„Keine Flüchtlingskrise, sondern eine Solidaritätskrise“
"Die Auswirkungen der Flüchtlingszuwanderung auf den Zusammenhalt der europäischen Gesellschaft in der EU" – so der Titel der Session – diskutierten: Weihbischof Krzysztof Zadarko (Beauftragter der polnischen Bischofskonferenz für die Immigration, Bistum Koszalin-Kołobrzeg), Jörg Lackenbauer (directorate-general for regional and urban policy, European Commission), Shannon Pfohman (policy and advocacy director, Caritas Europa) und Andreas Kovar (Partner und Geschäftsführer, Kovar & Partners GmbH).
Ein Riss geht durch Europa – eine Solidaritätskrise
"Es gibt einen Riss in der europäischen Gesellschaft", beginnt Andreas Kovar sein Eröffnungsstatement. "Und ich glaube nicht, dass dieser Riss von der Migration kommt." Die Zuwanderer würden lediglich die Rolle einer Projektionsfläche für andere Ängste spielen. Jörg Lackenbauer konkretisiert im direkten Anschluss diese Ängste. Laut der Studie "the geography of EU Discontent" (Die Geographie der Unzufriedenheit mit der EU; übersetzt von der Redaktion) von der Europäischen Kommission, so Lackenbauer, sei nicht die Zuwanderung für die steigende Unzufriedenheit in der EU verantwortlich. "Es wird eher dort EU-kritisch gewählt, wo ein ökonomischer Niedergang festgestellt wurde."
In der Studie untersuchten die Autoren das Wahlverhalten innerhalb der Europäischen Union im Zusammenhang mit verschiedenen Faktoren wie Alter, Bildungsniveau oder persönliche Einstellung zur Migration. Grundlage der Studie sind die Auswertungen von 63.000 Wahlbezirken in der EU. Damit belegen Fakten, dass es nicht die Migration sein kann, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa gefährdet. Shannon Pfohman belebt diese Fakten in ihrem Statement mit einem emotionalen Plädoyer: "Wir haben keine Flüchtlingskrise, sondern eine Solidaritätskrise." Die Teilnehmer(innen) unterstützen die Aussage mit einem kurzen Zwischenapplaus.
Seid mutig, aufeinander zuzugehen
Wenn es nicht die Zuwanderung ist, was ist dann der Auslöser für den Riss durch die europäische Gesellschaft? Andreas Kovar nennt drei Gründe: ungelöste Probleme der Urbanisierung, der Globalisierung und der Digitalisierung. Er sehe Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbände wie die Caritas in der Pflicht, Debatten anzustoßen und engagiert zu führen. Der Caritaskongress sei dafür ein geeigneter Ort. Aus Sicht des Weihbischofs Krzysztof Zadarko sei jedoch "die Stimme der Kirche zu leise." Er fordert, dass Menschen aufeinander zugehen und den Dialog miteinander suchen. "Wir haben Angst vor dem, was wir nicht verstehen oder kennen. Wenn wir aber ins Gespräch miteinander kommen, fallen Ängste und Vorurteile weg", ist Weihbischof Zadarko überzeugt.
Caritas – das goldene Werkzeug
"Alle Wahlen sind wichtig", sagt Shannon Pfohman in Anlehnung an die bevorstehende Europawahl am 26. Mai 2019. "Doch die kommende EU-Wahl ist es besonders." Dem spürbaren Rechtsruck dürften bürgerliche Parteien nicht damit begegnen, die eigene Politik nach Rechts zu öffnen. Davon ist Andreas Kovar überzeugt. Man könne an der Geschichte sehen, so Kovar weiter, dass an dieser Strategie demokratische Systeme zu Grunde gehen. Um Menschen mehr für die Europäische Union zu begeistern, "ist es wichtig, die Vorteile der EU bekannter zu machen", schlägt Jörg Lackenbauer eine mögliche Lösung für eine größere EU-Begeisterung vor. Er meint damit neben den offenen Grenzen vor allem EU-Förderprogramme wie Erasmus+.
Zum Abschluss erinnert Weihbischof Krzysztof Zadarko an ein bekanntes Erfolgsrezept: "Caritas ist ein goldenes Werkzeug, um das Miteinander in Europa zu bewahren. Ich bin mir sicher: Wir schaffen das."
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