Tafelkunden machen Theater
Einkaufswagen rollen rasselnd auf die Bühne. Menschen laufen zu einem großen Tisch. Sie kippen überquellende Tüten vom Discounter aus: Schokohasen, Joghurtbecher, Milchtüten, Getränkedosen, Obst und Gemüse. Eine Schlange formiert sich -Tafeltag! Im Hintergrund preist eine Stimme den Überfluss in unserer Gesellschaft an: "Frische Erdbeeren aus Israel, Birnen aus Afrika…." Eine Schlüssel-Szene aus einer ungewöhnlichen Theaterproduktion, die im Mai in der Trierer Tufa aufgeführt wurde: "Darf’s ein bisschen mehr sein" wirft komische, ironische und kritische Blicke auf Armut in Deutschland. Zusammen mit dem Sozialdienst katholischer Frauen Trier, der die Trierer Tafel betreibt, hat der Theaterverein Karussell zusammen mit Studenten, ehrenamtlichen Mitarbeitern der Tafel und "Tafel-Kunden" eine szenische Revue auf die Bühne gebracht, die mitreißt und nachdenklich stimmt.
"Kannst Du Dir vorstellen, dass niemand Dich braucht?"
Unter der Regie von Roman Schmitz verbindet das "Tufa-Tafeltheater" Sketche wie zum Beispiel eine witzige Persiflage auf den durch Bildungsgutscheine finanzierten Ballettunterricht mit anderen Szenen, die unter die Haut gehen: "Kannst Du Dir vorstellen, dass niemand Dich braucht? Ich will gebraucht werden", beschreibt ein Darsteller das Elend eines Arbeitslosen. Oder die junge Frau, deren einziger Wunsch eine Ausbildungsstelle ist: "Warum meinen denn alle, das ich das nicht will, nur weil ich aus einer Hartz-IV-Familie komme?" schreit sie wütend ins Publikum.
Sie stehen stellvertretend für die Kunden der Trierer Tafel. Zu jeder der zweimal wöchentlich stattfindenden Ausgabe kommen jeweils ca. 180 Personen, die für sich und ihre Familienangehörigen Lebensmittel holen. So werden an jedem Ausgabetag rund 600 Personen unterstützt. Ca. 80 ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sammeln dazu überschüssige, aber qualitativ einwandfreie Lebensmittel ein, sortieren sie und geben sie kostenlos an bedürftige Menschen weiter. Die im Hintergrund des Tafeltheaters anklingende Diskussion, ob Tafeln hilfreich sind oder ob sie dazu beitragen, den Sozialstaat aus seiner Verantwortung für die Armen zu entlassen, interessiert die Kunden wenig; sie sind vielmehr dankbar "für die Blumen, die es manchmal gibt", "für die Überdachung, damit wir nicht nass werden". Auch das kommt während der Revue zur Sprache.
Mit den vier Aufführungen des Tafel-Theaters, die rund 450 Zuschauer sahen, haben die Veranstalter einen großartigen Beitrag zum Begleitprogramm der Trierer Ausstellung "Armut - Perspektiven in Kunst und Gesellschaft" geleistet.