Vor etwa zweieinhalb Jahrzehnten reagierten viele deutsche Diözesen, darunter auch das Bistum Augsburg, auf die zahlreichen Anfragen aus den Pfarreien, die Seelsorge für Menschen mit Behinderungen außerhalb der großen Einrichtungen zu stärken. So feierte heute die Behindertenseelsorge im Bistum Augsburg bei Festgottesgottesdienst und Festakt ihr 25-jähriges
Jubiläum. Diözesanbeauftragter Diakon Thomas Schmidt begrüßte dabei neben zahlreichen Vertretern aus Politik und Kirche etliche Mitstreiter im Einsatz für benachteiligte Menschen, unter anderem
seinen Vorgänger als Leiter der Behindertenseelsorge Monsignore Alois Egger.
In der Basilika St. Ulrich und Afra rief Domdekan Prälat Dr. Bertram Meier die rund 400 Gäste dazu auf, "einander zum Dach zu werden und sich unter das Dach Jesus zu stellen". In Jesus fände der Berufene, der sein Herz verschenkt, seine Bleibe, seine neue Heimat, sein Dach für die Seele, so Prälat Meier. "Dieses Dach bietet Jesus allen an - damals wie heute: Menschen mit und ohne Behinderung, Blinden und Lahmen, Gehörlosen und Tauben, Stummen und Aussätzigen." Pastoralreferent Michael Geisberger von der Hörgeschädigtenseelsorge übersetzte nicht nur die Predigtworte in Gebärdensprache, sondern auch sämtliche Texte und Lieder während der Feier. Mitgestaltet wurde diese von Menschen mit Behinderungen, die die Lesungen und Fürbitten lasen sowie dem ökumenischen Gebärdenchor Augsburg.
Der Gebärdenchor war es dann auch, der zum Schluss des Festaktes die Freude über den Jubeltag mit dem Klassiker "O happy day" stimmungsvoll zum Ausdruck brachte. Neben Impressionen aus ereignisreichen zweieinhalb Jahrzehnten, die musikalisch von Saxophonist Stefan Tiefenbacher - er spielt nach einem Unfall mit nur einem Arm - und Walter Weh am Klavier begleitet wurden, gab es an diesem Nachmittag jedoch auch nachdenkliche Töne.
Anstelle von Grußworten befragte der Augsburger Journalist Peter Hummel Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Kirche zu deren Wünschen und Zielen, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern. Die Behindertenbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Irmgard Badura, forderte dazu auf, die Grundeinstellung zu ändern, eine
"inklusive Haltung" einzunehmen und "sich in die Lage von Menschen mit Behinderungen hineinzuversetzen". Das Ziel formulierte Badura, die selbst blind ist, deutlich: "Wir wollen an allen Lebensbereichen teilhaben." Das Thema Barrierefreiheit habe Rückenwind bekommen, so die Behindertenbeauftragte. In die gleiche Kerbe schlug Peter Hell von der Behindertenhilfe des Diözesan-Caritasverbands, der seinen Wunsch für ein "selbstbewusstes Teilhaberecht" und "barrierefreien
Wohnungsausbau" klar in Richtung der anwesenden Politiker, Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert und Sozialreferent Stefan Kiefer, formulierte.
Dass das Thema "Barrierefreiheit" auch die Seelsorge vor Herausforderungen stellt, verdeutlichte der Geistliche Direktor der Regens-Wagner-Einrichtungen Rainer Remmele. Denn "Barrierefreiheit bedeutet nicht nur abgesenkte Bordsteine". Vielmehr müsse im Umgang mit Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung auch auf leichte und gut verständliche Sprache geachtet werden, betonte er. Speziell da die großen Einrichtungen inzwischen ein selbstverständlicher Teil der Pfarreiengemeinschaften vor Ort seien.