Ort des Geschehens ist das Abbé-Pierre-Zentrum des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Augsburg e. V.. Alkoholkranke Menschen gehen dorthin. Sie lernen dort aus ihrem Sucht-Alltagstrott wieder herauszukommen. So arbeiten sie dort gemeinsam, reparieren Fahrräder, kochen gemeinsam, züchten ihr eigenes Gemüse im Gewächshaus oder machen Holz.
Nun haben sie auch ein Holzbackofenhäuschen, das im Garten steht, und können sich fortan ihr Brot
selbst backen. Pfarrer Karl Mair, Erster Vorsitzender des Caritasverbandes, hat ihn nun eingeweiht. Für ihn ist dieses Häuschen ein Symbol für die wertvolle Arbeit im Abbé-Pierre-Zentrum. „Dort wo Menschen zusammenwirken, entsteht und wächst Leben“, sagte er. Und wo Brot gebacken werde, „wird der Mensch an das Brot des Lebens, des Glaubens und der Gemeinschaft erinnert.“
Stefan Leinsle, der Leiter des Zentrums, und sein Kollege, der Arbeitspädagoge Dieter Jahn, wissen, wie wichtig eine sinnvolle Aufgabe ist, um am Abend zufrieden nach Hause gehen zu können. Arbeitsprojekte sind deshalb für sie unerlässlich, schwer alkoholkranke Menschen wieder ins normale Leben zurückholen zu können. Mitmachen ist deshalb dort angesagt. „Man muss hier bereit sein, sich wieder selbst auf den Weg zu machen“, erklärte es Dr. Walter Semsch, der Geschäftsführer des Augsburger Caritasverbandes. Gerade deshalb verzichtete der Arbeitspädagoge Jahn auf eine vorgegebene Bauzeichnung. „Jeder war herausgefordert sich und seine Kenntnisse einzubringen.“ „Und dabei entdeckte ich bei mir neue Fähigkeiten“, erzählte ein Besucher des Zentrums bei der Einweihungsfeier. Schritt für Schritt ging man vor, überlegte, ob es so oder anders besser geht. „Die einzige feste Vorgabe war die einen Quadratmeter große Backfläche“, betonte Jahn.
Das Backofenhäuschen mit einer jeweiligen Seitenlänge von 2 m und einer Höhe von 4,5 m kostete nur etwa 5.000 Euro. Die Materialien wurden gespendet. Die schwäbischen Biberschwanzdachziegel waren von der Firma Creaton in Wertingen gestiftet worden, Auch die Bobinger Kaminbaufirma Steidle steuerte wichtige Materialien bei. Dr. Semsch erinnert das Backofenhäuschen an das Hexenhäuschen im Märchen Frau Holle. Die Lehre aus diesem Märchen sei für ihn, dass jeder Mensch sich auf den Weg machen müsse, um seine Lebensspur zu finden, um dann wieder in sein Leben zurückkehren und es wieder selbst in die Hand zu nehmen. Das gelte schließlich auch für die Besucher des Zentrums.
Diese - Frauen wie Männer - erzählten schließlich den Gästen, was ihnen das Abbé-Pierre-Zentrum bedeute. Einer sagte: „Mir tut der Teamgeist so gut. Ich kann jeden Abend stolz darauf sein, was ich hier am Tag geleistet habe.“ Eine Frau sucht dort eine Tagesstruktur, um eine „neue Wendung zum Positiven“ zu erreichen. Einer, der auch fleißig an dem Bau des Backofenhäuschens mitgebaut hatte, geht seit acht Jahren zum Zentrum. Er machte deutlich, warum dieses Zentrum, eine Tagesstätte für alkoholkranke Menschen, dem Bezirk Schwaben am Herzen liegt. „Seitdem ich hier bin, sind meine Aufenthalte im Bezirkskrankenhaus um 90 Prozent zurückgegangen.“ Davor wurde er wegen Alkoholvergiftung 18mal im Jahr ins Bezirkskrankenhaus eingewiesen. „Auch habe ich meine persönlichen und finanziellen Probleme wieder im Griff“, sagte er. Und er muss sich kein Brot mehr im Laden kaufen. Das „eigene“ Holzofenbrot des Abbé-Pierre-Zentrums schmeckt viel zu gut. Die etwa 30 Ehrengäste konnten es selbst probierenn, waren sie nach der Feier doch zu einem besonderen Brotschmankerl eingeladen.