Leitung der Augsburger Suchtfachambulanz wünscht sich mehr Aufklärung und Prävention für Eltern und Bezugspersonen
Augsburg, 06.04.2023 (pca). 14- bis 16-jährige sollen, so Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, künftig auch nicht mehr im Beisein ihrer Eltern bzw. sorgeberechtigter Personen Alkohol trinken dürfen. Er will das sogenannte "begleitete Trinken" abschaffen. Das Gesundheitsrisiko sei zu hoch. Und er sieht einen Zusammenhang darin mit der Beobachtung, wonach knapp ein Fünftel der 16- und 17-jährigen bereits regelmäßig Alkohol konsumieren. Edith Girstenbrei-Wittling, Leiterin der Suchtfachambulanz der Caritas in Augsburg, teilt zwar Holetscheks Position zur Gesundheitsgefährdung, bezweifelt aber, ob ein Verbot allein wirklich helfen würde.
Girstenbrei-Wittling lädt ein, das Thema differenziert aus verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten. "Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist sicher sehr wichtig, hierzu ist aber bei den Erwachsenen anzusetzen". Oft würden sie die Gefahren, die vom Alkoholkonsum ausgehen, in der Tat bagatellisieren. Alkohol sei bei vielen als "leichte Droge" im Bewusstsein. Auch in der Werbung und im öffentlichem Umgang mit Alkohol werde dieses Denken bestärkt.
Alkohol ist - und daran will die Leitung der Augsburger Suchtfachambulanz keinen Zweifel aufkommen lassen - eine hoch potente psychoaktive Substanz, die direkt auf das zentrale Nervensystem einwirkt und als Zellgift über die Blutbahn transportiert im ganzen Körper Schaden anrichten kann. Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet, da die Gehirnreifung noch nicht abgeschlossen ist, und somit das sensible Nervensystem schnell und nachhaltig geschädigt werden kann. "14 Jahre ist sicher zu früh für regelmäßigen Konsum auch von niederprozentigen Alkoholika."
Die Frage bleibt, ob ein Gesetz hilft, das Risikobewusstsein und die Verantwortlichkeit bei den Erwachsenen zu erhöhen. Dass der bayerische Gesundheitsminister Holetschek mit seinem Ansinnen den Umgang mit Alkohol in unserer Gesellschaft wieder zum Thema gemacht hat, "finde ich gut".
Sie wünscht sich mehr Aufklärung und Prävention für Eltern sowie andere Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen wie Vereinsvorstände, Ausbilder usw. Auch das Thema Werbung sollte angegangen werden. Gleichzeitig sollten vor allem die Herausforderungen und die Nöte von Kindern und Jugendlichen mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion genommen werden. "Letzterem wird ein Gesetz allein nicht gerecht", so Girstenbrei-Wittling. "Die Diskussion über das begleitete Trinken macht dann Sinn, wenn offen über das Thema diskutiert wird, glaubhafte Vorbilder und klare Regeln vorhanden sind."