Kindergeld und Kinderfreibeträge: Fakten zur aktuellen Debatte
Das Kindergeld ist Teil des Familienleistungsausgleichs in Deutschland. Es wird Familien als Ausgleich für die Mehraufwendungen gezahlt, die ihnen durch den Unterhalt und die Erziehung ihrer Kinder entstehen. Somit wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Familien unterstützt und erhalten.
Für die Einkommenssituation der meisten Haushalte ist das Kindergeld von großer Bedeutung. Vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen profitieren davon.
Vor diesem Hintergrund ordnet die Caritas die aktuelle Debatte um die Erhöhung der steuerlichen Kinderfreibeträge, von denen meist nur Familien mit höherem Einkommen profitieren, ein.
Daten und Hintergründe zur aktuellen Debatte um das Kindergeld und die Kinderfreibeträge
Bundesfinanzminister Lindner plant die steuerrechtlichen Kinderfreibeträge anzuheben. Begründet wird das damit, dass mit der Erhöhung der Regelbedarfe zum 1.Januar 2024 auch eine Erhöhung der Kinderfreibeträge erforderlich ist. Das Kindergeld jedoch soll nicht angepasst werden, weil es bereits zum 1.1.2023 überproportional erhöht worden sei. Die überproportionale Anpassung setzte um, was im Koalitionsvertrag perspektivisch verabredet war, dass nämlich die Lücke zwischen dem Kindergeld und den Kinderfreibeträgen verkleinert werden soll, um künftig allein durch den Garantiebetrag der Kindergrundsicherung (heutiges Kindergeld) den verfassungsrechtlichen Vorgaben nach Freistellung des kindlichen Existenzminimums bei der Besteuerung des Elterneinkommens zu entsprechen (Z. 3347 ff.).
Dass die Regierung den Abstand jetzt wieder größer werden lassen will, ist völlig unverständlich. So wird ignoriert, dass Familien mit niedrigen Einkommen von den gleichen Kostensteigerungen betroffen sind, wie die Familien im SGB II und denen, die von der steuerlichen Entlastung durch die Freibeträge profitieren.
Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus!
Zum Hintergrund:
Kindergeld oder Kinderfreibeträge
Eltern bekommen automatisch entweder Kindergeld oder die Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer. Diese Leistungen sollen sicherstellen, dass das Einkommen der Eltern in Höhe des Existenzminimums ihres Kindes von der Besteuerung freigestellt wird. Die Steuerpflicht soll erst da beginnen wo das Existenzminimum aller Familienmitglieder gesichert und freigestellt ist. Das Finanzamt prüft, was für sie vorteilhafter ist (Günstigerprüfung). Der Freibetrag lohnt sich nur bei höheren Einkommen. Familien mit kleinerem Einkommen werden durch die Steuerentlastung in unserem progressiven Einkommensteuertarif kaum entlastet. Daher kommt dem Kindergeld als Familienleistungsausgleich eine wichtige Funktion zu. Ärmere Familien profitieren vom Kinderfreibetrag nicht, sie erhalten Kindergeld.
Wer bekommt Kindergeld?
Die weit überwiegende Zahl der Eltern (ungefähr 90 %) erhalten nur das Kindergeld, weil sich der Freibetrag ausschließlich in den höheren Einkommensgruppen günstiger auswirkt. Damit ist das Kindergeld ein zentrales Element der Familienförderung in Deutschland. Es soll Eltern dabei unterstützen, die finanziellen Belastungen, die mit der Kindererziehung einher- gehen, zu bewältigen und somit Chancengleichheit zu befördern!
Unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern sollen alle Kinder gute Entwicklungschancen erhalten. Der Schwellenwert, bei dem die steuerliche Entlastung durch die Freibeträge den Betrag des Kindergelds übersteigt, lag 2023 nach Angaben des Bundesministeriums für Finanzen für ein Kind bei Verheirateten bei 86.108 Euro (Alleinerziehende 45.277 Euro) und bei zwei Kindern bei 95.060 Euro (Alleinerziehende 54.229 Euro) zu versteuerndem Einkommen.
Das bedeutet: Familien (verh., 1 Kind), die ein zu versteuerndes Einkommen unter 86.108 Euro haben, bekommen das Kindergeld, haben sie ein höheres Einkommen profitieren sie von den Kinderfreibeträgen mehr (bis zu 377 Euro/monatlich = maximale Steuerentlastung).
