Professor Dr. med. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes und der Deutschen Hospiz- und Palliativstiftung, und Leiter der niedersächsischen Koordinierungs- und Beratungsstelle für Hospizarbeit und Palliativversorgung, setzt sich dafür ein. Diese Voraussetzungen sind wesentlich für ein „gutes Sterben“.
Hardinghaus sprach am zweiten Tag der Herbstvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg. Im Haus St. Ulrich befassten sich die Teilnehmer mit dem Thema „Palliativmedizin und Hospiz statt Suizid“. Neben Prof. Hardinghaus, der seine fünf Thesen für ein gutes Sterben vorstellte, sprach auch Dr. med. Eckhard Eichner, dem Vorstandsvorsitzenden der Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e. V.. Sein Thema war „Wir sterben in den von uns selbst geschaffenen Systemen“. Er stellte in seinem Vortrag die Möglichkeiten der Palliativversorgung am Beispiel der SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) vor.
Die anschließende Podiumsdiskussion wurde von Bernhard Gattner, dem Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Diözesan-Caritasverbandes Augsburg, moderiert. Neben den beiden Referenten nahmen Gabriele Luff, Fachgebietsleiterin Hospiz und Palliative Care beim Diözesan-Caritasverband, Professor Dr. Wolfgang Schreml, langjähriger erster Vorsitzender und Gründungsmitglied des Raphael-Hospiz-Vereins Günzburg e. V. und Josefa Britzelmeier-Nann, Diplom-Theologin und Klinikseelsorgerin, teil.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion (von links): Dr. med. Eckhard Eichner, Domkapitular Armin Zürn, Gabriele Luff, Bernhard Gattner, Josefa Britzelmeier-Nann, Professor Dr. Wolfgang Schreml und Professor Dr. med. Winfried Hardinghaus.Roswitha Mitulla
Im Hinblick darauf, dass viele alte und kranke Menschen ihren Angehörigen nicht zur Last fallen wollen, sagte Gabriele Luff, die ambulanten Hospizdienste könnten segensreich helfen. „Hospizdienst ist aus christlicher Nächstenliebe motiviert, die Anwesenheit von Hospizbegleitern, die einen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen, leisten einen wohltuenden Beitrag, gut mit dem Sterben umzugehen“, erläuterte sie. Die Helfer seien nicht in erster Linie als Professionelle da, sondern als Mitmenschen, als Nachbarn. Eine wichtige Aufgabe der Hospizarbeit sei zudem, das Sterben aussprechbar zu machen. Luff verwies darauf, dass die ambulante Hospizbegleitung auch in Altenheimen möglich sei, was viele nicht wissen.
Josefa Britzelmeier-Nann berichtete, dass Seelsorger oft meinen, sie müssten etwas ganz besonders Tragendes zu den Sterben sagen und dürften keine Schwäche zeigen. „Wir dürfen ratlos sein, mit aushalten, ganz da sein, nicht nur anwesend, und unsere innere Haltung zeigen“, sagte sie. Ihr ist es wichtig, Empathie mitzubringen, sich in die Menschen ganz hineinzudenken, wahrhaftig zu sein. „Sterbende Menschen sind dünnhäutig, sie spüren, ob das echt ist“, ist ihre Erfahrung.
Aus seiner über 30jährigen Hospiz- und Palliativarbeit weiß Professor Dr. Wolfgang Schreml, dass die meisten Menschen nicht auf das Sterben vorbereitet sind. Während man das Ende früher eher akzeptiert hat, werde das Wort Hospiz heute nicht gerne gehört. „Man darf nicht vom Sterben reden, man will bis zum Schluss zu den Fitten gehören, man glaubt an die Machbarkeit der modernen Medizin und, dass sie einem noch helfen werde“, meinte er. Dabei sei die Lebensverlängerung in den meisten Fällen nur sehr kurz.
Den Gedanken der technischen Machbarkeit griff Gattner mit der Frage „Was ist geschehen in unserer Gesellschaft?“ auf, die er an die Runde richtete. Denn auch ein großer Teil der Katholiken würde mittlerweile den assistierten Suizid akzeptieren. Hospiz habe noch nicht den Stellenwert, Politiker würden es nicht zu ihrem Thema machen, argumentierte Hardinghaus. Er riet dazu, dringend eine Patientenverfügung zu hinterlegen. Nach Ansicht von Schreml ist in der Gesellschaft der Gedanke an einen Schöpfergott verloren gegangen. Josefa Britzelmeier-Nann hat im Alltag der Hospizarbeit festgestellt, dass man den Sterbenden nicht mit zu vielen theologischen Worten kommen soll, weil das sonst der Begleitung im Wege steht. Dass Menschen, die fest im Glauben stehen eine andere Herangehensweise an den Tod haben, stellt Gabriele Luff immer wieder fest. Und Hospizhelfer, die im Glauben eine Antwort gefunden haben, könnten mit den Sterbenden anders umgehen.
Gattner stellte die provokativen Aussagen der Politikerin Ingrid Matthäus-Maier in den Raum, die nicht nur gesagt hat, dass es ein Skandal sei, Sterbehilfe zu kriminalisieren, sondern auch, dass Suizid eine kostengünstige Lösung sei.
Eine kostengünstige Lösung sei das schon, sagte Domkapitular Zürn, seine Haltung dazu aber sei eine andere, denn das sei nicht mit seiner Einstellung und seinem Glauben vereinbar. Das St-Vinzenz-Hospiz benötige im Jahr über 300.000 Euro an Spenden und bekomme diese auch. „Es gibt viele Menschen, die Hospizarbeit wollen, auch wenn es volkswirtschaftlich nicht interessant ist“, so Zürn.
Die Frage, ob gläubige Menschen leichter sterben, wurde unterschiedlich beantwortet. Sie würden im großen Vertrauen sterben, was aber auch bei Menschen ohne Religion vorkomme. Andere hätten es schwer und würden sich fragen, warum Gott sie nicht hole, berichtete Josefa Britzelmeier-Nann. „Wir sterben, wie wir gelebt haben“, ist die Überzeugung von Hardinghaus. Und Gabriele Luff räumte ein, dass Hospizarbeiter keine Antwort hätten, dass es für ihren Dienst aber wichtig sei, wie sie selbst im Leben mit den Sterben umgehen: „Sie können nur da sein, mehr geht nicht, aber das ist sehr wichtig“.
Die christliche Vorstellung von der Würde des Lebens würde oft auf Interesse stoßen, es sei eine Chance und Herausforderung für Christen, die Botschaft aufrecht zu halten, gab Zürn zu bedenken. Eine säkulare Welt sei keine Katastrophe für die Christen, allerdings sei es nicht leicht das weiter zu pflegen und es läge an jedem einzelnen Menschen, das mit zu prägen.