angebote stehen allen Interessenten aus dem Hause wie auch der Region offen.
016/2017 (jks) 24. März 2017