Höhe des Kindergeldes
Die Höhe des Kindergeldes in Deutschland ist gesetzlich festgelegt und beträgt für jedes Kind aktuell 250 Euro. Es wird unabhängig von der Anzahl der Kinder und dem Einkommen gezahlt. Die Erhöhung auf einheitlich 250 Euro erfolgte zum 1. Januar 2023 als Reaktion auf die inflationäre Preisentwicklung, die 2022 eingesetzt hat und zu hohen Mehrbelastungen von Familien führte.
Höhe des Kinderfreibetrages
Der Kinderfreibetrag wurde - durch das Inflationsausgleichsgesetz (lnflAusG) vom 8. Dezember 2022 entsprechend dem Ergebnis des 14. Existenzminimumberichts - zum 1. Januar 2024 bereits von 6.024 Euro auf 6.384 (6.384/2= 3.192 Euro pro Elternteil) angehoben. Diese gekoppelte Erhöhung ist verfassungsrechtlich gesichert, da das sogenannte sächliche Existenzminimum von Kindern steuerfrei bleiben muss. Lindner fordert nun eine weitere Erhöhung auf 6.612 Euro mit Verweis auf die gestiegenen Regelbedarfe im Bürgergeld.
Aktuell noch kein zwingender Anpassungsmechanismus beim Kindergeld
Während die Erhöhung der Kinderfreibeträge abhängig vom sächlichen Existenzminimum von Kindern verfassungsrechtlich abgesichert zu erfolgen hat, gilt das nicht automatisch für die Höhe des Kindergeldes. Jedoch hat der Bundestag schon 1996 beschlossen, dass bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrages auch das Kindergeld entsprechend angehoben werden soll. Entsprechend synchronisiert erfolgten die Anpassungen seither.
Perspektivisch ist zudem geplant, dass das Kindergeld gesetzlich zwingend an die Entwicklung der Kinderfreibeträge gekoppelt wird. Dies soll mit Einführung der Kindergrundsicherung gelten, die insbesondere das heutige Kindergeld und das Bürgergeld für Kinder ab 2025 ersetzen soll. Die Einführung der Kindergrundsicherung wurde im Koalitionsvertrag vereinbart und das Gesetz zur Kindergrundsicherung durch das Bundeskabinett beschlossen.
Seit langem setzt sich der Deutsche Caritasverband dafür ein, das Kindergeld schrittweise so anzuheben, dass es perspektivisch dem maximalen Steuerentlastungsbetrag der steuerlichen Kinderfreibeträge entspricht. Das ist im Hinblick darauf, dass jedes Kind gleich viel wert ist, geboten (vergleiche Kinder vor Armut bewahren - Eckpunkte einer Kindergrundsicherung).
Warum ist die Erhöhung des Kindergeldes so wichtig?
Für Familien, die aufgrund ihrer Einkommenshöhe keinen Anspruch auf Bürgergeld haben, aber auch nicht vom Kinderfreibetrag profitieren, wirkt sich eine Kindergelderhöhung unmittelbar auf das verfügbare Einkommen aus. Zusätzlich können diese Familien zum Kindergeld einen Zuschlag, den sogenannten Kinderzuschlag, und Wohngeld beantragen. Dabei wird das Kindergeld nicht als Einkommen auf diese Leistungen angerechnet, so dass eine Kindergelderhöhung auch hier unmittelbar zu einem höheren Familieneinkommen führt.
Auch dadurch können Erwerbsanreize zur Ausweitung der Erwerbsarbeit und ein Lohnabstand, worauf in der politischen Debatte immer wieder gedrängt wird, erzielt werden. Nicht zuletzt ist dies ein Gebot der Fairness und wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil Menschen mit geringem Einkommen von den gleichen Kostensteigerungen bei ihren Kindern betroffen sind, die auch die Erhöhung des Existenzminimums für Kinder im Bürgergeld begründet haben und die bei der Anhebung der Kinderfreibeträge berücksichtigt werden.
Kontakt:
Karin Kramer, Leiterin des Referats Lebensläufe und Grundsatzfragen, DCV (Freiburg), Tel. 0761 200-676, karin.kramer@caritas.de
Christiane Kranz, juristische Referentin, Lebensläufe und Grundsatzfragen, DCV (Freiburg), Tel. 0761 200-683, christiane.kranz@caritas.de
Dr. Birgit Fix, Leiterin Kontaktstelle Politik, DCV (Berlin), Tel. 030 284447 78, birgit.fix@caritas.de