Einfach zuschauen und nichts tun, ist aber seine Sache auch nicht. Seine Devise und sein Auftrag lauten vielmehr: Dabei sein, Präsenz zeigen und das Gespräch suchen, um aufklären zu können. Tichelmann arbeitet beim Caritasverband für die Diözese Augsburg für das Projekt "mindzone". Es ist 1996 in München entstanden und mittlerweile bayernweit aktiv, in Augsburg erst seit kurzer Zeit.
Mindzone nimmt unter allen Angeboten der Suchtberatung und Drogenaufklärung eine Sonderrolle ein. "Wir gehen dorthin, wo andere nicht hingehen", erläutert Tichelmann. So findet man ihn bei Partys spät nachts bis in den frühen Morgenstunden. So war es auch am vergangenen Wochenende, als er ins Augsburger Nachtleben eingetaucht ist. Ehrenamtliche "Peers" begleiteten ihn wie immer. Das sind zumeist gleichaltrige Jugendliche, die mindzone unterstützen wollen. Tichelmann und die "Peers" gehen dort nicht hin, um die Verbotskeule zu schwingen. "Unsere Grundhaltung zeichnet sich dadurch aus, dass wir den Drogenkonsum als Teil des Lebens und der Gesellschaft akzeptieren." Gerade dadurch aber werden sie vom Party-Publikum akzeptiert.
Tichelmann weiß, dass der Party-Drogenkonsum vor allem im jungen Erwachsenenalter verbreitet ist. "Die Konsummuster sind hier noch zumeist unproblematisch." Die jungen Erwachsenen seien völlig unauffällig und gut integriert. Er kann sich dabei auf wissenschaftliche Untersuchungen berufen, die darauf hinweisen, dass die meisten Konsumenten ihren Konsum nach einer bestimmten Zeit einstellen.
Umso wichtiger ist ihm aber die Information. Deshalb geht er mit den "Peers" zu den Partys und Veranstaltungen. Sie sprechen mit den Jugendlichen, beraten sie und leisten Aufklärung über die Wirkstoffe und Wirkungen. Das Ziel von mindzone, dem sich Tichelmann und die"Peers" verpflichtet wissen: Die jungen Erwachsenen sollen lernen, die Risiken besser einzuschätzen, ihren Konsum zu verringern oder ganz einzustellen. Damit will mindzone verhindern, dass Betroffene in problematische - regelmäßige - Konsummuster abrutschen.
Es herrscht viel Unwissen unter den Konsumenten. Die psychoaktiven Substanzen sind oft mit weitaus gefährlicheren Inhaltsstoffen verunreinigt. Was die Drogen tatsächlich enthalten und wirklich bewirken, darüber können sich die Interessenten bei den Partys direkt dank einer Gratis-App von mindzone informieren. Die Substanzanalysen stammen interessanter Weise aus dem Ausland. Dort habe man entsprechende Möglichkeiten. Tichelmann ist es wichtig, dabei darauf hinzuweisen, dass man nicht von der Form z.B. einer Pille oder einer Verpackung auf den Stoff schließen und ihn deshalb bestimmen könne. "Da gibt es keine Sicherheit. Da sind zu viele Kopien unterwegs."
Hat jemand eine zu hohe Dosis eingenommen oder erkennt das mindzone-Team, dass eine Person bereits größere Probleme mit den Drogen hat, kann es direkt helfen oder - wenn nötig - an das Hilfesystem der Drogen- und Suchtberatung vermitteln. "Wenn die jungen Leute, die Partygänger uns akzeptieren, unser Angebot als Chance zur Info, Hilfe und Beratung erkennen, dann haben wir viel erreicht." Für Tichelmann ist das eine rundum lohnenswerte Aufgabe. "Man kann dabei viel lernen." Wenn jemand aus der Partyszene bei ihm im mindzone-Projekt mitmachen möchte, ist jederzeit bei ihm "herzlich willkommen."
Clubbetreiber und Veranstalter können, davon ist Tichelmann überzeugt, von dem Projekt nur profitieren. Sie würden einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Gäste leisten. "Außerdem ist das Angebot kostenfrei."
Mindzone ist ein bayernweites Projekt in Trägerschaft des Landes-Caritasverbandes Bayern. Finanziert und unterstützt wird es vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.