Die bleibenden Symptome nach ihrer Covid-Erkrankung sind für Lena Neumann* bis heute eine schwere Last: "Zum Teil habe ich tagelang Kopfschmerzen und spüre eine bleierne Müdigkeit, mein Körper brennt und ich bin einfach nur erschöpft. Früher ist mir so etwas nie passiert, ich habe in meinem studentischen Nebenjob in der Gastronomie mehrere Jahre zum Teil Nächte durchgearbeitet."
Die 27-Jährige steckt sich im Mai 2021 mit Covid an, obwohl sie geimpft und frisch geboostert ist. "Ich fühlte mich vier Tage sehr stark erkältet, hatte Fieber und war erschöpft, aber schon nach einer Woche war mein Testergebnis wieder negativ", erzählt Lena. Nach ihrer Erkrankung fühlt sie sich zunächst besser, die Symptome von Long-Covid kommen erst nach einigen Wochen wieder, dann aber massiv. "Ich war komplett überfordert, hatte Wortfindungsschwierigkeiten, habe fast nur geschlafen und wusste nicht mehr ein noch aus. Es war eine heftige und lange Zeit der Ungewissheit, die mit viel Angst verbunden war", erinnert sie sich. Ihr Arzt äußert bereits nach kurzer Zeit den Verdacht auf Long-Covid, aber die Medizin weiß bei diesem neuen Krankheitsbild noch nicht wirklich, was zu tun ist.
Bettina Rühlmann von der `Kontakt- und Beratungsstelle Selbsthilfe´ beim Landes-Caritasverband für Oldenburg e.V. wird schnell bewusst, dass immer mehr an Long-Covid-Erkrankte dringend Unterstützung benötigen. Ende Juni 2022 gründet sich die erste Selbsthilfegruppe im Landkreis "Bisher hat die Gruppe acht Mitglieder zwischen 27 und 59 Jahren, die sich einmal monatlich treffen. Für mehr Treffen fehlt den Erkrankten zumeist die Kraft", berichtet sie. Von Mal zu Mal kommen ungefähr ein bis zwei neue Anfragen hinzu, und "aktuell sehen wir bei der Nachfrage kein Ende, im Gegenteil." Rühlmann leitet die Gruppe in den ersten Wochen organisatorisch lose an, denn Selbsthilfegruppen sind immer selbstorganisierte Zusammenschlüsse von Menschen, die ein gemeinsames Anliegen haben - wie zum Beispiel eine gleiche Erkrankung.
Erleichterung in der Long-Covid Selbsthilfegruppe
Lena ist seit dem zweiten Treffen der Long-Covid Selbsthilfegruppe dabei und hat sich direkt angenommen und verstanden gefühlt: "In meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich mich anfangs sehr zurückgezogen, es fehlt einfach das Verständnis für diese heftigen Symptome und die neue Art der Erkrankung", erklärt sie. Lena hat Therapieerfahrung und sich selbst im Internet auf die Suche nach einer Selbsthilfegruppe gemacht. "Ich habe geweint vor Erleichterung bei meiner ersten Sitzung, weil es uns allen ähnlich geht. Ich war so glücklich, endlich verstanden zu werden und zu erleben, dass ich nicht allein bin mit meiner Erkrankung", erzählt sie. Entscheidend für Selbsthilfegruppen sei auch das gegenseitige Vertrauen, alles bleibe im Raum und es sei nicht von Bedeutung, wer wie alt ist, was er oder sie beruflich macht oder wie er oder sie heißt oder wo die Person lebt. Auch den vollen Namen müsse man nicht nennen. Neben dem gegenseitigen Verständnis gibt es auch Erfahrungsaustausch zum Beispiel zu Rehas, Behandlungsmethoden oder Ärzten.
Langsam, aber stetig geht es Lena mittlerweile ein wenig besser. Sie kann wieder mit ihrem Hund spazieren gehen oder zum Einkaufen. Außerdem steht im November ein erster Urlaub an, ohne viele Planungen zur Reiseroute oder Druck, etwas zu erleben: "Ich will wieder belastbar sein. Ich will mein Leben wieder haben", erklärt sie hoffnungsvoll.
Weitere Informationen:
Kontakt- und Beratungsstelle Selbsthilfe im Landkreis Vechta, Tel. 04441 8707-0, E-Mail: kontaktstelle@lcv-oldenburg.de
*Name auf Wunsch von der Redaktion geändert.
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