Die Bundesregierung hat zum 29.9.2015 ein umfangreiches Paket zur Änderung des Asylrecht auf den parlamentarischen Weg gebracht. Am 12.10.2015 war die Anhörung im Innenausschuss und am 16.10.2015 soll das Gesetz im Bundesrat beschlossen werden.
Mit der Gesetzesänderung soll auf die derzeit sehr hohe Zahl an Asylsuchenden reagiert werden. Sie hat zum Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen, die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer(innen) zu vereinfachen, Fehlanreize zu beseitigen und Unterbringung zu gewährleisten. Außerdem soll die Integration insbesondere der Schutzsuchenden mit Bleibeperspektive verbessert werden. In einer Vorfassung war der Gesetzentwurf den Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet worden. Der Deutsche Caritasverband hatte die Gelegenheit zur Stellungnahme wahrgenommen. Zu dem teilweise veränderten Regierungsentwurf hat der Deutsche Caritasverband erneut eine Stellungnahme abgegeben, in die die erste Stellungnahme (vom 23.9.2015) integriert wurde.
Der Deutsche Caritasverband teilt viele der Ziele des Gesetzesvorhabens. Soweit es um die Beseitigung von Fehlanreizen geht, sind allerdings die verfassungsrechtlichen Gestaltungsgrenzen strikt zu beachten. So spricht sich der Deutsche Caritasverband dezidiert gegen alle Überlegungen aus, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gewährten Leistungen zu reduzieren. Dies ist für bestimmte Menschen vorgesehen, über deren Asylrecht oder Ausreisepflicht noch nicht entschieden wurde, außerdem für Personen, die ohne Frist vollziehbar ausreisepflichtig sind und die Ausreisefrist. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom Juli 2012 klargestellt, dass das Menschenrecht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums allen Menschen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus zukommt. Die Höhe existenzsichernder Leistungen darf sich ausschließlich am Bedarf, nicht aber an migrationspolitischen Überlegungen orientieren. Soweit die Leistungen also für bestimmte Gruppen von Schutzsuchenden reduziert werden sollen, ist der Nachweis zu führen, dass auch ihr Bedarf entsprechend geringer ist. Aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes ist dieser Nachweis jedoch nicht erbracht.
Kritisch sieht der Deutsche Caritasverband auch das geplante gesetzliche Arbeitsverbot für Geduldete, die das Abschiebehindernis selbst zu vertreten haben. Wie die Erfahrung zeigt, halten sich viele Geduldete trotz ihrer grundsätzlich fortbestehenden Ausreisepflicht längerfristig in Deutschland auf. Hierfür gibt es im Einzelfall vielschichtige Gründe, die sich nicht auf die fehlende Mitwirkung der Betroffenen reduzieren lassen. Das Aufenthaltsgesetz sieht daher unter bestimmten Voraussetzungen den Übergang in eine Aufenthaltserlaubnis vor. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren zusätzliche Rechtsgrundlagen für eine solche Aufenthaltslegalisierung geschaffen, was der Deutsche Caritasverband sehr begrüßt hat. An den Erwägungen, die der Schaffung dieser Bleiberechte zugrunde lagen, hat sich auch angesichts der aktuellen Herausforderungen nichts geändert. Nach wie vor liegt es im Interesse der Betroffenen, aber auch der Gesellschaft, denjenigen, die jedenfalls auf absehbare Zeit in Deutschland bleiben werden, Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Der Deutsche Caritasverband teilt die Auffassung, dass zwischen dem Asylsystem und anderen humanitären Schutzformen einerseits und der Zuwanderung zur Arbeitsaufnahme andererseits klar unterschieden werden muss. Zu der gebotenen Entlastung des Asylsystems kann es unserer Ansicht nach beitragen, Menschen, die keinen humanitären Schutz beanspruchen können, Perspektiven der Arbeitsaufnahme zu eröffnen.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird in großer Eile durch das Gesetzgebungsverfahren gebracht. Das führt dazu, dass der Gesetzgeber die einzelnen Regelungen bereits aus zeitlichen Gründen hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht im ausreichenden Maße bewerten kann. Es wird daher vorgeschlagen, im Gesetzestext verbindlich festzulegen, dass die neugeschaffenen Regelungen nach Ablauf von drei Jahren auf ihre Wirkung überprüft und ggf. revidiert werden.
Den vollständigen Text beider Stellungnahmen können Sie als PDF-Dateien am Ende des Textes nachlesen.