Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Referentenentwurfs zum PSG III liegt auf der Umsetzung der Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege und der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs in der Hilfe zur Pflege (SGB XII). Weiter soll das Verhältnis zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung, der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege neu geregelt werden. Außerdem werden verschiedene Normen an die Neuregelungen des PSG II angepasst, wie beispielsweise die Pflegebuchführungsverordnung.
Stärkung der Rolle der Kommunen bei der Planung und Steuerung im Bereich Pflege
Dieser Abschnitt umfasst mehrere Gesetzesänderungen innerhalb von SGB XI, die sich vor allem auf den Bereich der Beratung konzentrieren. Vom Gesetzgeber intendiert ist eine verbesserte Steuerung, Planung und Vernetzung von kommunalen Beratungsaufgaben. Dafür steht zum einen die Möglichkeit für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, Beratungsgutscheine für eine Pflegeberatung gem. § 7a SGB XI nunmehr auch auf Gemeindeebene einlösen zu können. Zudem erhalten kommunale Stellen, die für die Hilfe zur Pflege nach SGB XII zuständig sind, das Initiativrecht zur Einrichtung eines Pflegestützpunktes in ihrem regionalen Einzugsgebiet.
Weiter wurde in SGB XI ein neues dreizehntes Kapitel zu Befristeten Modellvorhaben (§§ 123; 124) aufgenommen. Den zuständigen kommunalen Stellen wird damit ermöglicht, Beratungsaufgaben nach dem SGB XI wie den Pflegepflichteinsatz, die Pflegeberatung nach § 7a bis 7c und Pflegekurse nach § 45 in eigener Zuständigkeit zu erbringen.
Um die Vernetzung der Pflegeangebote zu stärken, ist die Einführung von sektorenübergreifenden Landespflegeausschüsse vorgesehen, in die die Landesverbände der Pflegekassen, der Krankenkassen, die Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigungen und die Landeskrankenhausgesellschaften eingebunden sind. Möglich ist auch die Bildung von regionalen Pflegeausschüssen, in die die Pflegekassen verpflichtend eingebunden werden.
Aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes (DCV) ist die Intention des Gesetzgebers, durch den vorliegenden Gesetzesentwurf die Rolle der Kommunen in der Pflege zu stärken, insgesamt zu begrüßen. Dennoch besteht sowohl mit Blick auf die Umsetzung des gesetzlich garantierten Beratungsanspruchs als auch bei der Planung, Koordination und Vernetzung regionaler und sektorenübergreifender Strukturen im Bereich Pflege deutlicher Nachbesserungsbedarf.
So müssen Beratungsleistungen ausschließlich den Interessen der zu beratenden Personen verpflichtet sein und dem Ansatz der Sozialraumorientierung folgen. Dies ist im Entwurf nicht immer gegeben. Zudem müssen die Wohlfahrtsverbände und die Betroffenenverbände durchgängig besser in die Strukturen eingebunden werden.
Neuregelung des Verhältnisses von Pflegeversicherung, Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege
In § 13 (neu) SGB XI des Referentenentwurfs wird geregelt, dass Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld Sachleistungen der Pflegeversicherung vorrangig gegenüber Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach dem Zwölften Buch, dem Bundesversorgungsgesetz und dem Achten Buch erhalten, es sei denn, Aufgaben der Eingliederungshilfe stehen im Vordergrund.
Aus Sicht des DCV muss der bisher bestehende Gleichrang von Pflegeleistungen und Leistungen der Eingliederungshilfe unbedingt erhalten bleiben. Aufgrund der wesensverschiedenen Zielsetzung der Leistungen der Pflegeversicherung einerseits und der Eingliederungshilfe andererseits darf es keinen Vorrang der Pflegeversicherung geben. Auch wird durch diese Neuregelung Menschen mit Behinderung das Wunsch- und Wahlrecht entzogen.
Gleiches gilt für den mit § 63b (neu) SGB XII postulierten Vorrang der Hilfe zur Pflege gegenüber anderen Sozialleistungen. Leistungen der Hilfe zur Pflege und Leistungen der Eingliederungshilfe haben unterschiedliche Zielsetzungen und können deshalb nicht in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Leistungen der Eingliederungshilfe müssen aufgrund ihrer spezifischen Inhalte vorrangig gewährleitstet werden.
Anpassungen innerhalb von SGB XII (Hilfe zur Pflege)
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI wird weitgehend in das SGB XII übertragen. Dazu wurde das Siebte Kapitel "Hilfe zur Pflege" insgesamt neu gefasst. Einzelne Regelungen und Anpassungen bedürfen aus Sicht des DCV jedoch einer grundlegenden Überarbeitung.
So müssen auch Menschen, die keinen Pflegegrad erreichen, aber einen Hilfebedarf haben, weiterhin Zugang zur Hilfe zur Pflege haben. Des Weiteren müssen auch andere und weitergehende Hilfen als die der Pflegeversicherung von den Leistungen der Hilfe zur Pflege erfasst werden.
Der Leistungsumfang für Versicherte der jeweiligen Pflegegrade wird in § 63 (neu) geregelt. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege für Pflegebedürftige des Pflegegrads 1 umfassen gegenüber dem Leistungskatalog nach § 28a SGB XI in der ab dem 1.1.2017 geltenden Fassung jedoch einige Leistungen nicht, wie z.B. den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI und die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in der stationären Pflegeeinrichtung gemäß § 43b SGB XI. Hier ist eine Anpassung erforderlich.
Mit § 64 SGB XII wird festgelegt, dass die Pflege im ambulanten Bereich vorrangig durch Inanspruchnahme von Pflegegeld sicherzustellen ist. Diesen Vorrang des Pflegegelds vor der Pflegesachleistung lehnt der DCV ab. Das Wahlrecht der Versicherten zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen muss erhalten bleiben
In der Neufassung des § 63a SGB XII wird die Hilfe zur Pflege im häuslichen Bereich pauschal auf einen Betrag in Höhe von 10 Prozent des Leistungsbetrags nach § 36 SGB XI festgelegt. Mit dieser Regelung wird erstmals eine Pauschalierung des pflegerischen Bedarfs in das dem Grundsatz nach bedarfsdeckende System der Sozialhilfe eingeführt. Der DCV setzt sich deshalb für eine Neuformulierung von § 63a ein.