Erster gemeinsamer Gottesdienst am Schadensort nach Brandkatastrophe – Pfarrer Mair: „Gott lässt keinen von uns im Dunkel stehen“
Augsburg, 08.10.2018 (pca). Da, wo das Caritas-Sozialzentrum in Augsburg-Göggingen in der Nacht vom 8. auf 9. Juli 2018 einem Brandanschlag zum Opfer fiel, trafen sich nun die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas zum gemeinsamen Gottesdienst unter freiem Himmel zusammen. Über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen dort, wo bis zum Juli an Sommertagen Gäste unter einem Sonnenschirm saßen und ihre Mittagspause verbrachten. Die Brandruine ist völlig beseitigt worden. Die graue Betonplatte des Gebäudes, die unbeschädigt blieb, lässt aber erkennen, wo das Sozialzentrum in der Depotstraße 5 stand.
„Wir alle haben damals unsere tiefen Stunden erlebt“, so der Augsburger Caritas-Geschäftsführer Dr. Walter Semsch. „Trauer und Entsetzen erfüllte Sie damals. Einige haben geweint“, erinnerte er sich in seiner Ansprache. „Doch unser Zusammenhalt, das Miteinander, der Zuspruch haben mir wieder Mut gemacht.“ Das war auch das Motto des Wortgottesdienstes, dem Pfarrer Karl Mair, Erster Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Augsburg e. V., vorstand. „Wenn man die schlechten und bösen Tage miteinander trägt, dann fällt es allen leichter. Als Christen dürften sie auf Gott vertrauen, „der immer bereit ist zu helfen“.
Dr. Semsch weiß, dass das nicht so einfach war. Er erzählte von seiner Niedergeschlagenheit in der Brandnacht. Seine „tiefste Stunde“ sei gewesen, als ein erfahrener Feuerwehrmann in der Nacht ihm jegliche Hoffnung nahm, einen Teil des Gebäudes retten zu können, und ihm sagte „Vergessen Sie es“. Doch die MitarbeiterInnen, die am nächsten Morgen kamen, mitgeholfen haben, Akten zu retten und mit ihm redeten, die Ein-Euro-Jobber, die ihm gesagt hätten, wie gerne sie bei der Caritas sind, hätten ihm wieder Mut gemacht. Er lobte Augsburgs Bischof Dr. Konrad Zdarsa und Generalvikar Harald Heinrich, die am Montag danach vorbeischauten und ihm die Unterstützung der Kirche zusicherten. „Hier hat Kirche ihr Gesicht gezeigt“, sagte Dr. Semsch. Er erzählte davon, wie gut es auch ihm tat, dass Augsburg Oberbürgermeister Dr. Kurt Griebl, Bürgermeister Dr. Stefan Kiefer, die Stadträte und der Landrat wie auch andere Politiker ihre Hilfe zusicherten. Besonders hätte ihn eine alte Frau bewegt, die gestützt auf ihrem Rollator vorbei kam, ihm erzählte, dass sie regelmäßig zum Mittagessen in die Depotstraße zur Caritas gekommen sei und ihm dann gesagt hätte: „Hier, ich geben Ihnen jetzt 50 Euro und Sie bauen das ‚Ding‘ wieder auf“.
Pfarrer Mair bezeichnete die Menschen, die mit angepackt haben, Zuspruch schenkten, ermutigten und mithelfen, in seiner Predigt als „Lichtboten auf unserem Weg zu einer neuen und anderen Zukunft“. „Gott lässt keinen von uns im Dunkel stehen“, fügte er hinzu. Caritas-Pfarrer Heinrich Weiß dankte seinerseits den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, „was Sie und wir uns alle an Miteinander, Hilfe, Ermutigung und festen Willen geschenkt haben“.
Im März 2019 wird der Neubau beginnen, so Dr. Semsch. Und wenn alles klappe, dann könnte das Gebäude bereits Ende 2019 wieder bezugsfertig sein. Dass sobald das Caritas-Sozialzentrum wieder aufgebaut werden kann, dazu hätten, so der Caritas-Geschäftsführer Matthias Kerler, Chef des gleichnamigen Abbruchunternehmens, und Hans Schrammel senior vom Architekturbüro Schrammel wesentlich beigetragen. Obwohl die Auftragsbücher voll waren, in der Bauwirtschaft mindestens ein halbes oder dreiviertel Jahr an Wartezeit derzeit üblich ist, hätten beide zugesagt und die Zusagen auch eingehalten, sofort zu helfen. „Wir lassen Euch nicht hängen“, hätten beide gesagt und die Caritas „reingeschoben“. Kerlers Mannschaft fing gleich nach der Freigabe durch Polizei und Versicherung mit dem Abbruch an. Das Architekturbüro Schrammel hat umgehend mit seinem gesamten Team die Planungen übernommen. „Das war und ist wirklich außergewöhnlich“, unterstrich Dr. Semsch. Beiden Unternehmern überreichte er deshalb persönlich und für ihre Mitarbeiter die „Elisabeth-Medaille“, einer der höchsten Auszeichnungen der Caritas für besonderes soziales Engagement.
4,2 Millionen Euro hoch sind die Versicherungsleistungen für den Brandschaden. Darunter falle nicht nur das Gebäude, sondern auch das Inventar. Damit könnten auch die gestiegenen Baukosten aufgefangen werden. Dennoch bleibe der Verband auf Spenden angewiesen. „Unser Lkw war für uns 20.000 Euro wert, hatte aber nur noch einen Gegenwert von 1.000 Euro“, so Dr. Semsch. Für eine Ersatzbeschaffung sei man auf Spenden angewiesen. Eine große Hilfe dabei ist sicherlich die Spende der Augsburger Firma Dachser SE in Höhe von 7.500 Euro. Den Scheck dazu konnte deren Prokurist René Gerbert der Caritas nach dem Gottesdienst übergeben.