"Die Arbeit hier bedeutet mir so ziemlich alles", sagt Anastasia S. Die blonde Frau im Rollstuhl ist eine von rund 2000 Personen, die durch den Caritas-Verein Altenoythe (CVA) betreut werden. Dessen Waschhaus "360 Grad" war am Mittwoch, 23. Februar, eine von drei Stationen der katholischen Behindertenhilfe im Oldenburger Land, die Weihbischof Wilfried Theising und Caritasdirektor Dr. Gerhard Tepe gemeinsam mit Caritas-Referentinnen besucht haben. Anlass war das Corona-bedingt verschobene, 101-jährige Jubiläum des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg.
"In der Werkstatt trifft man Freunde, vielleicht sogar seinen Partner oder seine Partnerin", beschreibt der CVA-Leiter des Bereichs Arbeit, Jan Lübbers, das Prinzip von Werkstätten. Auch wenn diese neuerdings kritisiert würden. Entsprechend hart sei das Corona-bedingte, dreimonatige Schließen dieser Arbeitsorte gewesen.
Rückschritte bei Beschäftigten
"Nicht wenige Beschäftigte mit körperlichen oder seelischen Einschränkungen haben dadurch deutliche Rückschritte gemacht", weiß Einrichtungs-Vorstand Andreas Wieborg. Psychisch Kranke hätten sich teilweise zurückgezogen oder mussten sich sogar in stationäre Behandlung begeben, sagte er im Rahmen der Besichtigung der Wäscherei, die der Caritasverein seit September 2021 in einem drei Jahre zuvor errichteten, modernen Gebäude betreibt.
Die Arbeit dort werde soweit heruntergebrochen, dass jeder Beschäftige daran mitwirken könne. Wieborg: "Jeder ist arbeitsfähig." Größter Kunde sei ein bedeutendes Altenheim aus dem Landkreis Cloppenburg. Ein schmutziges Geschirrtuch von dort liege innerhalb von 24 Stunden gewaschen, gebügelt und gefaltet wieder zurück im Küchenschrank dieses Heims.
Viel Kleinteiliges
Großer Vorteil in der auf hohem, professionellem Niveau arbeitenden Wäscherei: Man reinige nicht nur Tausende von Handtüchern oder Bettwäsche wie dies Industriebetriebe täten, sondern viel Kleinteiliges. Eben auch den Pullover, das Nachthemd oder die schmutzige Jacke der Heimbewohnerin. Das bedeute Abwechslung für die Beschäftigten. Auch Restaurants aus dem Landkreis oder Privatpersonen bringen ihre Tischdecken oder Bettwäsche in den Cloppenburger Neuendamm 4. Der Stolz der CVA-Verantwortlichen: Viele der 28 Beschäftigten sprächen inzwischen nicht mehr davon, dass sie in einer ‚Werkstatt‘ arbeiten, sondern stolz in ‚ihrem Waschhaus‘.
Wie wurde die Wäsche gereinigt, als die Menschen mit Behinderung Corona-bedingt nicht mehr arbeiten durften? Mitarbeitende aus anderen Teilen des Vereins seien eingesprungen, berichtet Lübbers. Aus den Kindertagesstätten beispielsweise. Oder anderen Bereichen. "Ein Rollentausch, der bis heute durchträgt!"
Stiftung geöffnet
Stärker durch die Corona-Krise belastet seien die rund 200 von der Cloppenburger Stiftung Sankt Vincenzhaus betreuten Kinder und Jugendlichen gewesen. Der Kontakt zu Sportvereinen sei durch die Beschränkungen weggebrochen. Kleinigkeiten hätten in der Folge bei den jungen Menschen mit geistiger Behinderung schon zu psychischen Ausbrüchen geführt.
"Wozu dient die Verhaltensweise, die der oder die Jugendliche an den Tag legt?" sei daher eine zentrale Frage aller rund 250 Beschäftigten des St. Vinzenzhauses. Dankbar ist Wolking hingegen für die Öffnung aller Einrichtungen der Stiftung im Hinblick auf die Bevölkerung.
Bezahlbarer Wohnraum
Neben der unlängst gebauten neuen Schule ist für die nahe Zukunft geplant: die Eröffnung einer Mutter-Kind-Einrichtung sowie eines Wohnheims für alleinerziehende Eltern zusammen mit der IHR-Stiftung. Wolking: "Diese Menschen finden in der Lage sonst gar nichts."
Größtes Problem des Kardinal-von-Galen-Hauses Dinklage mit rund 300 Schülern und 250 Mitarbeitenden in Dinklage sei der Fachkräftemangel, berichtete Geschäftsführer Manfred Moormann. Dankbar hingegen ist er für den "wohlwollender Boden" in Dinklage im Hinblick auf Menschen mit Behinderung.
Weihbischof und Caritasdirektor danken
Sichtbar werde dies an der erfolgreichen Umsetzung des Projekts "Dinklusiv" seit fünf Jahren. Dabei gibt es Tanzgruppen von Menschen mit und ohne Behinderung ebenso wie Fußballturniere oder ein Königsschießen. "Barrieren in den Köpfen wurden abgebaut und Barrierefreiheit wird bei Neubauten selbstverständlich mitgedacht", dankt Projektleiter Heinz Fischer.
Dank sprachen auch Weihbischof Theising und Caritasdirektor Tepe aus für alle in der Behindertenhilfe Tätigen: dass sie in der Corona-Krise - obwohl durch ihre eigenen Familien oft selbst belastet - alles getan haben, um den Menschen mit Einschränkungen ein fester und nicht selten rettender Anker zu sein.
Zitate:
"360 Grad: Das ist der Name unserer Wäscherei. Das ist nicht unsere Waschtemperatur."
Jan Lübbers, Bereichsleiter ‚Arbeit‘, Caritas-Verein Altenoythe
"Ausschließlich digitale Treffen führen zur Erosion. Das kann auf Dauer nicht gut gehen."
Andreas Wieborg, Vorstand Caritas-Verein Altenoythe, im Hinblick auf derzeitige Zoom-Konferenzen in der sozialen Arbeit
Pressemitteilung
„Die Arbeit hier bedeutet mir alles“
Erschienen am:
25.02.2022
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