Caritas wünscht sich Zulassung der Sterbebegleitung, die Nähe und Berührung zulässt - Trauerbegleitungen werden stärker gefordert sein
Augsburg, 15.05.2020 (pca). Zu erleben und zu sehen, dass der Ehemann, die Ehefrau, die Mutter, der Vater, das eigene Kind im Sterben liegt, tut weh und erfüllt mit Trauer und Schmerz. Aber den geliebten Menschen auf diesem Weg begleiten zu können, bietet den Raum und die Möglichkeit, auszusprechen, was einem wichtig ist. Aber nicht dabei sein können, nicht den letzten Weg am Ende des Lebens miterleben, nicht sehen, nicht dabei sitzen zu können, treibt den Schmerz noch tiefer in die Seele. Es fehlt der Austausch in Wort und im Händedruck, im Streicheln des Gesichtes und im bloßen Dasein. Der Sterbende, der immer weniger seine Umwelt wahrnimmt, aber doch die Anwesenheit geliebter Menschen spüren kann, ist einsam auf seinem letzten Weg.
"Die Corona-Pandemie hinterlässt tiefe Wunden vielfachen einsamen Sterbens und viele verzweifelte Trauernde, denen es verwehrt war, die letzte Treue zu erweisen und Abschied im Herzen zu nehmen." Das könne man zwar auch ohne persönlich am Sterbebett zu sitzen, aber es fehlt hält doch die unmittelbare Nähe. Gabriele Luff hat in den vergangenen Wochen vielfach davon gehört. Sie ist beim Caritasverband für die Diözese Augsburg e. V. als Fachgebietsleitung für den Bereich Hospiz und Palliative Care zuständig. Sie befürchtet wegen der Abschottung des Sterbens erschwerte Trauerverläufe bei den Hinterbliebenen". Für die Hospizvereine und Hospizdienste sieht sie zudem finanziell schwierige Zeiten heraufkommen. Da Begleitungen nicht möglich waren, fallen Spenden und Förderungen geringer aus.
21 Hospizdienste und -vereine sind dem Diözesan-Caritasverband angeschlossen. Vielfach berichteten sie Luff von verzweifelten Angehörigen, die ihre Mutter oder ihren Vater nicht mehr in einer Senioreneinrichtung oder in einem Krankenhaus wegen des Betretungsverbots nicht besuchen konnte. Die behördlichen Vorgaben hatten zwar eine Sterbebegleitung ausdrücklich erlaubt, "doch nicht jedes Altenheim konnte dies zugelassen", so Luff." Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich und auch im Detail nachvollziehbar, aber dies ändert nichts daran, dass die Betretungsverbote ursächlich sind für nicht geringes menschliches Drama."
Luff hofft nun, dass sich die Situation mit den ersten Schritten bzw. Lockerungen für das Besuchsverbot in Altenheimen bessert. Es sei "so wichtig", dass Menschen, die sich im Sterbeprozess befinden, wieder menschliche Nähe erfahren dürfen und die Angehörigen auf diesem letzten Weg in direktem Kontakt mitgehen dürfen.
Tabloids und Smartphones wurde den älteren Menschen in den stationären Altenpflegeeinrichtungen zur Verfügung gestellt, um wenigstens die nächsten Angehörigen hören und im Bild sehen zu können. "Das war und ist eine schöne Initiative", sagt Luff, "aber Menschen mit Demenz oder deren Wahrnehmung auf andere Weise eingeschränkt ist, sind dann kaum zu erreichen". Für diese Einzelfälle wäre es in Luffs Augen wichtig, für die Sterbebegleitung durch Angehörige - oder wo keine Angehörigen da sind - auch durch Hospizbegleiter*innen einen Weg zu finden, der natürlich alle Hygiene- und Abstandsvorschriften berücksichtigt.
Auch bei den Bestattungen erhofft sie sich für die Hinterbliebenen eine Rückkehr zu den Abschiedsritualen, die für das eigentliche Abschiednehmen vom Verstorbenen unersetzlich seien. Dazu gehören der Sterberosenkranz in der Gemeinde, die Beerdigung, auch der sogenannte "Leichenschmaus", bei dem die Gelegenheit besteht, mit anderen über das Leben des Verstorbenen zu reden. Durch die Corona-Pandemie mit ihren Einschränkungen und der Unmöglichkeit, den Angehörigen auf seinem letzten Lebensweg zu begleiten, sei dieser natürliche Trauerprozess verhindert, unterbrochen und verlängert worden. "Die Trauerbegleitungen der Hospizdienste und -vereine werden noch stärker angefragt werden und gefordert sein."