Caritas denkt Führung neu
Das Ziel mehr Geschlechtergerechtigkeit innerhalb des Caritasverbandes zu erlangen zeigt sich nicht zuletzt an den zurückliegenden Projekten im Bereich der Organisationsentwicklung, die im Rahmen des Förderprogrammes Rückenwind des Europäischen Sozialfonds durchgeführt wurden. 2012 wurde hier das dreijährige Projekt „Gleichgestellt in Führung gehen: Schaffung eines gleichberechtigten Zugangs von Frauen und Männern zu Führungspositionen in der Caritas” ins Leben gerufen, das insbesondere darauf abzielte, die niedrige Frauenquote in Führungspositionen der Caritas zu erhöhen. 2016 startete mit „Geschlecht. Gerecht gewinnt. Förderung einer geschlechtergerechten Organisationskultur in der Caritas” ein weiteres Projekt zur Erreichung dieses Ziels.
Ausgangslage des Projektes „Führung neu denken”
Die zurückliegende Projektarbeit hat gezeigt, dass es einen langen Transformationsprozess braucht, um das Ziel einer geschlechtergerechten Besetzung von Führungspositionen zu erreichen. Dennoch: Nur 23 Prozent der hauptamtlichen Vorstände und Geschäftsführer_innen von Caritas-Organisationen sind weiblich. Dabei sind 82 Prozent aller Caritasmitarbeitenden Frauen. Nach wie vor gibt es somit viel zu tun.
Um den Transformationsprozess weiter voranzubringen und zu begleiten, wurde 2019 mit „Führung neu denken” ein weiteres Projekt im Förderprogramm Rückenwind zur Erreichung von mehr Geschlechtergerechtigkeit ins Leben gerufen. Das Projekt „Führung neu denken - agil, vielfaltsorientiert und geschlechtergerecht” hat dabei neue Schwerpunkte gesetzt. Zum einen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Ansatz für mehr Gerechtigkeit zwischen Menschen mit unterschiedlichen Merkmalen, Eigenschaften und Haltungen über die reine Frage der Geschlechtszugehörigkeit hinaus gehen muss. Zum anderen werden, wie der Titel bereits deutlich macht, Führungskräfte und Führungsstil als entscheidende Faktoren identifiziert, um mehr Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt im Verband zu etablieren.
Vielfaltsmanagement: Zukunftsthema der Verbandsentwicklung
Grundsätzlich zeigt sich in Studien, dass geschlechtergemischte und diverse Teams bessere Problemlösungsstrategien anwenden. Vielfalt ist somit eine wichtige Bedingung für Innovationsfähigkeit und Krisenresilienz von Teams und damit auch für den Caritasverband insgesamt. Dies gilt jedoch nur, wenn zum einen Vielfalt kompetent gemanagt wird, zum anderen Struktur und Kultur der Organisation Heterogenität zulassen. Führungshandeln und Organisationskultur sind somit unmittelbar verknüpft.
Ein aktives Vielfaltsmanagement (englisch: Diversity Management) und die Öffnung des Verbandes für Menschen mit unterschiedlichsten Eigenschaften, Merkmalen und Ansichten ist darüber hinaus in vielen Bereichen schlichtweg eine Notwendigkeit für die Caritas. Der demografische Wandel, der Fachkräftemangel in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit, die weiterhin zunehmende Globalisierung, der anhaltende Trend der Säkularisierung sowie die steigende Individualisierung der persönlichen Lebensentwürfe stellen eine Herausforderung für das Personalmanagement und damit für die Zukunft des Verbandes dar.
Für einen Träger der sozialen Wohlfahrt ist dies jedoch nicht nur eine Frage des Personalmanagements und des wertschätzenden Umgangs mit den eigenen Mitarbeitenden. Vielfalt als Verbandsentwicklung prägen darüber hinaus das Bild des Verbandes in der Öffentlichkeit. Gelebte Vielfalt innerhalb der Caritasorganisation erhöht unsere Glaubwürdigkeit und unterstreicht unsere zentralen sozialpolitischen Forderungen nach mehr Inklusion, gesellschaftlicher Teilhabe und dem Abbau von Diskriminierung.
Führungskräfte sind der Schlüssel für Veränderung
Das Projekt „Führung neu denken” versucht Antworten auf grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu geben, denen sich die Sozialwirtschaft gegenübersieht. Es versucht Impulse zu geben, um diese Prozesse zu begleiten, moderieren und insbesondere selbst aktiv zu gestalten. Der gewählte Ansatz geht dabei davon aus, dass die zentrale Rolle in der Gestaltung des Wandels dabei den Führungskräften zukommt. Bei ihnen liegt künftig nicht nur die Prozesssteuerung in einer sich wandelnden Umwelt. Sie sind auch die Schlüsselpersonen für die Schaffung einer Arbeitskultur, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, ihre Arbeit als sinnhaft und sich als selbstwirksam zu erfahren.
Zielgruppe der Maßnahmen sind dementsprechend speziell (künftige) Führungskräfte sowie Mitarbeitende in Personal- und Organisationsentwicklung, die in ihren Organisationen als Mittler_innen einer neuen Arbeitskultur wirken. Sie werden mit zielgruppenspezifischen Weiterbildungsangeboten dabei unterstützt, Führung neu zu denken, um Organisationen neu zu denken.
Kern des Projektes: Weiterbildung und Vernetzung
Zur Umsetzung dieses Ziels bietet das Projekt Weiterbildungsformate und Foren, welche die Themen Agilität, Führung, Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit in der Verbandsentwicklung voranbringen sollen. Konkret werden Qualifizierungs- und Praxisreihen unter anderem zu den Themen „Diversity - Care About it!” und „Agile Verbands- und Unternehmensleitung in der Caritas” sowie die Führungskurse „Durchstarten in der Caritas 4.0” und „Führen aus dem Off” angeboten. Die Kurse richten sich an Verantwortliche aus der Personal- und Organisationsentwicklung sowie Fach- und Führungskräfte. Parallel öffnet das Projekt mit zwei Sommerakademien einen Denk- und Innovationsraum und erarbeitet Strategien, wie Caritas-Organisationen künftig agil, vielfaltsorientiert und geschlechtergerecht aufgestellt sein können.
Außerdem unterstützt das Projekt aktiv die Vernetzung zum Thema Vielfalt innerhalb des Verbandes. Ziel ist es ein agiles und offenes Netzwerk zu etablieren, in dem sich unterschiedlichste Mitarbeitende verschiedener Träger und Ebenen zum Erfahrungsaustausch treffen können und gemeinsam neue Ideen entwickeln können.
Mitarbeitende der Caritas bieten Voraussetzung für Veränderung
Die nachhaltige Umsetzung von mehr Vielfalt innerhalb der Caritas ist eine langfristige und herausfordernde Aufgabe, die den Verband noch lange begleiten wird. Um diese Aufgabe zu bewältigen, besitzt unser Verband jedoch einen nicht zu unterschätzenden Gelingensfaktor: die Mitarbeitenden. In Untersuchungen und Umfragen, sowie aus den Erfahrungen von acht Jahren Projektarbeit zeigt sich, dass es bei vielen Mitarbeitenden ein hohes Bewusstsein für die Themen neue Führung und Vielfalt gibt. Auf unterschiedlichen Ebenen fanden und finden Reflektionsprozesse der Verbandsentwicklung statt, die Veränderung bewirkt haben und weiter bewirken. Diese Entwicklung gilt es auf unterschiedlichen Ebenen zu stärken und zu verknüpfen.