„Respekt Coaches“: Junge Menschen üben Respekt ein
Das Projekt fördert ein demokratisches und respektvolles Miteinander im Klassenzimmer. An bundesweit 190 Standorten stärkt das Projekt Schülerinnen und Schüler im Alter von zwölf bis 27 Jahren. Schon seit zwei Jahren kooperiert das Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth (CSW) mit zwei Allgemeinbildenden Schulen und einer Berufsbildenden Schule, um auf die Jugendlichen zuzugehen. Das Programm ist so erfolgreich, dass wir es auf eine vierte Schule ausweiten werden. Wir arbeiten eng mit dem Landkreis Cloppenburg und der Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta und anderen Partnern vor Ort zusammen.
Um Jugendliche anzusprechen, braucht es gute Konzepte
Wir beiden Coaches planen mit den Schulen unterschiedliche Präventionsmaßnahmen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und extremistische Ideologien. Dazu gehören Workshops, Tagesseminare oder auch mehrtägige Seminarfahrten. Bisher haben über 1130 Schüler(innen) daran teilgenommen. Ende September haben wir eine ganze Projektwoche unter dem Titel "Wir sind stark" im gesamten sechsten Jahrgang an der örtlichen Oberschule durchgeführt. Dabei stand uns ein Trainer für Soziale Kompetenz zur Seite, sodass wir über pädagogische Ansätze und Rollenspiele das Thema Selbstbehauptung und Gewaltprävention mit den Schüler(inne)n thematisieren konnten.
"Wir sind stark" war das Leitmotiv der Projektwoche. Zu Beginn unserer Einheit haben wir ein Plakat mit der Frage "Wir sind ein Team?" im Klassenzimmer aufgehängt. In Kleingruppen haben sich die Schüler(innen) damit beschäftigt, wie sie im Fall von Diebstählen oder Gewaltdelikten richtig reagieren können. Dies haben sie dann auch mit uns in Rollenspielen eingeübt. Die Schülerinnen und Schüler haben während dieser intensiven Zusammenarbeit immer wieder weitere Begriffe wie "Toleranz" und "Zusammenhalt" auf das Plakat geschrieben. Am Ende des gemeinsamen Tages mündeten die Ergebnisse in die bekräftigende Aussage: "Wir sind ein Team!".
Aufklären und Selbstvertrauen schaffen
In der Vergangenheit hat sich für uns auch die Zusammenarbeit mit dem Schauspielkollektiv "Neues Schauspiel Lüneburg" bewährt. Dabei ist das gemeinsame Ziel, Jugendliche über menschenfeindliche Ideologien aufzuklären. So haben wir im letzten Jahr gemeinsam die Vorführung des Theaterstücks "Jihad, Baby!" an der örtlichen Berufsschule organisiert. Im Theaterstück geht es um Jonas, er ist ein "normaler Jugendlicher", der genervt von der Schule, seinen Eltern und dem Alltag ist. Er sucht nach Ablenkung, schwänzt die Schule, experimentiert mit Drogen, die noch mehr Probleme mit sich bringen. Mit seinem Freund Musa besucht er eines Tages die Moschee. Dort fühlt er sich direkt willkommen.
Zuhause sieht er sich immer öfter YouTube-Videos von einem muslimischen Prediger an und ist fasziniert. Schließlich konvertiert er zum Islam. Jonas lernt über Musa eine Gruppe junger Männer kennen, die gemeinsame Aktionen planen, den "Drogenpark säubern", in die Fußgängerzone gehen und in der Stadt Präsenz zeigen. Das ist aufregend, und die ablehnenden Reaktionen seines Umfeldes ermutigen Jonas, statt ihn zu verunsichern. Doch dann verliebt er sich in die selbstbewusste Jenny, die ebenfalls Probleme mit ihrer Familie zu haben scheint. Eine Beziehung zu ihr ist aber tabu. Diese Regel zu befolgen, fällt Jonas schwer. Gleichzeitig geben ihm der strenge Glauben und der familiäre Umgang unter den Brüdern Halt. Einen Halt, den er nicht verlieren will. Musa nimmt ihn schließlich mit zu einem privaten Treffen, bei dem es um den "wahren Glauben" und einen "richtigen” Kampfeinsatz im Namen Allahs gehen soll. Jonas‘ anfängliche Begeisterung kippt langsam, er wird skeptisch. Ist es das, was er will? Kann er jetzt noch zurück?
Die Jugendlichen selbst zu Wort kommen lassen
Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Sprache zu sprechen. Anhand des Theaterstücks werden das Thema Radikalisierung und der Weg dorthin anschaulich dargestellt. Die jungen Menschen lernen die subtilen Strategien von Dschihadisten kennen und werden gegenüber Rekrutierungs- und Verführungsversuchen sensibilisiert. Im Nachgang hatten wir die Möglichkeit, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und das behandelte Thema gemeinsam mit dem Team des Schauspielkollektivs zu reflektieren. In solchen Situationen diskutieren die Schüler(innen) immer sehr aktiv mit uns.
Schulbezogene Jugendsozialarbeit im Kontext der Corona-Pandemie
Der Präventions-Bedarf in den Schulen ist durch die Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Im Austausch mit den Jugendlichen spürt man ihren großen Redebedarf. Wenn wir ins Klassenzimmer kommen und mit den Schülerinnen und Schülern sprechen, besteht von Anfang an eine gute Verbindung. Sie sind trotz des Erfordernisses, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, sehr begeistert und nehmen viele neue Erkenntnisse für sich mit. Wichtig ist, dass sie ihre Sicht auf die Geschehnisse äußern und verarbeiten können. Solche Maßnahmen verbinden und stärken den Zusammenhalt in der Klasse.
Viele Kooperationspartner, die den "Respekt Coaches" als Referent(inn)en zur Seite stehen, befürworten die Präsenzveranstaltungen in den Schulen, bei denen selbstverständlich die jeweiligen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Die gemeinsame Umsetzung besteht darin, mit den beteiligten Akteur(inn)en an einem Strang zu ziehen, um die jeweils bedarfsgerechten Workshops anzubieten.
Rückblickend sind sich CSW und alle Kooperationspartner vor Ort einig: "Respekt Coaches" verfolgt den richtigen Ansatz und ergänzt die schulische Präventionsarbeit. Das Angebot stärkt Jugendliche in ihrer Entwicklung und vernetzt alle beteiligten Akteure in der örtlichen Präventionslandschaft. Nicht nur in Cloppenburg gilt das Programm "Respekt Coaches" als integraler Bestandteil der Jugendsozialarbeit an den Schulen - es muss es bundesweit ausgeweitet und fest in den Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes implementiert werden.