Zusammenarbeiten
Was passt wirklich? Das ist für Matthias Ehret, Vorstand des Caritasverbands Konstanz, die Gretchenfrage einer erfolgreichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt. "Nehmen wir an", bringt er ein Beispiel, "die Eltern eines Sohnes mit Downsyndrom sagen: ,Du kannst doch gut Spüler werden!‘ und es findet sich ein Betrieb, wo er arbeiten könnte. Dann wird es trotzdem in der Küche nicht dauerhaft funktionieren, wenn der Sohn viel lieber mit Tieren arbeiten will." Bei der Suche nach einem potenziellen Arbeitsfeld seien die Wünsche und Stärken der Arbeitnehmer(innen) entscheidend, sagt Ehret.
Angebot und Nachfrage passend zusammenzubringen, ist die zentrale Aufgabe eines Fachdienstes zur betrieblichen Inklusion, wie ihn der Caritasverband Konstanz im November 2015 in Radolfzell eröffnet hat. Dieser ambulante Dienst soll Menschen mit Behinderung, chronisch Kranke und Langzeitarbeitslose, die Unterstützung brauchen, in ihre gewünschten Arbeitsbereiche vermitteln. Die Mitarbeiterinnen arbeiten außerdem daran, einen regionalen Pool von Arbeitgebern zu bilden, die dafür sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen oder auch Minijobs, Praktika und Hospitationen anbieten. Immer wieder neu müssen sie zwei Fragen klären: Was ist gewünscht? Was davon kann man bei welchem Arbeitgeber der Region umsetzen?
"Der Dienst versucht zunächst, bei den Menschen mit Behinderung oder Menschen, die aus anderen Gründen Unterstützungsbedarf haben, ganz genau herauszukitzeln, welche Arbeit sie sich selbst wünschen und welche Stärken sie haben", beschreibt Matthias Ehret. Als großer Träger der Behindertenhilfe hat der Caritasverband Konstanz zum Beispiel in Caritas-Werkstätten oder Förderschulen bereits engen Kontakt mit künftigen Klient(inn)en des Fachdienstes. Der neue Dienst steht aber auch Menschen offen, die keine Einrichtung der Caritas nutzen. Das Profil der Bewerber(innen) zu schärfen, ist die eine Aufgabe. Die andere Aufgabe ist es, die geeigneten Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung wohnortnah zu finden. "Wir gehen auf Betriebe zu, werben für Inklusion und versuchen herauszufinden, was passt", sagt Ehret. Dabei hilft die Vernetzung mit der regionalen Arbeitgeber-Initiative des Landkreises Konstanz und anderen Wirtschaftsgremien.
Von der Vernetzung seines Trägers in unterschiedlichen Zirkeln von Arbeitgebern und Lokalpolitik wird auch der neue "Fachdienst zur Ambulanten betrieblichen Inklusion" im südlichen Emsland profitieren. Das Christophorus-Werk in Lingen will ihn Anfang 2016 eröffnen. "Wir sind Mitglied im Wirtschaftsverband Emsland und Kooperationspartner des regionalen Leader-Projekts des Europäischen Sozialfonds (ESF), in dem alle Bürgermeister vertreten sind", sagt Klaus van Kampen, Leiter Betriebliche Arbeit und Bildung. An diese Kontakte sollen die Mitarbeitenden des neuen Fachdienstes anknüpfen, ihre Dienste in kommunalen Gremien und Kirchengemeinden vorstellen und allmählich zu zentralen Ansprechpartnern für betriebliche Inklusion im südlichen Emsland werden. Sie fungieren einmal als Beratung für Betriebe, die Menschen mit Behinderung beschäftigen wollen und bieten parallel Unterstützung für diejenigen, die Beschäftigung im eigenen Quartier finden möchten, so van Kampen. Im Fokus stehen dabei nicht nur Beschäftigte der Werkstatt für behinderte Menschen, sondern auch die Abgänger(innen) der Förderschule für geistige Entwicklung und externe Beschäftigungssuchende.
Beide Fachdienste wären ohne eine Anschubfinanzierung der Aktion Mensch nicht an den Start gegangen: Mit jeweils 250.000 Euro fördert die Soziallotterie innerhalb von fünf Jahren bis zu anderthalb neu zu schaffende Stellen. Bezuschusst werden Dienste für betriebliche Inklusion, wenn sie ein Netzwerk für Arbeits- und Beschäftigungsplätze aufbauen. Sie müssen sowohl Arbeitgeber als auch Menschen mit Behinderung informieren und begleiten. Das Projekt sollte sich auch an externe Interessierte wenden. Klaus von Kampen sieht die Förderung als Glücksfall: "Sie verschafft uns ein Spielbein, um in Sachen Inklusion etwas Neues auszuprobieren."
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