Aufarbeitung und Studien
Studie zur Heimkinderzeit der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie
Am 23.6.2016 stellte der Fachverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) eine Studie vor, die sich mit der Situation auseinandersetzt, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung in den Anfangsjahren der Bundesrepublik in katholischen Einrichtungen Gewalt, Missbrauch und Leid erfahren haben.
Die Studie "Heimkinderzeit. Eine Studie zur Situation von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der katholischen Behindertenhilfe in Westdeutschland (1949 - 1975)" wurde im Auftrag des CBP vom Institut für Angewandte Forschung, Entwicklung und Weiterbildung (IAF) in Freiburg durchgeführt. Mitfinanziert und mitgetragen wird sie von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), dem Deutschen Caritasverband (DCV), der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) und der Veronika-Stiftung.
Deutscher Caritasverband betreibt aktive Aufarbeitung
Mit der Studie bekennt sich der Deutsche Caritasverband mit seinem Fachverband CBP zu seiner eigenen Geschichte und zeigt ein hohes Interesse an einer selbstkritischen und aktiven Aufarbeitung. Diese ist notwendig, um die Arbeit der heutigen Behindertenhilfe und Psychiatrie glaubwürdig an den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention zu orientieren und im Einklang mit dem christlichen Menschenbild umzusetzen.
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen in dieser Zeit massiven Gewalterfahrungen in den Heimen ausgesetzt waren. Die Ursachen dafür waren vielfältig. Sie finden sich in der Überforderung der Ordensschwestern und Ordensbrüder, die die Hauptlast der Arbeit in den Heimen trugen, in der fehlenden Fachlichkeit der damaligen Zeit, in Gewalt fördernden Strukturen, in der geringen staatlichen Unterstützung der Heime und auch im Fehlverhalten einzelner Verantwortlicher.
In der Zeit von 1949 bis 1975 lebten nach Schätzungen 30.000 bis 50.000 Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen in katholischen Heimen. Als potenzielle Teilnehmer an der Studie wurden im Kontakt mit den Einrichtungen 2.641 Personen identifiziert. Rund 80 Prozent konnten aufgrund eines erhöhten Hilfebedarfs bzw. kognitiver Einschränkungen nicht befragt werden. Befragt wurden 339 Personen, die heute im Durchschnitt 72 Jahre alt sind.
Die Studie wurde im Lambertus-Verlag veröffentlicht. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Fachverbands Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP)
Forschungsprojekt sexualisierte Gewalt in der Erziehungshilfe
Von 2011 bis 2014 hat der Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe e. V. (BVkE) in Zusammenarbeit mit dem IKJ in Mainz zu sexueller Gewalt in der Erziehungshilfe geforscht, in einem von der Stiftung Glücksspirale geförderten Präventionsprojekt.
Um Kinder und Jugendliche nachhaltig gegen (sexualisierte) Gewalt in Institutionen zu schützen, müssen Schwächen und Fehler der Vergangenheit analysiert und eine intensive Präventions- und Aufklärungsarbeit mit systematisierten Handlungsempfehlungen durchgeführt werden.
In einem Handbuch werden zentrale Ergebnisse dieses Projekts dargestellt - insbesondere eine praxiserprobte Checkliste, die Einrichtungen und Diensten der Erziehungshilfe als Grundlage zur eigenen Risikoanalyse dienen kann. Darüber hinaus wird der Themenbereich sexualisierte Gewalt durch Mitarbeiter/-innen in Erziehungshilfeeinrichtungen in Form von Fachbeiträgen namhafter Autoren/-innen tiefergehend beleuchtet. Im Serviceteil am Ende sind neben einer umfangreichen Liste mit themenspezifischer Fachliteratur Adressen von Fachstellen sowie Fortbildungsangebote zu diesem Themengebiet aufgeführt, die Praktikern aus dem Bereich der Erziehungshilfe wichtige Hinweise und Tipps zur Orientierung in der eigenen Arbeit geben können.
Die Studie wurde im Lambertus-Verlag veröffentlicht. Weitere Informationen und Bestellung der Studie.
Deutsche Rentenversicherung Bund, Caritas, Diakonie und Deutsches Rotes Kreuz beauftragen Studie zur Geschichte der Kinderkuren
Am 31.03.2023 haben DRV Bund, Caritas, Diakonie und DRK bekannt gemacht, dass sie die Geschichte der Kinderkuren und Kindererholungsmaßnahmen in der bundesdeutschen Nachkriegszeit wissenschaftlich aufarbeiten lassen: Dafür haben sie sich auf ein Forschungsvorhaben verständigt. Mit der Durchführung beauftragt wurde ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Nützenadel, Sozial- und Wirtschaftshistoriker an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Vorhaben ist auf zwei Jahre angelegt. Erste Ergebnisse sollen bis Ende 2024 vorliegen und im Jahr 2025 veröffentlicht werden.
Im Mittelpunkt der Forschungen steht die geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung des bundesdeutschen Kinderkurwesens zwischen 1945 und 1989. Bei den zu untersuchenden Kinderkuren und Kindererholungsmaßnahmen handelt es sich um ein weit verbreitetes Angebot in der deutschen Nachkriegszeit. Die Kuren sollten den gesundheitlichen Zustand von Kindern und Jugendlichen durch eine ausreichende Ernährung und den Aufenthalt in einer Region mit guter Luftqualität verbessern. In den letzten Jahren wurden vermehrt Berichte von Menschen veröffentlicht, die während der Kuraufenthalte belastende Erfahrungen machten und die auf Missstände in Heimeinrichtungen hinwiesen.
Dabei soll das Ausmaß und Formen von Fehlverhalten und Missständen in den Heimeinrichtungen aufgezeigt werden. Zu den zu untersuchenden Akteurinnen und Akteuren zählen das Heimpersonal, Aufsichtsbehörden und die Träger der Einrichtungen sowie Krankenkassen und die Rentenversicherung. Die Erfahrungen der betroffenen ehemaligen Kinder und Jugendlichen werden durch Zeitzeugenberichte und qualitative Interviews eingebunden. Es ist der Rentenversicherung und den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege - Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland und Deutsches Rotes Kreuz - ein wichtiges Anliegen, ihre Rolle in diesem Zusammenhang unabhängig untersuchen zu lassen und damit ihrer Verantwortung als institutionelle Akteure nachzukommen.
Weitere Informationen über die Studie zur Geschichte der Kinderkuren.