Eine im Dezember 2021 durchgeführte Umfrage unter knapp 300 Berater_innen aus der Schuldnerberatung, der Allgemeinen Sozialberatung und der Migrationsberatung zeigt: 88 Prozent der befragten Beraterinnen und Berater berichten, dass Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger, die die Beratungsstellen aufsuchen, Energieschulden haben. Bei anderen Leistungsempfänger_innen, etwa von Wohngeld und Kinderzuschlag, berichten das 77% der Befragten.
"Die Stromkosten sind im Regelbedarf nicht hinreichend gedeckt. Wir dürfen Energiearmut nicht sehenden Auges akzeptieren", so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.
Ralf Ritter, Schuldnerberater und Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Landkreise Uelzen/Lüchow-Dannenberg, berichtet aus seiner Beratungspraxis von Energie-Mehrkosten für Haushalte im Umfang von 30%. "Das können einkommensschwache Familien nicht tragen", sagt der Experte. "Menschen in ländlichen Regionen sind von den gestiegenen Preisen dreifach betroffen: Sie fahren meist alte Diesel, in den Wohnungen wird mit Öl oder Gas geheizt und die hohen Stromrechnungen kommen obendrauf", so Ritter weiter.
Im kommenden Jahr werden die Folgen der aktuellen Preissteigerungen bei den Heizungskosten noch deutlicher zu spüren sein. Erst dann liegen die Jahresabrechnungen vor, müssen Öltanks wieder aufgefüllt werden, laufen Preisbindungsfristen aus und werden die Tariferhöhungen der Energieversorger wirksam.
Mehr Wohnungen sanieren
Die Ergebnisse der Umfrage deuten auf Probleme hin, die sich durch die Preissteigerungen verschärfen werden. Die Befragung ergab beispielsweise, dass überraschend viele Menschen ihre Wohnung noch mit besonders ineffizienten Nachtspeicheröfen heizen. Der schlechte energetische Zustand der Wohnungen, in denen viele Haushalte zusätzlich mit Strom heizen müssen, verschärft das Problem.
Es braucht jetzt politischen Druck, um die Sanierungsquote, gerade auch im sozialen Wohnungsbau, deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass niemand sich seine sanierte Wohnung nicht mehr leisten kann.
Gefahr, dass das Existenzminimum nicht mehr gedeckt ist
Kurzfristig muss dringend mit einem einmaligen Heizkostenzuschuss für Entlastung gesorgt werden: "Die Pläne aus dem Koalitionsvertrag zum Wohngeld müssen schnell umgesetzt werden", fordert die Caritas-Präsidentin. Auch die Heizkosten von Menschen im Grundsicherungsbezug seien unbürokratisch zu übernehmen. Es darf nicht dazu kommen, dass Nachforderungen aus dem Regelbedarf gezahlt werden und damit das Existenzminimum nicht mehr gedeckt ist.
Wichtig ist, dass kostenlose Energieberatung - wie zum Beispiel der Stromsparcheck - für einkommensschwache Haushalte flächendeckend zur Verfügung steht und verstetigt wird.
Sich daraus ergebende Einsparungen zahlen sich unmittelbar aus. Auch Soforthilfen, mit denen die Energieeffizienz erhöht werden kann (wie Dichtband für Fenster- und Türfugen, Raumthermometer, ...) werden durch den Stromsparcheck kostenlos zur Verfügung gestellt. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zu sozial gerechtem Klimaschutz.
Die Caritas setzt sich beim Klimaschutz dafür ein, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bevölkerung in Form eines Pro-Kopf-Klimagelds zurückgezahlt werden.